Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Hauses.
„Hübsche Gegend!“, sagte Naggit.
Wenig später hielt die Frau vor einem kleinen Haus, dessen Farbe von Wind und Wetter abgeschält war. Sie winkte hastig und trat ein.
Als Hockster hinter Rok das Haus betrat, schlug ihm gleich ein unangenehmer Geruch von altem Schweiß und ranzigem Fett entgegen. Aus einer Ecke drang ein unterdrücktes Stöhnen. Hockster sah hinüber. Der Verletzte lag blass und bleich auf einem schmalen Bett. Seine Frau kniete neben ihm und sagte immer wieder dasselbe: „Der Auserwählte ist da! Er wird dich gesund machen.“
Hockster schüttelte sich. Die Verantwortung, die er mit seinem Einverständnis, den Fremden zu heilen übernommen hatte, schien ihn zu erdrücken. Wenn er versagte und der Mann starb, würde es keine Entschuldigung für seine Tat geben. Die Gardisten und auch die Frau sahen ihn erwartungsvoll an. Allein Naggit schien den Zwist zu erkennen, den er in seinem Inneren auszufechten hatte.
Bleibt ruhig, Auserwählter und vertraut auf Eure Kraft. In Euch ist Magie. Legt Eure Hände um die Wunde und Ihr werdet ‚sehen‘, was darin nicht in Ordnung ist und zugleich wissen, wie es richtig ‚aussehen‘ muss. Arbeitet mit diesem Bild und alles wird gut.
Ganz leise, fast wispernd, als brauche er alle Kraft für die bevorstehende Aufgabe, erwiderte Hockster: Wenn er durch mein Versagen stirbt, weil ich ihn doch nicht heilen kann, breche ich dir ein Bein!
Tut, was ich Euch sage und es wird eine weitere ganz wunderbare Strophe in unserem Heldenlied geben.
Widerstrebend trat Hockster an das Bett des Verletzten. Das Gesicht des Mannes war weiß, Schweiß lag wie eine schmierige Salbe auf seinem Gesicht. Die Lippen wirkten fahl und blutleer. Er atmete schwer und schien große Schmerzen zu leiden.
Die Frau schlug die Decke zurück, entfernte den von Wundsekret durchtränkten Verband aus altem Stoff und entblößte so die tiefe Wunde ihres Mannes. Ein ekelhafter Geruch breitete sich aus, der Hockster würgen ließ.
„Auf, Magier“, rief Naggit.
Warte, Freundchen, bis wir alleine sind.
Droht mir nicht, heilt! Legt Eure Hände auf seinen Bauch und versenkt Euren Geist in den geschundenen Körper.
Hockster kniete sich neben das Bett des Fremden und legte seine Hände neben die Wunde. Die Haut des Mannes war glühend heiß. Hockster schloss die Augen, sammelte all seinen Mut und tastete sich voran. Er tauchte ein in eine Welt aus dunklem und hellem Rot und zerfetzten Muskeln. Als er tiefer sah, veränderte sich die Farbe. Er sah grünes Gift, das beständig gegen das gesunde Rot des Blutes vordrang. Gift! Hockster wusste es, ohne sagen zu können, wie er zu diesem Wissen gelangt war. Die Wunde selbst war nicht lebensbedrohlich und würde irgendwann, selbst mit Hilfe der einfachsten Mittel abheilen, doch das Gift veränderte alles. Es würde den Mann umbringen, unverändert langsam aber sicher.
Hockster löste sich, nahm die Hände vom Körper des Verletzten und richtete sich auf.
Gift , sagte er. Wie soll ich das heilen?
Neutralisiert es, erwiderte Naggit. Hebt es auf, kehrt seine Wirkung um. Tut, was Ihr für richtig haltet. Ihr seid der Heiler.
Wir sprechen noch darüber, Drache, sagte Hockster.
Ich bin direkt hier, Auserwählter!
Hockster drehte sich zu dem Verletzten, legte ein zweites Mal seine Hände auf und versank erneut in das von Gift durchsetzte Gewebe. Zuerst versuchte er, den Ursprung des Giftes zu finden, merkte aber bald, dass das Gift sich schon längst im ganzen Körper ausgebreitet hatte. Er richtete alle seine Sinne auf die grüne Substanz und zog die Flüssigkeit an einem Punkt zusammen, bis nur noch ein grüner Klumpen davon direkt unter seiner rechten Hand lag. Der Bernstein, den er einst in seinem Steinbeutel mit sich getragen hatte, besaß eine wunderschöne hellbraune Farbe und war direkt mit dem Element Erde verbunden. Pflanze oder Tier, aus einem von beiden war das Gift gewonnen worden, verbunden und genährt vom Element Erde. Dorthin sollte es zurück, in die Erde, tiefer als zuvor. Hockster fühlte Hitze, als er den grünen Klumpen Gift malträtierte, ihm die Kraft zu töten nahm und langsam in geronnenes Blut verwandelte, braun von rot durchzogen, erdige Macht, schwer und formbar. Der Klumpen zerfiel fast von selbst, als er seine Farbe verändert und seine todbringende Kraft verloren hatte. Hockster löste die Hände vom Körper des Verletzten und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Der Kranke beruhigte sich,
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