Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)
zog am Holz, er stolperte nach vorne. Ein Splittern und Krachen ertönte, der Zug ließ nach. Hockster betrachtete das Holz, oder das, was davon noch übrig war. Faserige Holzspäne klebten an der Bissstelle, die feucht von Speichel war. Angewidert warf er die Überreste durch das Tor. Die Nebelwand verschluckte es, als hätte es nie existiert. Wieder erklang das Krachen, gefolgt von einem seltsamen Geräusch, als würde jemand ausspucken. Gedankenschnell ließ Hockster sich fallen. Das abgebissene Stück Holz flog heran, verfehlte ihn nur knapp und schlug irgendwo hinter ihm ein. Nein, hier gab es kein Weiterkommen. Was auch immer hinter dieser Wand auf ihn wartete, machte wahrscheinlich keinen Unterschied zwischen ihm und einem Stück Holz.
Gefangen, dachte Hockster. Hinaus konnte er nicht und irgendwo in der Festung lauerte der Chetekkenmagier. Müde wandte er sich um, da fiel sein Blick auf eine Erhebung an der Wand. Es war eine Steintafel, gleich neben dem Tor. Die Schrift war frisch, als wäre sie gerade erst in den Stein gemeißelt worden. Auf der Tafel stand:
FESTE TRENADIL
Sommerresidenz des 14. Königs zu Heetland
Erbaut während der Herrschaft seiner Majestät
König Vidal
Als der Morgen graute saßen Millen Hoog, Eman Delles, Figele und Serima noch immer an dem kleinen Tisch in Hocksters Schlafzimmer. Sie hatten sich nicht auf das weitere Vorgehen einigen können. Ein jeder von ihnen, vielleicht mit Ausnahme der Heilerin, hatte insgeheim gehofft, Hockster würde im Verlaufe der Nacht wieder erwachen, um die Geschicke der aufstrebenden Stadt wie gewohnt zu lenken. Doch jeder verstohlene Blick der Anwesenden hinüber zu seinem Bett bestätigte nur, was bislang alle wussten: Hocksters Zustand war schlecht. Serima konnte nichts weiter für ihn tun.
Die Heilerin saß stumm und ein wenig niedergeschlagen zwischen den anderen und lauschte ihren Vorschlägen. Millen und Figele vertraten einhellig die Meinung, dass Hocksters Zustand geheimgehalten werden sollte bis er aus seiner Ohnmacht erwachte. Eman Delles war der Ansicht, dass im Gegenteil jeder Bürger über den Zustand des Gründers aufgeklärt werden müsse.
Serima kannte die Menschen und wusste sie einzuschätzen. Während Millen Hoog ein Mann war, der jede Verantwortung scheute, glaubte sie in Figele jemanden zu erkennen, dem es nur um die Ausübung seines Berufes als Schauspieler ging. Eman Delles hingegen hatte durch seine häufig lange Abwesenheit, die sein Beruf als Karawanenführer mit sich brachte, mit den Vorgängen in Diwenstein wenig zu tun und suchte die Verantwortung nun auf alle Bürger der Stadt zu übertragen. Keiner der drei wollte die Erfordernisse der Situation anerkennen und so lamentierten sie schon die halbe Nacht.
Das hitzig geführte Gespräch endete abrupt, als Hockster aufstöhnte. Sein linker Arm hob sich, die linke Faust öffnete sich, schloss sich wieder und wurde mitsamt dem Turmalin behutsam in die Hosentasche geschoben. Danach lag Hockster wieder still.
Serima eilte hastig zu seinem Bett und untersuchte den wie leblos daliegenden Mann. „Keine Veränderung“, erklärte sie enttäuscht, als sie sich wieder aufrichtete und den drei Männern in die Augen sah. „Er ist noch immer bewusstlos.“
„Aber er hat sich bewegt!“, beharrte Millen.
„Das war offensichtlich“, sagte Serima.
„Also geht es ihm doch gut, oder nicht?“
In diesem Moment gab Serima ihre Zurückhaltung auf. Sie baute sich vor den drei Männern auf, die Hände in die Hüften gestützt. „Jetzt ist Schluss!“, erklärte sie schneidend. „Hockster ist scheinbar in dieser anderen Welt gefangen und der Rückweg ist ihm versperrt. Was auch immer der Grund dafür ist, er findet vorerst keinen Weg zurück. Er braucht mehr Zeit! Für uns bedeutet das, dass wir auf uns gestellt zusehen müssen, wie wir und vor allem wer die Geschicke Diwensteins fortan lenkt. Du, Eman, wirst in den nächsten Tagen nach Brakant aufbrechen, um einen weiteren Wagenzug mit Waren zurückzubringen.“ Sie wandte sich Figele zu. „Es ist außerdem offensichtlich, dass du ausschließlich an deiner Kunst interessiert bist – und was dich angeht, Millen, so bist du ein ausgezeichneter Verwalter, aber unfähig und auch nicht gewillt, irgendeine Form von Verantwortung zu übernehmen. Also werde ich es tun – zumindest solange bis Hockster wieder erwacht oder ein anständiger Stadtrat von allen Bürgern Diwensteins gewählt worden ist. Ich stimme Eman insofern
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