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Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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boshaft stierenden Augen. Er ragt aus der Erde hervor, sein Mund ist weit aufgerissen, die Zähne gleißen im Licht eines giftig grünen Blitzes, der gerade in diesem Moment die Dunkelheit zerreißt.
    Zwischen den Zähnen hängt, halb erst hinabgeschlungen, ein herzförmiger Klumpen, schimmernd rot wie lebenswarmes Fleisch.
    »Nicht anfassen!«, stammele ich in Carlitas Ohr. Ihre Hände sind mit Schlamm beschmiert und bewegen sich zuckend. Doch sie versucht nicht mehr, an das grässliche Götzen- oder Dämonenbild heranzukommen.
    Ich schaffe es irgendwie, sie und mich selbst so auf die Seite zu drehen, dass wir aneinandergepresst liegen. Herz auf Herz und mein Mund auf ihren Lippen.
    »Carlita«, flüstere ich. »Was hattest du vor?«
    Aber sie kann mich nicht verstehen – der Donner und das Jaulen und Heulen um uns herum sind viel zu laut. Außerdem habe ich sie ja auf Spanisch gefragt, und bisher kann sie nur ein paar Brocken in meiner Sprache, so viele oder wenige wie ich auf Nahuatl. Überdies kommt es mir vor, als ob sie gar nicht richtig bei Besinnung wäre, mehr wie eine Schlafwandlerin, die aus dem Traum heraus Dinge tut, von denen sie nach dem Erwachen nichts mehr weiß.
    Aber vielleicht kann sie gerade deshalb meine Frage verstehen. Nicht mit ihrem Geist, doch mit ihrem Herzen, das heftig gegen mein Herz pocht. Und sowieso hat Malinali ja zu ihr und mir gesagt, dass unsere Herzen miteinander verbunden sind.
    Regen prasselt auf uns herab, der Sturm reißt an unseren Haaren und Gewändern. »Carlita«, flüstere ich, »warum?«
    Plötzlich spüre ich eine Hand auf meiner Schulter. Erschrockenblicke ich auf – hinter mir kauert Cortés! Von der anderen Seite beugt sich Malinali über uns, packt Carlita bei der Hand und will sie hochziehen.
    Carapitzli murmelt etwas und klammert sich an mir fest.
    »Sie gibt mir Antwort!«, rufe ich aus. »Malinali – bitte, was hat sie gesagt?«
    Malinali betrachtet mich argwöhnisch.
    »Antworte ihm!«, befiehlt ihr Cortés.
    Regenwasser rinnt aus seiner Hutkrempe und ergießt sich auf meinen Oberarm. Das dämonische Heulen hat aufgehört, fällt mir plötzlich auf. Genauso wie der Donner, die leuchtfarbenen Blitze und der Sturm. Von allen Dächern und Wipfeln tropft und gluckst es, aber auch der Sturzregen ist schlagartig wieder verebbt. Mond und Sterne scheinen vom wolkenlosen Himmel und tauchen alles, was eben noch von Finsternis verschluckt war, in mattes Licht.
    »Carapitzli sagen«, antwortet Malinali in holprigem Spanisch, »genauso damals ihre Schwestern und Gefährtinnen getötet! Durch Zauber mit Mictlantecuhtli-Geistern.« Sie deutet auf den faustgroßen Kopf in der Erde, mit seinem weit aufgerissenen Maul, aus dem ein roh nachgebildetes Opferherz heraushängt. »Carapitzli nicht wollte, dass sich alles wie damals wiederholt!«
    »Wie damals?«, frage ich. »Was bedeutet das?«
    Carapitzlis Augen sind geschlossen, ebenso wie ihr Mund. Ihr Atem geht gleichmäßig und sanft.
    Malinali fasst sie unter den Armen und Knien und hebt sie scheinbar mühelos hoch. »Mädchen jetzt schläft«, sagt sie. »Geheimnis später weiter fragen.«
    Cortés reicht mir eine Hand, und ich stammele: »Danke, Herr, nicht nötig!«
    So rasch ich kann, rappele ich mich auf. Ich bin von Kopf bis Fuß mit Schlamm verschmiert und Carlita sieht sogar noch schlimmer aus. So als ob sie gerade aus einem Grab gekrochen wäre.
    »Gleich morgen wird Fray Bartolomé mit der religiösen Unterweisung beginnen«, sagt Cortés in beiläufigem Ton zu mir, während wir zurück zu unseren Hütten gehen. »Dann kann auch die Kleine in ein paar Tagen die Taufe empfangen, so wie Marina, und ist künftig gleichfalls sicher vor solchem Teufelsspuk.«
    Fassungslos starre ich ihn von der Seite an. »Marina?«, wiederhole ich.
    Mit einem stolzen Lächeln nickt mir Malinali zu. »So ich bald schon heiße!«, bestätigt sie.
    Warum hat Cortés die beiden nicht schon früher unterweisen lassen?, schießt es mir durch den Kopf. Kann es sein, dass er ihre Taufe absichtlich hinausgezögert hat, um zu sehen, wie sie auf den Zauber reagieren? Unmöglich!, denke ich – und berichtige mich im gleichen Atemzug: Natürlich, es entspräche nur zu genau seiner Denkungsart! Und die Zauberer, wird mir nun auch noch klar, hat er überhaupt nur deswegen die ganze Zeit über in unserem Lager geduldet – weil er geahnt hat, dass sie uns helfen würden, das tief in Carlitas Herz verschlossene Geheimnis zu ergründen! Warum sie

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