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Goldgrube

Goldgrube

Titel: Goldgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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meine, Jack ist nicht der einzige, der Zugang zu Guys Zimmer hatte. Jeder im Haus hätte auf die gleiche Weise eindringen können. Die Cops haben die Mordwaffe, aber nach dem, was du gesagt hast, haben sie Jacks Fingerabdrücke nicht gefunden.«
    »Ja, aber sie können auch keine von anderen Personen finden.«
    »Wie wollen sie dann beweisen, daß Jack das verdammte Ding geschwungen hat? Vielleicht hat man ihn reingelegt.«
    Lonnie schnaubte mir ins Ohr. »Da hätte jemand verflucht noch mal eine Pinzette nehmen und Gehirnmasse abzwicken , dann auf Zehenspitzen in Jacks Zimmer schleichen, die Schuhe im Schrank suchen und die Hirnfitzelchen auf ihnen verteilen müssen.«
    »Es ist doch immerhin möglich, oder nicht?«
    »Es ist auch möglich, daß der Weihnachtsmann durch den Kamin gekommen ist und das Verbrechen selbst begangen hat. Es stinkt. Die ganze Sache stinkt.«
    »Ich finde die Idee mit den Augenzeugen gut. Bis jetzt klingt es nicht danach, als ob es irgend jemanden gäbe, der ihn am Tatort gesehen hätte.«
    »Bis jetzt nicht, aber ich bin mir sicher, daß die Polizei schon dabei ist, die Nachbarn abzuklappern.«
    »Tja, dann klappern wir eben auch ein paar ab.«
    »Du bist vielleicht eine Optimistin«, sagte er.
    Ich lachte. »Eigentlich kann ich kaum glauben, daß ich hier stehe und Jack verteidige. Ich kann ihn nicht mal leiden.«
    »Wir werden nicht dafür bezahlt, daß wir ihn leiden können. Wir werden dafür bezahlt, daß wir ihn aus diesem Schlamassel herauspauken«, sagte Lonnie.
    »Ich tue, was ich kann.«
    »Ich weiß.«'
    Bevor ich von der Tankstelle wegfuhr, nahm ich mir die Zeit, an die Zapfsäule heranzufahren und vollzutanken. Auf meiner Motorhaube hatte sich mittlerweile der Morgentau mit dem Staub der Santa-Ana-Winde vom Montag vermischt. Mein letzter VW war schmutzigbeige gewesen, deshalb hatte man den Dreck nie gesehen. Bei diesem schicken 1974er Modell waren die Streifen auffälliger, blaßblaue Bächlein, die sich durch eine fleckige Schmutzschicht gruben. Auch ein Vogel hatte auf der Motorhaube sein Urteil abgegeben. Ich bezahlte das Benzin, äugte über die rechte Schulter und fuhr rückwärts zu der Stelle, wo die Autowaschaktion stattfand. Die Jugendlichen begannen zu pfeifen und zu klatschen, und ich merkte, wie ich über ihren Enthusiasmus lächeln mußte.
    Ich stellte mich auf die Seite, während einer von ihnen mit einer Flasche Fensterreiniger in den Wagen kroch. Ein zweiter warf den Autostaubsauger an und begann, den Schmutz von den Fußmatten zu saugen. Ein Dreierteam schäumte das Außere ein, wobei sich alle drei heftig über das Fahrzeug hermachten. Der Junge mit dem Staubsauger beendete seine Reinigung des Innenraums, und ich sah, wie er von der anderen Seite des Autos mit einem Umschlag in der Hand auf mich zukam und ihn mir entgegenhielt. »Haben Sie den schon gesucht?«
    »Wo kommt der denn her?«
    »Ich habe ihn vorn neben dem Beifahrersitz gefunden. Sieht aus, als wäre er in den Zwischenraum gerutscht.«
    »Danke.« Ich nahm den Umschlag und erwartete schon halb, die mittlerweile vertraute Schreibmaschinenschrift zu sehen. Statt dessen war mein Name mit Kugelschreiber auf die Vorderseite gekritzelt worden. Ich wartete, bis der Junge sich entfernt hatte, dann machte ich den Umschlag auf und zog das einzelne Blatt Papier heraus. Der Text war mit schwarzer Tinte in einer auffälligen Handschrift geschrieben, eine merkwürdige Mischung aus Schreib- und Druckschrift. Ich warf einen Blick auf die Unterschrift. Guy Malek. Ich merkte, wie sich zwischen meinen Schulterblättern Eiskristalle bildeten.

    Montag abend. "Warte, daß Du auftauchst.

    Hey, K...

    Hoffe schwer, daß ich mich trauen werde, Dir diesen Brief zu geben. Aber ich hab mich wohl getraut, wenn Du ihn liest. Ich habe, seit ich fünfzehn war, kein Mädchen mehr um ein Rendezvous gebeten, und damals hat es auch nicht so toll funktioniert. Ich hatte einen Riesenpickel am Kinn und habe den ganzen Abend damit zugebracht, mir Entschuldigungen dafür auszudenken, warum ich das Gesicht ständig abgewandt hielt.

    Jedenfalls folgendes.

    Wenn dieses Familientheater vorüber ist, hättest Du dann vielleicht Lust, Dir einen Tag freizunehmen und mit mir nach Disneyland zu fahren ? Wir könnten Eis mit buntem Sirup essen und die Karibikpiraten mitmachen und dann mit dem Schiff durch die Miniaturwelt fahren und dabei dieses Lied singen, das man hinterher ein halbes Jahr nicht mehr aus dem Kopf kriegt. Ich könnte ein

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