Goldgrube
Winnie hat immer wieder versucht, Guy zu erreichen, aber irgendwie kommt sie nicht durch. Die Maleks haben ihren Anrufbeantworter eingeschaltet, und niemand geht ans Telefon. Ich weiß nicht, was Guy vorhat, aber wir fanden, wir sollten ihn lieber warnen. An der Tankstelle gegenüber von seinem Haus haben sich Reporter postiert. Immer wieder klopfen Leute hier bei der Kirche an, und wir haben einen Stapel von Nachrichten für ihn.«
»Jetzt schon?«
»Das war auch meine Reaktion. Offen gestanden verstehe ich nicht, wie das überhaupt an die Öffentlichkeit kommen konnte.«
»Lange Geschichte. Ich bin immer noch dabei, der Sache nachzugehen. Ich weiß, daß die Familie heute in aller Frühe von der Lokalzeitung kontaktiert wurde. Einer ihrer Reporter hat in der Redaktion einen Brief bekommen. Ich nehme an, ein ähnliches Schreiben ist an die L. A. Times gegangen. Ich habe zwar noch keine Nachrichten gesehen, aber ich habe das Gefühl, es wird erst noch mehr Wirbel geben, bevor sich der Aufruhr wieder legt.«
»Hier oben ist es noch schlimmer. Der Ort ist so klein, daß niemand von uns der Presse aus dem Weg gehen kann. Haben Sie eine Möglichkeit, Kontakt zu Guy aufzunehmen? Wir sind für ihn da, falls er uns braucht. Wir wollen nicht, daß er bei dem ganzen Streß den Kopf verliert.«
»Ich werde versuchen, ob ich zu ihm durchdringen kann. Schätzungsweise sind das seine fünfzehn Minuten Ruhm, obwohl ich offen gestanden nicht begreife, wieso die Geschichte soviel Aufmerksamkeit erregt. Warum sollte das denn irgend jemanden einen feuchten... Sch... äh... Schmutz interessieren? Er hat das Geld ja noch nicht einmal, und wer weiß, ob er je einen roten Heller zu sehen bekommt.«
Ich konnte Peters Grinsen beinahe sehen. »Alle wollen an etwas glauben. Für die meisten Menschen wäre ein unverhoffter Batzen Geld die Erfüllung all ihrer Wünsche.«
»Das stimmt wohl«, sagte ich. »Wenn ich ihn erreiche, sage ich ihm auf jeden Fall, er soll Sie anrufen.«
»Da wäre ich Ihnen dankbar.«
Nachdem wir unser Gespräch beendet hatten, schaltete ich den Fernseher ein und drückte die Taste für KEST-TV. Die Abendnachrichten sollten erst in einer halben Stunde beginnen, aber der Sender brachte häufig kurze Trailer über die bevorstehenden Beiträge. Ich durchlitt sechs Werbespots, bis ich den Ausschnitt zu sehen bekam, mit dem ich gerechnet hatte. Die blonde Moderatorin lächelte in die Kamera und sagte: »Nicht alle Nachrichten sind schlechte Nachrichten. Manchmal findet sich hinter der schwärzesten Wolke ein Silberstreif am Horizont. Nach fast zwanzig Jahren der Armut hat ein Hilfsarbeiter aus Marcella gerade erfahren, daß er fünf Millionen Dollar erbt. Mehr über diese Geschichte erfahren Sie um siebzehn Uhr.« Hinter ihr erlaubte die Kamera einen kurzen Blick auf einen abgezehrt aussehenden Guy Malek, wie er teilnahmslos aus dem Beifahrerfenster sah, während Donovans BMW schwungvoll durchs Tor des Malekschen Anwesens fuhr. Mich befielen leise Schuldgefühle, und ich wünschte, ich hätte ihm ausgeredet hierherzukommen. Seinem trostlosen Blick nach zu schließen, war seine Heimkehr kein Erfolg. Ich griff nach dem Telefon und versuchte es noch einmal bei den Maleks. Es war besetzt.
Eine Stunde lang wählte ich alle zehn Minuten die Nummer der Maleks. Wahrscheinlich hatten sie den Hörer neben den Apparat gelegt, oder vielleicht war das Band ihres Anrufbeantworters voll. Es war nicht abzusehen, wann ich zu Guy durchdringen würde.
Ich debattierte kurz mit mir selbst und fuhr dann zum Haus hinaus. Das Tor war nun geschlossen, und an der Böschung parkten sechs Fahrzeuge. Reporter standen herum, manche an ihre Kotflügel gelehnt, und zwei Männer unterhielten sich mitten auf der Straße. Beide rauchten und hielten große Kaffeebecher aus Styropor in den Händen. Drei Kameras standen auf Stativen aufgebaut da, und es hatte den Anschein, als wäre das Häuflein auf einen längeren Aufenthalt vorbereitet. Die spätnachmittägliche Sonne schien schräg durch die Eukalyptusbäume auf das Grundstück der Maleks und teilte die Auffahrt in wechselnde Abschnitte von Licht und Schatten.
Ich parkte hinter dem letzten Wagen und ging zu Fuß zur Sprechanlage neben dem Tor. Hinter mir kamen sämtliche Aktivitäten zum Erliegen, und ich merkte, wie sich alle Aufmerksamkeit auf meinen Rücken konzentrierte. Niemand reagierte auf mein Läuten. Wie die anderen würde auch ich hier herumstehen und darauf hoffen müssen, einen der
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