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Goldfinger

Titel: Goldfinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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gezwungen an und murmelte eine Begrüßung.
    »Dann haben wir Mr. Billy Ring, der die berühmte Chikagoer >Maschine< anführt.«
    Ein Gesicht wie aus einem Alptraum wandte sich Bond zu. Es war bleich, birnenförmig, babyhaft flaumbedeckt. Der Mann hatte einen glatten, strohfarbenen Haarschopf, aber gelbbraune Augen. Das Weiße um die Pupillen verlieh dem harten, nachdenklichen Blick etwas Hypnotisches. Ein Tic im rechten Augenlid bewirkte ein rhythmisches Zwinkern. Im Verlauf von Mr. Rings Karriere mußte ihm jemand die Unterlippe abgeschnitten haben - vielleicht hatte er zuviel geredet -, und das verlieh ihm ein maskenhaftes, stetiges Grinsen. Mr. Ring mochte etwa vierzig Jahre zählen.
    Bond lächelte ihm herzhaft zu und blickte auf den Mann, den Goldfinger als Mr. Helmut Springer vom »Purpurring« aus Detroit vorstellte.
    Mr. Springer hatte den glasigen Blick eines entweder sehr reichen oder sehr toten Mannes. Die hellblau verschleierten Augen nahmen von Bond kurz Notiz und kehrten sich wieder nach innen zu völliger Selbstversunkenheit. Der Rest von Mr. Springer war das, was man einen distinguierten Herrn nennt. Er trug einen saloppen Fischgratanzug, weißes Hemd und roch nach Aqua Velva. In dieser Gesellschaft wirkte er wie der Besitzer einer Fahrkarte erster Klasse in einem Abteil dritter.
    Mr. Midnight hielt die Hand an den Mund und raunte Bond zu: »Lassen Sie sich vom >Graf< nicht verblüffen. Freund Helmut hat bei den Gangstern das Piquehemd eingeführt. Die Tochter ist in Vassar, aber ihre Hockeystöcke werden mit Protektionsgeldern bezahlt.« Bond nickte dankend.
    »Und nun Mr. Solo vom >Unione Siciliano    Mr. Solos schweres, dunkles Gesicht war umdüstert vom Wissen um Schuld und Sünde. Seine dicke Hornbrille glänzte kurz zu Bond herüber, ehe sie sich erneut auf die Reinigung von Mr. Solos Fingernägeln mit Hilfe eines Taschenmessers konzentrierte. Er war ein großer vierschrötiger Mann, halb Boxer, halb Oberkellner, und es war nicht möglich zu sagen, woran er dachte oder worin seine Stärke lag. Aber da es nur einen Mafiaführer in Amerika gibt, mußte Mr. Solo diese Stellung wohl durch die Macht errungen haben, die ein Resultat des Terrors ist.
    Mr. Jack Strap vom »Flimmermob« besaß den synthetischen Charme des Strohmanns eines Las-Vegas-Kasinos, aber Bond nahm an, er verdankte seine Stellung anderen Eigenschaften. Mr. Strap war ein freundlicher, auffallend gekleideter Mann um die Fünfzig. Hungrig kaute er an einem Zigarrenstummel. Von Zeit zu Zeit spuckte er ein Stück davon diskret hinter sich auf den Teppich. Solches Rauchen verriet ein gut Teil Nervosität. Mr. Strap schien zu wissen, daß sein rascher, beschwörender Blick die Leute einschüchterte, und so machte er auf Charme und zwinkerte Bond nur aus den Augenwinkeln zu.
    Abermals ging die Tür auf. Eine Frau in schwarzem Kostüm von maskulinem Zuschnitt und mit hohem, kaffeebraunem Spitzenjabot stand im Eingang. Langsam und unbefangen trat sie näher und blieb hinter dem leeren Stuhl stehen. Goldfinger hatte sich erhoben. Sie musterte ihn aufmerksam und blickte dann rundum. Mit einem allgemeinen, gelangweilten »Hi« setzte sie sich. Mr. Strap sagte: »Hi, Pussy!«; und die anderen außer Mr. Springer, der sich verneigte, gaben sparsame Willkommensgeräusche von sich.
    Goldfinger sagte: »Guten Tag, Miss Galore. Wir haben soeben das Vorstellen beendet. Vor Ihnen liegt die Tagesordnung sowie der Fünfzehntausend-DollarGoldbarren, den ich Sie für die Ausgaben und Ungelegenheiten anzunehmen bat, die Ihr Besuch mit sich brachte.«
    Miss Galore griff nach dem Paket und öffnete es. Sie wog den gelbglänzenden Ziegel und blickte Goldfinger mißtrauisch an: »Durch und durch?«
    »Jawohl, durch und durch.«
    Sie sagte kurz: »Entschuldigen Sie die Frage.« Es war der Ton einer gerissenen Kundin beim Ausverkauf.
    Bond gefiel sie. Er spürte den sexuellen Anreiz, den schöne Lesbierinnen auf Männer ausüben. Ihre kompromißlose Art schien zu sagen: »Alle Männer sind Schufte und Betrüger. Versuchen Sie bei mir keinen maskulinen Hokuspokus, ich falle nicht auf ihn herein, ich gehöre zur andern Fakultät.«
    Sie mochte Anfang Dreißig sein, war eine blasse Schönheit mit hohen Backenknochen und reizvollem Gesichtsschnitt und besaß die einzigen violetten Augen, die Bond je gesehen hatte. Unter schwarzen, geraden Brauen blickten sie offen in die Welt. Ihr schwarzes Haar trug sie betont unordentlich und bubenhaft, ihr Mund hatte einen

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