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Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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gerade erst gekommen. Doch während er das sagte, ruhte sein forschender Blick auf mir, schwer wie eine Hand.
    Ich verneigte mich und rannte so schnell ich konnte zu unseren Booten. Sechs kubanische Sklaven stemmten sich in die Riemen, in rascher Fahrt ging es zurück zu unserem Flaggschiff, das einige Hundert Fuß vor der Küstenlinie liegt. Währenddessen überlegte ich fieberhaft, was Cortés eigentlich vorhatte.
    Carapitzli spricht fließend Nahuatl, jedoch nur sehr wenig Chontal. Deshalb konnte ich ja bisher nur ein paar Brocken in der Maya-Sprache mit ihr wechseln. Malinali dagegen, ihre ungefähr zehn Jahre ältere Freundin, beherrscht beide Indianersprachen. Was der Totonaken-Häuptling auf Nahuatl sagen würde, könnte sie also mühelos in Chontal übersetzen – und Aguilar könnte ihre Worte dann für Cortés auf Spanisch wiederholen. Das würde gewiss ein mühseliges Gespräch werden, sagte ich mir, aber letzten Endes würden sich beide Seiten verstehen.
    Was jedoch versprach sich Cortés von Carlitas Anwesenheit? Darüber zerbrach ich mir den Kopf, während unser Boot an der Santa Maria längsseits ging. In meinem Innern kämpfte Hoffnung mit Angst. Wenn Cortés sie als Dolmetscherin oder aus irgendwelchen anderen Gründen nützlich fand, dann würde Carlita künftig öfter in meiner Nähe sein. Aber wir würden uns jedes Mal unter Cortés’ wachsamen Augen sehen, und in seinem Blick würde ich immer die stumme Frage lesen: Was ist das für ein Geheimnis zwischen dir und ihr?
    Doch diese Frage konnte ich genauso wenig beantworten wie Cortés. Zumindest bis jetzt. Warum hatte Carlita mich damals vor dem Maya-Krieger gerettet und warum hatte sie mir in jener Nacht das Goldversteck gezeigt? Falls ich diese nächtliche Begegnungnicht sowieso nur geträumt hatte – aber das glaubte ich weniger denn je.
    An Bord der Santa Maria ließ ich die beiden Indianerinnen herbeirufen. »Ihr mitkommen«, radebrechte ich in meinem kümmerlichen Chontal. »Übersetzen, was Totonaken sagen.« Ich spürte Carlitas Blick auf meinem Gesicht, schaute aber krampfhaft nur Malinali an.
    Glücklicherweise hatte sie schon verstanden. »Also los«, sagte sie auf Chontal und zog Carapitzli mit sich zur Reling.
    An der Strickleiter kletterten sie beide so behände hinab, dass ich mir dagegen fast unbeholfen vorkam. Die Sklaven stießen die Ruder ins Wasser. Carlita lächelte mich an, und mir wurde erst heiß, dann so kalt, dass meine Zähne gegeneinander klapperten.
    »Eure Herzen sind verbunden«, sagte Malinali auf Chontal zu Carlita und mir. Sie lächelte nicht. Mit ernster Feierlichkeit sah sie uns abwechselnd an, und wir erwiderten ihren Blick und wagten oder schafften es nicht, einander anzusehen.
    Malinali ist von düsterer Schönheit, eine hochgewachsene, kräftige junge Frau, deren Willensstärke sich in jeder ihrer Bewegungen verrät. Cortés hatte sie zuerst Portocarrero als »persönliche Sklavin« zugeteilt, doch kaum hatten wir die Bucht bei Potonchan hinter uns gelassen, da änderte er seine Meinung. Das war, nachdem er vielleicht eine halbe Stunde lang mit ihr gesprochen hatte. Mithilfe von Aguilar fragte er sie über ihre Herkunft aus und die Klugheit ihrer Antworten beeindruckte ihn offenbar sehr. Ihre Klugheit und ihr Stolz, ihre königliche Anmut und gewiss auch ihre Schönheit.
    Malinalis Vater war der Herrscher einer kleinen Aztekenstadt namens Painala gewesen und ihre Mutter hatte ein in der Nähe gelegenes Dorf regiert. Nach dem Tod des Vaters hatte ihre Mutter jedoch einen anderen Herrscher aus der Gegend geheiratet und mit ihm einen Sohn gezeugt. Dieser Sohn sollte eines Tages die Herrschaft über alle drei Fürstentümer erhalten. Da Malinalidiesem Plan im Weg stand, verschacherte ihre Mutter sie kurzerhand an fahrende Kaufleute. Die junge Malinali wurde noch mehrere Male weiterverkauft und landete schließlich als Sklavin bei den Maya von Potonchan.
    Cortés hörte ihr mit seinem üblichen starren Gesichtsausdruck zu, aber ich spürte, wie sehr er von ihr gebannt war. Sie war eine Sklavin, doch sie dachte und urteilte so frei wie eine Fürstin.
    Nachdem sie fertig erzählt hatte, starrten die beiden einander mindestens eine Minute lang schweigend an. »Alonso, ich verspreche dir, dass du bei der nächsten Gelegenheit angemessen entschädigt wirst«, sagte Cortés schließlich und schlug dem »Dröhnenden« auf die Schulter. »Aber diese Sklavin Malinali gehört mir.«
    Dagegen konnte Portocarrero nichts

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