Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)
gar nicht mehr, wie ich auf die Idee gekommen bin, mich mit einem Zauberer anzulegen.“ Er grinste erst Hockster, dann Tira an. „Es tut mir leid“, sagte er zu ihr. „Ich will versuchen, ein besserer Mann zu werden.“
„Kannst du aufstehen?“, fragte Tira. „Ich wärme die Suppe auf. Etwas warmes im Bauch wird uns allen guttun.“
Während Tira sich ums Essen kümmerte, Garlit seinen Kopf hielt und gleichzeitig seinen Jähzorn verfluchte und Helbrandt seinen Rausch ausschlief, öffnete Hockster die Hand in der er den Turmalin hielt und die glänzenden Farben des Edelsteins erwachten im Licht der Kerzen zu geheimnisvollem Leben.
Der Stein verlieh Macht, sehr viel Macht, mehr, als Hockster je gewollt hatte. Und da lag auch das größte Problem. Nicht der Stein an sich war schlecht, sondern das, was er damit anfing. Wie es aussah, war er für soviel Macht einfach nicht geschaffen.
„Essen ist fertig“, rief Tira.
Hockster suchte seinen Hut und fand ihn dort, wo Garlit ihn angesprungen hatte. Er setzte ihn auf, und fühlte sich gleich besser.
Tira, die gerade eine Suppenschüssel füllen wollte, hielt mitten in der Bewegung inne und sah ihn tadelnd an. „Das ist doch nicht wirklich deine Absicht, Hockster, oder?“
Hockster fühlte sich bei etwas ertappt, was er bestimmt getan hatte, woran er sich aber nicht mehr erinnern konnte. Der Schlag gegen Garlit? Nein, er hatte sich doch entschuldigt und Garlit sich umgekehrt auch bei ihm. Dann fiel es ihm ein: Er hatte vergessen sich bei Tira für die Nachrichten über Madigan zu bedanken. Er sah Tira an, lächelte und sagte: „Es war sehr freundlich von dir, dein Wissen über Madigans Wohlergehen mit mir zu teilen. Ich danke dir sehr.“
„Gern geschehen, aber das habe ich nicht gemeint!“
„Nein?“
„Nein, Hockster! Dein Hut!“, erklärte Tira und schüttelte missbilligend den Kopf. „Nimm ihn ab! Zeig dein Gesicht.“
„Aber du kennst mich doch.“
Tira schnaufte. „Ich teile mein Essen nicht mit Menschen, die ihr Gesicht verstecken, oder Teile davon.“
„Wieso hast du denn bislang nie etwas gesagt. Ich meine, der Hut ist fast schon angewachsen auf meinem Kopf.“
„Bislang war es ja auch Garlits Essen. Heute habe ich gekocht.“
„Stimmt“, sagte Garlit, der sein Grinsen wiedergefunden hatte. „Obwohl ich nicht ein einziges Mal den kleinsten Dank für meine Mühen erhalten habe.“
„Das liegt daran“, sagte Hockster ernst, und nahm den Hut ab, „dass wir alle ganz überwältigt waren vom herausragenden Geschmack deiner mit Liebe und Kunst zubereiteten Speisen.“
„Das glaubt dir keiner!“ sagte Garlit.
Der Duft der Suppe stieg Hockster in die Nase. Er probierte und vermisste wie so oft in letzter Zeit seinen heißgeliebten Apfelsirup. Wie köstlich wäre jetzt nur ein winziger Tropfen, überlegte er, oder besser zwei. Am Liebsten aber pur. Nur dieses eine Mal! Der Apfelsirup war ihm schon nach einer Woche in der Feste Trenadil ausgegangen. Inzwischen hatte er sich fast daran gewöhnt, seine Speisen ohne die Süße des Sirups zu sich zu nehmen. Tira kochte gut, eindeutig besser als Garlit. Da sie aber keinen Gefallen an dieser Arbeit fand, wollte sie sie auch nicht machen, half Garlit aber immer dann, wenn es nötig schien. Sie tat wirklich viel für Garlit, aber der schien von alledem nichts zu bemerken. „Dein Essen schmeckt ausgezeichnet, Tira“, sagte Hockster. „Ich danke dir.“
„Gern geschehen.“
Irgendwann später, die Suppenschüsseln waren längst geleert, erwachte Helbrandt vor Schmerzen stöhnend. Er öffnete die Augen, sagte „Autsch!“, und befühlte vorsichtig seinen Kiefer. Dort, wo Hocksters Faust gelandet war, hatte sich inzwischen eine ansehnliche Schwellung gebildet. Helbrandts Augen weiteten sich, als er sich an die Geschehnisse vor seiner Ohnmacht erinnerte, sah sich um, erkannte Ort und Personen und belegte alle Anwesenden und alle ihre möglichen Nachkommen mit Schimpfworten, die Hockster noch nie gehört hatte. Er überwand seine Ablehnung, ging auf Helbrandt zu um sich zu entschuldigen, aber da sprang der Jäger schon auf und verschwand so schnell er konnte, rief beim Hinausgehen irgendetwas vom Untergang heetländischer Gastfreundschaft und hinterlistiger Gewalt gegen friedliche Durchreisende.
„Eigentlich wollte ich mich bei ihm entschuldigen“, sagte Hockster. „Na, vielleicht sehe ich ihn ja noch mal wieder. Obwohl ich gut darauf verzichten kann.“
Garlit brummte zustimmend.
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