Goldfieber
stille Lächeln huschte über Cortés’ Gesicht und erlosch gleich wieder. »Auch ihr habt recht, alle beide«, gab er zu. »Ich kann und darf nicht mehr als euer Expeditionsführer voranmarschieren. Was stattdessen kommen wird, liegt allein in Gottes Hand.«
Unser Herr wandte sich dem dritten seiner engsten Vertrauten zu. »Und was ist mit dir, Gonzalo?«, fragte er in bekümmertem Tonfall. »Willst du mir auch die Freundschaft aufkündigen?«
Sandoval schüttelte den Kopf, dass seine braunen Locken flogen. »Du weißt genau, Hernán«, sagte er, »dass ich dich wie einen älteren Bruder liebe und verehre. Wenn ich mit dir brechen wollte, würde ich mich mir selbst zum Feind machen, und was sollte das für einen Sinn haben?«
Er sandte Cortés sein unbekümmertstes Lächeln. »Aber anstatt hier herumzusitzen und auf die Rückkehr der beiden Franciscoszu warten, könnten wir doch noch ein wenig die Gegend erkunden – was meinst du? Vielleicht entdecken wir ja einen Ort, an dem dann unsere Nachfolger eine Siedlung gründen können, falls der König sie mit einer solchen Mission betraut! Und wenn nicht, dann haben wir uns doch wenigstens noch etwas die Zeit vertrieben. Du siehst es ja selbst, Hernán: So viele Männer, die tagelang tatenlos zusammenhocken – das gibt nur schlechte Stimmung und Streit.«
Cortés schaute sinnend vor sich hin. Mittlerweile weiß ich, dass seine Entschlüsse längst gefasst sind, wenn er sich in dieser Weise nachdenklich stellt.
»Sämtliche Ausrüstungsstücke sind auf den Schiffen verstaut«, fügte Sandoval in bittendem Tonfall hinzu. »Was jetzt noch zu tun bleibt, können wir getrost unseren Seeleuten überlassen. Also gib dir einen Ruck, mein Freund, und lass uns zum Abschied eine letzte kleine Wanderung in dieser herrlichen Neuen Welt unternehmen!«
Cortés rieb sich die Schläfen und klopfte sich sogar mit der Fingerspitze aufs Kinn wie jemand, der heftig um eine Entscheidung ringt. »Also gut!«, sagte er schließlich. »Dagegen lässt sich wirklich nichts einwenden. Hundert Mann bleiben hier, um die Schiffe zu bewachen. Alle anderen sammeln sich hier oben auf dem Platz!«
Das Erstaunen steht den meisten unserer Männer immer noch in die Gesichter geschrieben, als wir nach stundenlangem Marsch eine kleine Talsenke erreichen. Warum sind wir bei brütender Hitze zehn Meilen lang die Küste entlanggewandert? Und aus welchem Grund hat Cortés angeordnet, dass wir die Kanonen mit uns führen sollen? Wahrscheinlich versteht so gut wie niemand von unseren Männern, was das alles hier eigentlich soll. Unterwegs sind wir an endlosen Feldern vorbeigekommen, auf denen Getreide und Gemüse üppiger wachsen als irgendwo in der Alten Welt. Die Wälder sind voll mit schmackhaftem Wild, Bäche und Seen wimmeln vor Fischen.
Aber wozu soll es gut sein, dass wir uns an all diesen Köstlichkeiten hungrig schauen – wenn wir doch in ein paar Tagen schon dieses Paradies verlassen müssen, um höchstwahrscheinlich nie mehr hierher zurückzukehren? Diese Fragen lese ich in sämtlichen Gesichtern und auch ich selbst quäle mich Stunde um Stunde mit ihnen herum. Jedem von uns ist klar, dass gerade wir, die treuen Gefolgsleute von Cortés, keine weitere Chance mehr bekommen werden. Die nächste Expedition wird Velazquez persönlich ausrüsten und zweifellos wird er die Schiffe nur mit seinen eigenen Anhängern füllen.
Das kleine Tal, in dem Cortés uns zu rasten befiehlt, ist kaum mehr als eine sandige Mulde zwischen dem Strand und dem Dschungel, der einige Hundert Schritte weiter westlich in den Himmel emporragt. Bestimmt haben etliche unserer Männer gehofft, Sandoval würde uns zu einem besonders idyllischen Ort führen, um Cortés so vielleicht doch noch zu einem Sinneswandel zu bewegen. Aber diese Senke ist für die Gründung einer Siedlung noch weniger geeignet als der Platz, auf dem Teudiles Diener unser Hüttendorf errichtet haben.
Erschöpft und niedergeschlagen lassen wir uns auf den Boden oder auf einen der herumliegenden Steinbrocken fallen, wie es gerade kommt. Auch Diego, der sich neben mir in den Sand gekauert hat, wirkt bedrückt. Und was mich selbst betrifft, ich fühle mich so durcheinander und traurig, dass meine Augen zu brennen beginnen.
Carlita und Malinali sind auf der Santa Maria zurückgeblieben, bei Fray Bartolomé, der sie noch immer im Glauben an Gott den Herrn unterweist. In meiner Niedergeschlagenheit kommt es mir vor, als sollte ich Carlita nie mehr
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