Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Nicht anders erging es uns bei der Feldarbeit. Unsere Ernten blieben ertragreich, aber wir hatten die Verbindung zur Natur verloren. Wir waren Meister des Tötens geworden.
Wir hatten das Glück des Erschaffers kennengelernt und wollten es wiedergewinnen. Jahrelang rangen wir darum, doch fanden wir keinen Weg zurück. Die Hajadas hatten sich verändert und obwohl unsere Zahl stetig wuchs, trug kein Neugeborenes die Talente unserer Vorfahren. Das war eine bittere Zeit für uns. Schließlich beugten wir uns unserer Bestimmung, richteten all unser Sinnen und Trachten darauf, die Meisterschaft des Kriegers zu erhalten. Das ist uns gelungen. Solange auch nur ein Hajada Trenadil verteidigt, wird es nicht fallen. Daran glauben wir.“
Dann erhob sie sich und sah Hockster mitfühlend an. „Ich liebe dieses Land nicht minder als meine Vorfahren, aber ich werde niemals die Zufriedenheit meiner Ahnen empfinden. Sag mir, Hockster Beltrim vom Tarras, bin ich unglücklich?“ Karva wartete nicht auf Hocksters Antwort. Es gab keine und beide wussten es. Sie ging davon, ließ Hockster allein zurück. Nach einigen Schritten wandte sie sich noch einmal um und sagte: „Du bist der Turmalin.“ Dann setzte sie ihren Weg fort und war wenig später verschwunden.
Hockster war völlig verblüfft. Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Zuerst regte sich heftige Ablehnung gepaart mit blinder Wut in ihm, doch beides verging bald darauf. Wenn er in den letzten Wochen etwas gelernt hatte, dann, dass Karva nichts ohne Grund tat oder sagte. Aber die Botschaft, die sich hinter ihren Worten verbarg, konnte er nicht entschlüsseln. Du bist der Turmalin! Was bedeutete das? Setzte sie seine Fähigkeiten, Magie zu lenken, mit dem Stein gleich? Nein! Der Stein war tot. Er aber nicht. Hockster sprang auf und rief Karva hinterher: „Ich bin kein Stein!“, doch die Hajada war schon lange verschwunden und er bezweifelte, dass sie ihn überhaupt gehört hatte. Das weckte seine Wut erneut. Mit grimmigem Blick zog er den Edelsteinbeutel aus der Tasche, holte weit aus und warf ihn mitsamt den Steinen darin hinaus auf den See. Befriedigt sah er zu, wie er aufschlug und dann langsam versank. Hockster saß noch lange am See und ließ seine Gedanken wandern. Niedergeschlagen kehrte er schließlich in die Feste zurück.
Als er sein Zimmer betrat, erwartete Naggit ihn bereits mit den neuesten Nachrichten. Hockster hörte kaum zu, als der Drache ihm berichtete, wie viele Menschen an diesem Tag vor dem bevorstehenden Winter und der Bedrohung durch die Chetekken in Trenadil angekommen waren. Auch die ständig wachsende Zahl der Soldaten und die Erfolge der Armee interessierten Hockster wenig. Erst als Madigans Name fiel, kehrte sein Blick in die Gegenwart zurück.
„Sie hat den ganzen Tag nach Euch gesucht, wisst Ihr? Karva hat ihr schließlich ihre Sorgen genommen, als sie ihr mitteilte, dass Ihr am Hochsee gewesen seid. Im Augenblick bespricht sie sich mit den Heilern. Wovor versteckt Ihr Euch, Auserwählter?“
„Vor dem Leben oder der Zukunft, was vielleicht dasselbe ist. Ich weiß es auch nicht. Niemand scheint mich zu brauchen, keiner fragt mich um Rat. Die Feste ruht in den besten Händen, aber meine sind es nicht.“ Hockster wanderte ruhelos durch sein Zimmer. „Als ich Diwenstein gründete, war das ganz anders. Ich war für das Wachstum und das Wohlergehen meiner Stadt verantwortlich. Was ist aus mir geworden? Sieh mich doch an. Alles entgleitet mir, selbst Madigan geht mir aus dem Weg.“
„Ihr seid nicht bei Trost! Sie spricht immer wieder von Euch, allein ihre vielfältigen Aufgaben hindern sie daran, Euch die Zeit zu widmen, die Ihre Gefühle zu Euch verlangen. Habt Geduld. Alles wird sich regeln.“
„Wie geht es ihr?“
„Gut, abgesehen davon, dass ständig jemand in ihrer Nähe ist, allen voran Krull, Varna, Garlit und Trewel. Ich weiß nicht, wie sie das aushält. Alle vier überschütten sie mit ihrer Liebe und versuchen sich gegenseitig auszustechen. Allein Tira, Karva und ich bewahren die nötige Ruhe und helfen, wenn die anderen es gar zu toll treiben. Habt Ihr das Bedürfnis, weitere Nachrichten anzuhören? Nein? Dann werde ich Euch jetzt allein lassen. Habt die Güte und öffnet mir die Tür. Ich mag den Geschmack von eisernen Türklinken nicht länger ertragen.“
Als Naggit fort war, schob Hockster einen Sessel ans Fenster, setzte sich hinein und wartete auf den Abend. Bei Anbruch der Dämmerung brachte ein Küchenjunge ihm
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