Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)
er atmete zwar jetzt flacher, aber wesentlich entspannter.
Noch nicht fertig, Auserwählter. Bringt es zu Ende.
Hockster nickte, stellte mit aufgelegten Händen erneut den Kontakt her und tauchte ein letztes Mal in die Wunde ein.
Hockster verband das durchtrennte Gewebe, so gut er es konnte, fügte die gerissenen Muskeln zusammen und heilte zuletzt die aufgetrennte Haut.
Ausgezeichnet, ganz ausgezeichnet!, jubelte Naggit. Das habt Ihr wirklich gut gemacht.
Ach, halt die Klappe.
Hockster löste sich von seinem Patienten, setzte sich aufrecht und betrachtete das Gesicht des Mannes. Die Gesichtsfarbe hatte sich verändert, die Blässe verschwand. Hockster atmete erleichtert aus.
Die Frau, noch immer auf den Knien neben ihm, drehte sich um und warf ihre Arme um seinen Hals. „Ich danke Euch. Ich habe nichts, was ich geben könnte, außer meinen Dank. Ihr seid ein guter Mensch.“
Hockster war tief gerührt, aber unfähig, die Umarmung der Frau zu erwidern.
„Ist schon gut“, sagte er, „verbietet ihm ab jetzt, sein Geld in die Wirtshäuser zu tragen“. Hockster stand auf. „Guten Tag.“
„Das werde ich! Das werde ich!“, versicherte die Frau.
Als Hockster wieder in die Sonne trat, hörte er hinter sich die Stimme der Frau schimpfend auf ihren gerade genesenen Mann einreden.
„Na, ob ihm das nun besser gefällt, ist fraglich“, meinte Naggit lachend.
Der Hauptmann trat an Hocksters Seite. Schweigend setzte die Gruppe ihren Weg fort. Nach geraumer Zeit sagte der ehemalige Söldner: „Das war wohlgetan. Ich wusste nicht, dass soviel Kraft in dir steckt.“
„Ich überrasche mich immer wieder selbst “, erklärte Hockster grinsend. Er fühlte sich wohl.
„Nun müssen wir uns beeilen, Beltrim, und dürfen uns keine Verzögerung mehr erlauben. Der König wartet.“
Irgendetwas in Roks Stimme ließ Hockster aufhorchen. Es war mehr eine Ahnung als fundiertes Wissen, aber Hockster spürte, dass die angespannte Stimmung des Hauptmanns und sein leicht gereizte Tonfall nichts Gutes verhießen.
„Was wird passieren, wenn wir im Palast eintreffen?“, fragte Hockster wachsam.
„König Serkal, General Lellak, der Oberbefehlshaber der königlichen Armee, und ich haben erste Pläne für die Verteidigung Trenadils erarbeitet. Der König will von dir genaue Angaben über den Zustand der Feste. Außerdem soll entschieden werden, welche Aufgaben dir im bevorstehenden Krieg gegen die Chetekken übertragen werden. Schließlich bist du der Auserwählte.“
Hockster nickte, lief jetzt fast, um mit den langen Beinen der Gardisten Schritt zu halten. Das unangenehme Gefühl war trotz der Erklärung des Hauptmanns nicht gewichen, im Gegenteil, es wurde immer stärker. Als die Gruppe das Kaufmannsviertel verließ und zum Stadtkern eilte, fiel Hockster mehr und mehr zurück.
Der Talusien blieb stehen und wartete bis er wieder aufgeschlossen hatte. „Eile dich, oder ich lasse dich von einem meiner Männer tragen.“
Endlich sah Hockster klar. „Du willst mich tragen lassen?“, fragte er.
„Wenn es sein muss!“
Hockster betrachtete Rok eindringlich und ein Anflug von Bedauern trug seine Stimme hinauf zu seinem ehemaligen Gefährten: „Es ist seltsam! Vor nicht einmal zwei Tagen wusste niemand hier, was wirklich passiert. Jetzt, da Eutarus verbannt ist und ich überall bekannt bin, glaubt dein König, genauso weitermachen zu können wie zuvor. Schließlich hat er sich ja der Hilfe des Auserwählten versichert.“ Hockster schüttelte den Kopf. Das königliche Vorrecht, einem jeden Untertan nach Gutdünken Befehle zu erteilen, war Gift für Hocksters Geist. Es widerstrebte seinem ganzen Wesen, sich unter die rigiden Befehle eines womöglich klugen aber dennoch eingebildeten Königs zu stellen. Soweit er zurückdenken konnte hatte niemals ein anderer als er selbst entschieden, was zu tun war. Mit der Gründung Diwensteins hatte sich daran nur insofern etwas geändert, als dass er auch für andere Verantwortung übernommen hatte. Er hatte niemals in einer untergeordneten Rolle gelebt, vor niemandem das Knie gebeugt und jetzt gab es für ihn kaum eine Möglichkeit damit zu beginnen. Ein Blick in die Zukunft zeigte Hockster deutlich, was geschehen würde, wenn Serkal und dessen Armee in Trenadil einträfen - mit ihm im Gefolge, dem Auserwählten. Serkal würde dort genauso verfahren wie hier in Idenhal – als der König, der er war, ohne zu ahnen, dass er dort ebenso scheitern musste wie in seiner
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