Goldgrube
sich anders überlegt haben. Er könnte es zerrissen und weggeworfen haben.«
Bennet rutschte unruhig hin und her. »Das sagen alle, aber ich bin nicht davon überzeugt. Es ist eine interessante Frage, wenn man sich’s genauer überlegt. Ich meine, sehen Sie sich nur die Fakten an. Plötzlich ist das Testament verschwunden, und das schwarze Schaf der Familie sahnt ab wie ein Bandit. Dad hat es im März unterschrieben, und wenige Tage später ist Guy verschwunden.«
»Wollen Sie damit sagen, daß Ihr Bruder es gestohlen hat?«
»Ich sage nur, warum nicht? Zutrauen würde ich es ihm. Sonst hat er ja auch alles gestohlen.«
»Aber was würde das nützen? Selbst wenn er eine Kopie verschwinden ließe, hat der Anwalt vermutlich das Original behalten. Nachdem Guy verschwunden war, konnte er nicht wissen, ob Ihr Vater nicht auf der Stelle noch ein Testament gleichen Inhaltes verfassen würde. Oder ein vollkommen anderes drittes. Danach zu urteilen, was mir Donovan erzählt hat, konnte Ihr Vater mit Worten recht massiv werden, aber wenn es darum ging, den Worten Taten folgen zu lassen, war er weniger gut.«
Er schüttelte den Kopf und sah gönnerhaft drein. »Wie wahr! Deshalb gehe ich ja Dads Papiere alle noch mal durch. Nicht daß wir Guy irgendwelche Gelder vorenthalten wollten, auf die er womöglich Anspruch hat, aber das ist meiner Meinung nach Schwachsinn. Er hat seinen Anteil bereits kassiert. Dad hatte das zweite Testament in der ausdrücklichen Absicht aufgesetzt, Guys Ansprüche auszuschalten. Deshalb hat er ihm das Geld ja überhaupt gegeben — um ihn ein für allemal auszubezahlen. Ich habe ihn im Laufe der Jahre oft darauf anspielen hören. In seinen Augen waren die zehn Riesen, die er meinem Bruder gegeben hat, der Schlußstrich.«
»Tja, ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen, aber das ist wirklich nicht mein Gebiet. Tasha ist die Expertin. Am besten setzen Sie sich mit ihr zusammen und besprechen das.«
»Was ist mit der Abmachung, die mein Vater mit Guy getroffen hat?« fuhr er vorwurfsvoll fort. »Es war zwar eine mündliche Vereinbarung, aber zählt das denn gar nicht?«
»He, da sind Sie an der falschen Adresse. Ich habe keine Ahnung. Kein Mensch weiß, wo Guy ist, geschweige denn, was er ausgehandelt hat, als er wegging.«
Sein Lächeln schwand, und ich sah ihm an, daß er gegen den Wunsch ankämpfte, weiterhin über diesen Punkt zu streiten. »Da haben Sie natürlich recht«, sagte er. »Also, was soll ich Ihnen über Guy sagen?«
»Fangen wir mal mit dem Nächstliegenden an. Hat er Ihnen irgend etwas über seine Pläne erzählt, bevor er wegging?«
»Es gehörte leider nicht zu Guys Gewohnheiten, irgend etwas mit mir zu besprechen.«
Ich veränderte meine Fragestellung ein wenig. »Könnte er nach San Francisco gewollt haben? Donovan sagt, daß er damals Drogen genommen hat, und Haight könne eine gewisse Anziehungskraft für ihn gehabt haben.«
»Gut möglich. Aber wenn er dorthin gefahren ist, hat er zu mir nie ein Wort davon gesagt. Ich sollte vermutlich vorausschicken, daß wir zwei uns nicht besonders nahestanden. Ich möchte nicht unkooperativ erscheinen, aber ich habe nicht viele Informationen zu bieten.«
»Haben Sie ihn je von einem möglichen Berufswunsch reden hören? Hatte er irgendwelche persönlichen Vorlieben?«
Bennets Lächeln war dünn. »Sein Berufswunsch bestand darin, so wenig wie möglich zu tun. Und seine Vorliebe war es, in Schwierigkeiten zu geraten und allen anderen das Leben zur Hölle zu machen.«
»Was war mit seiner Arbeit? Was für Jobs hatte er?«
»Nichts von Belang. Als er noch keine Zwanzig war, hat er in einer Pizzeria gearbeitet, bis man ihn dabei erwischt hat, wie er Geld eingesteckt hat. Er hatte auch einmal einen Job als Telefonverkäufer. Ganze zwei Tage lang. Ich kann mich nicht erinnern, daß er jemals besonders viel getan hätte, bevor er anfing, für Dad zu arbeiten. Eine Zeitlang hat er Benzin gezapft, also hat er vielleicht als Tankwart Karriere gemacht.«
»Was für einen Wagen fuhr er?«
»Er fuhr den Familien-Chevy, bis er einen Unfall mit Fahrerflucht gebaut hat und sein Führerschein eingezogen wurde. Danach hat ihn Dad keines der Familienfahrzeuge mehr benutzen lassen.«
»Wissen Sie, ob er seinen Führerschein je wiederbekommen hat?«
»Wenn nicht, ist er vermutlich ohne gefahren. Er hat sich nie groß um die kleinen Regeln und Vorschriften im Leben geschert.«
»Hatte er irgendwelche Hobbys?«
»Nein, es sei denn, Sie
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