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Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Merten
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in dieser Nacht kaum.

5. Ein Ort des Wissens und des Lernens
     
    Jede Stadt ist einzigartig; manchmal dauert es Jahre, bis man sich darin zurechtfindet. Grundlegendes Wissen erwirbt man, indem man die Örtlichkeiten nach und nach kennenlernt – die Straßen, Plätze, Wege und Gassen. Hockster hatte während seines kurzen Aufenthaltes in Idenhal nichts dergleichen getan. Außer einer Ladenstraße, dem Markt- und Turnierplatz und schließlich der prächtigen Promenade, die hinauf zum Palast führte, hatte er nichts gesehen und kannte sich in Idenhal nicht aus. Am Vormittag, zwei Stunden nach seinem Abschied von Delek, irrte er durch das Nordviertel der Stadt, auf der Suche nach dem Hafen.
    Hockster hatte sich verlaufen! Wie viele Leute er inzwischen nach dem Weg gefragt und wie viele falsche Antworten er daraufhin bekommen hatte, konnte er kaum noch zählen. Endlich stieß er auf ein vertraut scheinendes Gebäude. Er lief daran vorbei, roch würzige Seeluft, bog ab und sah schließlich das Meer. An einem der unteren Hafenkais fand er das kleine Schiff ‚Seerose’, mit dem er, Madigan und der Söldner, vor einigen Tagen – Hockster erschien es wie eine Ewigkeit – hier angekommen waren. Er ging an Bord, verstaute die Vorräte, die er von Delek gekauft hatte unter Deck, setzte das Segel und steuerte vorsichtig die Hafenausfahrt an. Er saß auf der harten Ruderbank, während der Hafen und Idenhal immer weiter zurückblieben. Als er das offene Meer erreicht hatte, steuerte er nach Osten.
    Die ersten Tage auf See verliefen gleichmäßig und ereignislos. Hockster saß meist still da, die rechte Hand um den Schaft der Ruderpinne gelegt, und betrachtete den Himmel und das endlose Meer. Zuweilen eilten seine Gedanken davon, erschufen Länder hinter dem Horizont und Städte, in denen das Glück für jedermann zu finden war. Dann kehrte er wieder zurück, fühlte das harte Holz der Ruderpinne in seiner Hand, hörte den Wind das Segel bauschen und seufzte schwer. Zu seiner Rechten erstreckte sich die sandige Küste Nordheetlands. Sein Weg führte ihn immer weiter nach Osten, der Küstenverlauf war sein Wegweiser. Irgendwann würde die Küste in einem weiten Bogen nach Süden biegen. Diesen Moment durfte er auf gar keinen Fall verpassen, denn auf dem offenen Meer war das leichte Boot den mächtigen Wellen des Ozeans hilflos ausgeliefert.
    Nach zehn Tagen auf See, die Küste immer im Blick, wagte er es nicht mehr zu schlafen, aus Angst, den Küstenverlauf aus den Augen zu verlieren. Die Nächte waren besonders anstrengend. Er kannte weder den Verlauf der Seerouten entlang der Küste, noch wusste er, wo die Riffe und Sandbänke waren. Zuweilen verlor er in der Dunkelheit das graue Band des Strandes aus den Augen. Seine geringen Kenntnisse als Seefahrer brachten ihn ebenso in Gefahr wie die wolkenverhangen Nächte, von denen sich eine an die andere reihte, und er fragte sich nicht zum ersten Mal, ob er nicht besser ein Pferd gekauft und geritten oder gar auf seinen eigenen Beinen nach Hause gelaufen wäre. Aber das Schiff war ihm um soviel praktischer erschienen, zeitsparender, und die Fahrt mit dem kleinen Segelboot half ihm die schönen Erinnerungen an Madigan zu bewahren.
    Die Frau von den Sternen hatte ihn manches gelehrt, wovon die Schifffahrt sicher nicht das Geringste war. Madigan war ihm ohne Vorurteile begegnet - ein seltenes Glück für jemanden von zwergenhaftem Wuchs. Sie hatte ihn zum Mann gemacht, was sie nicht wissen konnte, sicher aber aufgrund seiner Unbeholfenheit bemerkt hatte. Hockster liebte Madigan mehr als alles andere, seine Edelsteine eingeschlossen. Doch sie hatte sich von ihm abgewandt, ihn zurückgelassen, und ging einer ungewissen Zukunft entgegen. Ohne ihn! Damit er tun konnte, was die drei fremden Gestalten ihm aufgetragen hatten. Mit seiner Heimkehr würde er nicht nur sie enttäuschen.
    Nach mehr als einer Woche auf See wurde es Hockster zu gefährlich und er beschloss, nur noch am Tag zu segeln. In der Abenddämmerung holte er die Segel ein, warf den Anker aus und wartete auf den nächsten Morgen. Das erlaubte es ihm immerhin, seine Nächte in der Kajüte zu verbringen, auch wenn er meist schlecht und unruhig schlief. Irgendwann, an einem der folgenden Tage, führte der Verlauf der Küste ihn in einem weiten Bogen nach Süden. Er lachte vor Freude! Er war auf dem Weg nach Hause, hatte es allein geschafft. Jetzt konnte nichts mehr passieren.
    Rechts von ihm erhoben sich die Ausläufer der

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