Goldgrube
Schuhen. Ich streifte mir die Kleider vom Leib und spürte bei jedem Kleidungsstück, das ich ablegte, ein aufflammendes Begehren. Dietz’ Kleider gesellten sich in einem Haufen auf dem Fußboden zu meinen. Wir sanken in einer Drehbewegung ineinander. Die Bettlaken, so blau wie die See, fühlten sich zuerst kalt an und erwärmten sich bei der Berührung mit unseren nackten Leibern. Seine Haut schimmerte und war glatt wie die Oberfläche einer Abalonemuschel. Das Spiel der Schatten barg etwas in sich, das der Luft ein wäßriges Element verlieh und uns beide in seinen durchsichtigen Glanz hüllte. Es war ein Gefühl, als schwämmen wir im seichten Wasser, so geschmeidig und anmutig wie ein Paar Meerotter, die durch die Brandung tollten. Unser Liebesspiel verlief schweigend, abgesehen von einem gelegentlichen Summen in seiner Kehle. Ich denke nicht oft an Sex als ein Gegengift für Schmerz, aber in diesem Fall war es das, und ich gebe unumwunden zu, daß ich die Intimität mit dem einen Mann benutzte, um den Verlust des anderen aufzuwiegen. Es war das einzige Mittel, das die Macht hatte, mich zu trösten. Noch in der Situation befiel mich kurzzeitige Verwirrung darüber, welchen Mann ich nun betrog.
Später fragte ich Dietz: »Möchtest du etwas essen? Ich bin am Verhungern.«
»Ich auch«, sagte er. Als Gentleman tappte er zum Kühlschrank hinüber, wo er splitternackt in einem Strahl gleißenden Lichts stand und das Innere musterte. »Warum sind schon wieder keine Vorräte da? Ißt du nichts, wenn ich nicht hier bin?«
»Es ist doch etwas da«, sagte ich rechtfertigend.
»Ein Glas Gewürzgurken.«
»Ich kann Sandwiches machen. Im Tiefkühlfach ist Brot, und da oben im Schrank steht ein Glas Erdnußbutter.«
Er warf mir einen Blick zu, als hätte ich soeben vorgeschlagen, einen Topf Nacktschnecken zu kochen. Er klappte die Kühlschranktür wieder zu und machte das Eisfach auf, wo er sich durch ein paar mit Eiskristallen bedeckte Päckchen mit Fleischprodukten wühlte, die an Gefrierbrand litten. Er schloß das Fach wieder, kehrte zum Bettsofa zurück und kroch unter die Decke. »Lang halte ich das nicht aus. Wir müssen etwas essen«, sagte er.
»Ich kann noch gar nicht glauben, daß du schon wieder da bist. Ich dachte, du wolltest mit den Jungen einen Ausflug machen.«
»Es hat sich herausgestellt, daß sie vorhatten, mit Freunden im Yosemite zelten zu gehen, und nicht wußten, wie sie mir das beibringen sollten. Als ich in Santa Cruz in der Zeitung von dem Mord las, habe ich ihnen gesagt, daß ich zurück muß. Ich habe zwar tierische Schuldgefühle gekriegt, aber sie waren restlos begeistert. Pervers wie die menschliche Natur nun einmal ist, hat mich das irgendwie geärgert. Sie konnten mich kaum schnell genug ins Auto verfrachten. Als ich losgefahren bin, habe ich in den Rückspiegel geschaut. Sie haben sich nicht einmal die Zeit genommen zu winken. Sie sind nur wie die Wilden die Außentreppe hochgestürmt, um sich ihre Schlafsäcke zu schnappen.«
»Aber ihr habt ein paar Tage zusammen verbracht.«
»Das war gut. Es hat mir Spaß gemacht«, sagte er. »Und jetzt erzähl mir mal von dir und davon, was hier passiert ist.«
Nachdem ich das Ganze mit Lonnie schon durchgekaut hatte, erläuterte ich die Ereignisse mit bemerkenswerter Prägnanz und kam lediglich bei der Schilderung Guys ins Stocken. Bereits der Klang seines Namens löste einen Strom von Traurigkeit in mir aus.
»Du brauchst einen Schlachtplan«, sagte Dietz unvermittelt.
Ich wiegte die Hand hin und her — vielleicht, vielleicht auch nicht. »Jack wird vermutlich morgen dem Haftrichter vorgeführt werden, falls das nicht schon geschehen ist.«
»Will Lonnie Zeit schinden?«
»Ich habe keine Ahnung. Vermutlich nicht.«
»Dann wird er also darauf bestehen, daß innerhalb von zehn Gerichtstagen die Vorverhandlung stattfindet. Damit bleibt uns nicht viel Zeit. Was ist mit der Geschichte um diesen Max Outhwaite? Wir könnten versuchen, ihr auf den Grund zu gehen.«
Ich registrierte das »Wir«, ließ es aber kommentarlos im Raum stehen. Wollte er mir ernsthaft Hilfe anbieten? »Was gibt’s denn noch für Möglichkeiten?« fragte ich. »Ich habe im Stadtarchiv und in den Wählerlisten nachgesehen. Außerdem in den städtischen Adreßbüchern. Der Name ist genauso falsch wie die Adresse.«
»Was ist mit Querverweisen?«
»Hab ich versucht.«
»Alte Telefonbücher?«
»Ja, die bin ich auch schon durchgegangen.«
»Wie lange
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