Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)
ist das.“
„Sei vorsichtig mit der Wahl deiner Feinde“, mahnte Hockster. Er mochte den Neuankömmling nicht. „Vielleicht wäre es besser du folgst deiner eigenen Ankündigung und verzichtest auf mehr Wein?“
„Ich habe es mir gerade anders überlegt, Freund. Ich darf doch hier über Nacht bleiben, ja? Es ist viel Platz in dieser Feste. Und die Frauen darin sind wunderschön“, er zwinkerte Tira ein weiteres Mal zu.
„Du kennst diesen Ort?“, fragte Hockster.
„Wie meine Hosentasche. Ich übernachte oft hier, wenn ich es vor Anbruch der Nacht nicht mehr bis zum nächsten Dorf schaffe.“
Alle Blicke ruhten plötzlich auf Helbrandt, dem die Aufmerksamkeit seiner Gastgeber sichtlich zusagte. Er lehnte sich zufrieden zurück und sagte: „Vielleicht interessiert es euch, dass es Geheimgänge unter dem Berg gibt.“
„Ach?“, sagte Hockster, „ist das wahr?“
„Aber ja.“
„Wohin führen sie?“
„Es ist ein Labyrinth aus unzähligen Gängen und Fluren und Kammern. Zuerst einmal könnt ihr jeden Raum der Feste über diese Gänge erreichen. Ein weiterer Gang führt schnurgerade etwa eineinhalb Kilometer unter den Verteidigungsmauern hindurch und endet in einem schmalen Talkessel in der südlichen Bergflanke. Zuletzt verlaufen drei weitere Gänge unter dem Berg her und enden schließlich vor der Küste im Osten.“
„Damit wäre unsere morgige Aufgabe also erledigt“, sagte Garlit.
„Das sehe ich anders“, erklärte Hockster. „Wir benötigen nach wie vor eine genaue Karte.“
„Das wollte ich immer einmal tun, hatte aber nie die Zeit dazu“, sagte Helbrandt. Er hielt Garlit auffordernd seinen leeren Becher entgegen und bedachte Tira erneut mit einem selbstgefälligen Grinsen, das seine gelben Zähne entblößte. Tira verdrehte die Augen. Garlit goss ihm widerwillig Wein nach.
„Danke, Freund“, Helbrandt trank einen Schluck und behielt den Becher in der Hand. „Jetzt hört mir alle zu, ja? Hier ist es nicht mehr lange sicher. Brakant existiert nicht mehr, ebenso wie Hedden und Neiros an der Ostküste. Die Chetekkenarmee ist inzwischen auf mindestens zwölftausend Krieger angewachsen und zieht unaufhaltsam gen Idenhal.“
„Wann werden sie die Hauptstadt erreichen?“, fragte Hockster.
„Bei ihrer derzeitigen Geschwindigkeit?“, Helbrandt zuckte unschlüssig die Schultern. „In einem Monat, vielleicht weniger“, sagte er dann.
Hockster wurde aschfahl. „Dann sind sie vor dem Winter hier. Die Zeit läuft uns davon.“
„Das muss nicht geschehen“, widersprach Tira. Sie sah Hockster mitfühlend an. „Zuerst einmal muss Idenhal fallen, bevor sie gegen Trenadil marschieren können.“
„Wenn sie Idenhal angreifen“, widersprach Garlit. „Wir wissen es nicht! Die Chetekken kennen die Weissagung ebenso gut wie wir. Die letzte Schlacht wird hier geschlagen.“
„Eine Schlacht?“, johlte der Jäger gut gelaunt. „Hier?“ Hockster wurde den Eindruck nicht los, dass Helbrandt sie alle für Idioten hielt. „Hier ist doch keine Armee. Warum sollte jemand die Feste angreifen?“
Hockster schüttelte den Kopf, wandte sich an Garlit und Tira. „Die Chetekken sind nicht dumm. Lassen sie Idenhal unbehelligt, um schneller hierher zu gelangen, haben sie Serkals Armee im Rücken. Wenn sie aber Idenhal angreifen und niederbrennen, können sie sorglos gen Osten ziehen. Was sie auch tun, ohne Serkals Armee können wir Trenadil nicht verteidigen.“
Helbrandt stand auf. Er schwankte leicht. „Nun, kleiner Mann, wenn du des Königs Armee hier haben willst, musst du sie beim König abholen.“ Er lachte. „Ganz einfach, nicht wahr, Schätzchen?“
Garlit sah Tira an und wies mit einem kaum erkennbaren Kopfnicken und geballter Faust auf Helbrandt. Tira schüttelte energisch den Kopf. Hockster beobachtete das Schauspiel des streitenden Liebespaares amüsiert. Dann sagte er: „Das wird schwierig. Ich habe den ersten Berater des Königs kennengelernt. Er heißt Nokdan Eutarus und ist ein Aufschneider. Er wird meinen Worten keinen Glauben schenken.“
Helbrandt grinste spöttisch. „Das ist nicht weiter überraschend. Eutarus ist ein Lügner und Betrüger, der vor allem an sein Weiterkommen denkt. Würde mich gar nicht wundern, wenn er mit den Chetekken unter einer Decke steckt.“ Er ließ sich zurück in den Sessel fallen und rülpste laut.
Hockster suchte in dem faltigen Gesicht des Jägers nach Widersprüchen. „Wie kommst du darauf?“
„Das weiß doch jeder, der die
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