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Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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sagen – Cortés hatte seinem Freund sowieso schon mehrfach großzügig unter die Arme gegriffen. Als der »Dröhnende« in Kuba nicht genug Geld aufbringen konnte, um sich ein Schwert und ein Pferd für die Expedition zu kaufen, da hatte sich Cortés zwei goldene Troddeln von seinem Umhang abgeschnitten und sie Portocarrero in die Hand gedrückt. Wenig später war der »Dröhnende« zur Hazienda zurückgekehrt, fluchend und polternd wie immer. Aber diesmal hatte er den prächtigen Rappen verflucht, den er von Cortés’ Gold erhandelt hatte.
    Am Abend nach jenem Gespräch jedenfalls quartierte sich Malinali auf der Santa Maria in die zweite winzige Kammer vor Cortés’ Kajüte ein, nur durch eine dünne Holzwand von mir und Diego getrennt. Und mit ihr zog Carapitzli dort drüben ein.
- 3 -
    Der Totonaken-Häuptling heißt »Sturmbezwinger« – so zumindest stellte er sich Malinali auf Nahuatl vor, so übersetzte sie seinen Namen in Chontal und Aguilar ihn schließlich ins Spanische.
    Sturmbezwinger beteuerte seine Freude über die Ankunft der bärtigen Fremden. »Wir haben Ruhmeslieder von Eurem glanzvollen Sieg über Potonchan gehört«, erklärte er. »Auch von Eurem brennenden Durst auf die Tränen des Sonnengottes, der Euch hierhergeführt hat, wurde uns erzählt.«
    Cortés fuhr sich mit der flachen Hand über sein Gesicht, als spürte er selbst jenes fiebrige Glitzern in seinen Augen und wollte es vor Sturmbezwinger verbergen. »Ich bin Hernán Cortés, Statthalter des allmächtigen Gottes und des Königs von Spanien«, sprach er mit ruhiger Stimme. »Er hat mich hierhergesandt, um dein Volk für unseren Glauben und für die spanische Krone zu gewinnen und damit ich ihm nach meiner Rückkehr Bericht erstatten kann.«
    Bei dem Wort »Bericht« schweifte Cortés’ Blick wieder ganz kurz zu mir herüber, doch vielleicht bildete ich mir das auch nur ein.
    »Wir sind in friedlicher Absicht gekommen«, fügte er hinzu, nachdem erst Aguilar und schließlich Malinali seine Worte übersetzt hatten. »Schwört euren Teufelsgötzen ab, nehmt den einzig wahren Glauben an den allmächtigen Gott an und leistet zudem meinem König Karl den Vasalleneid, so soll euch kein Leid geschehen.«
    Er legte eine kurze Pause ein, hob jedoch seine Hand, ehe Aguilar anfangen konnte zu übersetzen. »Und bringt mir Gold«, fügte er hinzu. »Wir benötigen es, um den Schmerz in unseren Herzen zu lindern. Also öffnet eure Schatzkammer, bringt alles Gold herbei und überlasst es uns in gerechtem Tausch.«
    Diesmal täuschte ich mich gewiss nicht: Als Cortés »Schatzkammer« sagte, durchbohrte er mich mit seinem Blick – und mir wurde elend zumute.
    »Wir sind mit Freuden bereit, Euch von unserem Gold zu geben«, antwortete Sturmbezwinger, »und wir sind im Voraus überzeugt, dass wir im Tausch dafür nützliche und schöne Dinge ausEurem Land erhalten werden. Doch alles, was wir selbst an Gold besitzen, stammt aus dem Texcoco-Tal im Norden. Der Herrscher der Azteken, der mächtige Montezuma, hat unser Land in blutigen Kriegen unterworfen und presst uns alljährliche Tributleistungen ab, die wir trotz größter Anstrengungen immer weniger erbringen können. Alles, was wir in unserer verzweifelten Lage entbehren können, soll Euch gehören.«
    Mit einer schwungvollen Armbewegung, die seinen Umhang emporflattern ließ, wies Sturmbezwinger hinter sich. Auf dem ebenen Platz oberhalb des Strandes waren unterdessen zahlreiche Totonaken aufmarschiert. Sie hatten Bündel und Körbe voller Geschenke mitgebracht und auf einer Unterlage aus Palmwedeln alles in einem großen Halbkreis ausgebreitet. Bohnen und Tortillas, gebratenen Truthahn und Fisch, alles so köstlich gewürzt, dass mir das Wasser im Mund zusammenlief.
    Das konnte ich allerdings auch gut gebrauchen, denn während Cortés mit Sturmbezwinger sprach, flog sein Blick immer wieder einmal zu Carapitzli und mir herüber. Mein Mund wurde dann schlagartig trocken und meine Kehle zog sich zusammen wie bei einem Krampf. Vielleicht ging es dem Tätowierten nicht viel anders, wenn sich mein Blick zufällig mit dem seinen kreuzte: Dann überlief ihn ein fast unmerkliches Zittern und er schaute rasch wieder weg – ganz so, als ob ihm mittlerweile wieder eingefallen wäre, was er mir damals am Teufelstempel erzählt hatte. Wie er in jenem Maya-Dorf wirklich gelebt hatte – nicht als Gefangener, sondern als Schwiegersohn des Häuptlings Aak-ek.
    Jedenfalls waren wir eine seltsame Versammlung

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