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Goldgrube

Goldgrube

Titel: Goldgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Maleks beim Verlassen oder Betreten des Anwesens zu erwischen. Ich versuchte es noch einmal, aber mein Klingeln wurde von Totenstille aus dem Inneren des Hauses erwidert.
    Ich ging zu meinem Wagen zurück und drehte den Zündschlüssel herum. Sogleich machte sich eine dunkelhaarige Reporterin auf den Weg zu mir herüber. Sie war vermutlich Mitte Vierzig, trug eine überdimensionale Sonnenbrille und hatte leuchtendrot geschminkte Lippen. Während ich sie betrachtete, wühlte sie in ihrer Umhängetasche herum und holte eine Zigarette heraus. Sie war groß und schlank und steckte in Freizeithosen und einem taillenkurzen Baumwollpullover. Ich wunderte mich, wie sie es bei dieser Hitze darin aushielt. Goldene Ohrringe. Goldene Armreifen. Ein beängstigendes Paar Zehnzentimeterabsätze. Für meinen Geschmack ist das Gehen in Stöckelschuhen das gleiche, wie wenn man versucht, Schlittschuhlaufen zu lernen. Der menschliche Knöchel läßt sich solche Beanspruchungen nicht ohne weiteres gefallen. Ich bewunderte ihren Gleichgewichtssinn, erkannte allerdings, als sie näher kam, daß sie barfuß vermutlich kleiner wäre als ich. Sie machte eine kreisende Geste, um mir zu bedeuten, daß ich mein Seitenfenster herunterdrehen sollte.
    »Hi. Wie geht’s?« sagte sie. Sie hielt die Zigarette in die Luft. »Haben Sie Feuer für mich?«
    »Tut mir leid. Ich rauche nicht. Warum fragen Sie nicht einen von denen?«
    Sie drehte sich um, und ihr Blick wanderte zurück zu den beiden Männern, die auf der Straße standen. Ihre Stimme war heiser, und ihr Tonfall abschätzig. »Ach, die. Das ist ein Männerverein«, bemerkte sie. »Die zwei sagen einem nicht einmal, wieviel Uhr es ist, wenn man ihnen keine Gegenleistung bietet.« Ihr Blick wandte sich wieder mir zu. »Was ist mit Ihnen? Sie sehen nicht wie eine Reporterin aus. Was sind Sie, eine Freundin der Familie? Eine alte Liebe?«
    Ich mußte die Lässigkeit bewundern, mit der sie das Thema angeschnitten hatte, beiläufig und unbeteiligt. Vermutlich machte sie sich fast in die Hosen, während sie darauf hoffte, daß ich ihr einen kleinen Leckerbissen verraten würde, mit dem sie ihre Konkurrenz ausstechen konnte. Ich begann mein Lenster hochzukurbeln. Rasch hob sie ihre Tasche in die Höhe, kippte sie zur Seite und schob sie in den Zwischenraum, damit ich das Fenster nicht ganz schließen konnte. Nun war eine Öffnung von knapp zwanzig Zentimetern geblieben, in der wie ein Keil ihre Handtasche steckte.
    »Nicht böse sein«, sagte sie, »ich bin eben neugierig. Sind Sie nicht die Privatdetektivin, von der wir soviel gehört haben?«
    Ich drehte den Zündschlüssel um. »Bitte nehmen Sie Ihre Tasche weg.« Ich kurbelte das Fenster etwa zwei Zentimeter herunter und hoffte, sie würde die Tasche herausziehen, damit ich losfahren konnte.
    »Nicht so eilig. Was soll denn die Hektik? Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, diese Dinge zu erfahren. Ich bekomme die Information sowieso, also wäre es doch besser, wenn sie korrekt ist. Ich habe gehört, er hat als Jugendlicher einige Zeit im Knast verbracht. War das hier oder oben im Norden?«
    Ich drehte das Fenster ein Stückchen hinauf und legte einen Gang ein. Dann trat ich leicht aufs Gaspedal und fuhr langsam vom Straßenrand weg. Sie hielt die Tasche am Riemen fest und lief neben dem Wagen her, um das Gespräch fortzusetzen. Ich nahm an, sie war es gewohnt, daß der Fahrer nach ihrer Pfeife tanzte, wenn sie den alten Handtaschentrick anwandte. Ich erhöhte meine Geschwindigkeit so, daß sie in Trab verfallen mußte. Sie riß am Riemen der Tasche und rief »He!«, als ich zu beschleunigen begann. Ich konnte kaum mehr als drei km/h gefahren sein, aber dieses Tempo ist schwer zu halten, wenn man so hochhackige Schuhe trägt. Ich trat ein bißchen fester aufs Gas. Sie ließ die Tasche los, blieb wie angewurzelt stehen und sah mir fassungslos nach, als ich davonfuhr. Ich passierte die beiden Männer auf der Straße, die der wüste Kommentar, den sie mir hinterherrief, zu amüsieren schien. Ich konnte die Worte nicht verstehen, aber die Botschaft war klar. Im Rückspiegel sah ich, wie sie mir den Mittelfinger zeigte.
    Sie zog einen Stöckelschuh aus und warf ihn gegen meine Heckscheibe. Bei seinem Aufprall hörte ich ein leises Poltern, dann sah ich, wie der Schuh hinter mir davonflog, als ich beschleunigte. Der lange Riemen der Handtasche schlenkerte hin und her und schlug gegen die Fahrertür. Knapp hundert Meter weiter hielt ich lang genug

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