Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)
fragte Hockster.
„Zwölf Tage. Gestern bist du zum ersten Mal aufgewacht. Was ist passiert?“
Hockster schüttelte den Kopf. „Später!“ Er betrachtete Garlit, der ihn noch immer mit einem entschuldigenden Lächeln ansah. Hockster konnte nicht anders, als das Lächeln zu erwidern. „Karawanenbegleiter?“, fragte Hockster. „Was sonst noch? Willst du dich hier niederlassen?“
„Ja und nichts weiter und nein“, erwiderte Garlit. „Ich habe mich eine Zeitlang als Dieb versucht, dann als Schmuggler und auch als Leibwächter. Aber ohne großen Erfolg.“
„Was dir mehr Sympathien einbringt als du ahnst, junger Mann“, sagte Serima ernst.
„Dann traf ich Tira und wir beschlossen, als Geleitschutz für Karawanen zu arbeiten.“
„Kann man davon leben?“, wollte Hockster wissen.
„An guten Tagen schon.“
„Wie war die Reise?“
„Die erste Hälfte verlief ereignislos“, erwiderte Garlit. „Etwa sechs Tagesreisen vor Diwenstein trafen wir auf Chetekken. Tira geriet in einen Hinterhalt, konnte sich aber retten. Wir sind den Schlangen dann aus dem Weg gegangen und erreichten Diwenstein ohne weitere Zwischenfälle.“
„Was ist inzwischen hier geschehen?“, fragte Hockster an Serima gewandt.
Vor dieser Frage hatte Serima sich gefürchtet, seit Hockster zum ersten Mal aufgewacht war. Sie atmete tief ein.
„Na“, ermunterte Hockster sie, „so schlimm wird es schon nicht sein.“
„Als deutlich wurde, dass etwas dich festhielt und ich auch nicht sagen konnte, wann du wieder zu uns zurückkehren würdest ... oder ob du überhaupt je wieder aufwachen würdest, haben Figele, Millen, Eman und ich beschlossen, dass Diwenstein nicht länger vom Gesundheitszustand eines einzigen Menschen abhängig sein darf – auch wenn er noch so viel geleistet hat, ja die Gründung unserer Stadt überhaupt erst möglich gemacht hat. Es tut mir leid, Hockster, aber vor vier Tagen haben die Bürger der Stadt einen Stadtrat und einen Bürgermeister gewählt.“
Die Anwesenden hielten den Atem an. Hockster lächelte erleichtert. „Gut gemacht!“, lobte er. „Das war die richtige Entscheidung.“
„Du bist nicht enttäuscht oder gar wütend?“
„Wütend? Nein! Ein wenig enttäuscht vielleicht. Ihr habt alles richtig gemacht. Es war ohnehin Zeit, einen Rat einzusetzen. Der Bürgermeister – wie ist sein Name?“
„Glan Vickert“, erwiderte Serima schnell.
Hockster nickte. Er erinnerte sich gut an den untersetzten Kaufmann. Er war vor etwa einem halben Jahr angekommen. Gleich nach seiner Ankunft hatte er Hockster zum ersten Mal aufgesucht und in den folgenden Monaten hatten sich die beiden Männer immer wieder in unregelmäßigen Abständen getroffen. Hockster schätze Vickert als verlässlichen, geradlinigen Mann. Er würde Diwenstein gut verwalten. „Eine letzte Nachricht gibt es noch“, sagte Serima.
„Ja?“
„Räubermarkt wurde von den Chetekken dem Erdboden gleichgemacht. Es gab nur fünf Überlebende. Drei Frauen und zwei Kinder. Sie wollen bleiben.“
„Rikat?“, fragte Hockster.
Serima schüttelte nur stumm den Kopf. Hockster nickte traurig, schlug dann entschlossen die Bettdecke zurück, schwang die Beine über den Bettrand und fragte: „Wo ist mein Hut?“
„Du willst doch wohl nicht aufstehen?“, fragte Serima überrascht. „Du bist noch viel zu schwach dazu!“
„Ach, was“, erwiderte Hockster, „Sieh nur, die Sonne scheint und es ist warm. Ich werde ganz still vor meiner Hütte sitzen und den Leuten bei der Arbeit zusehen.“ Und genug Mut sammeln, um euch zu verlassen, dachte er im Stillen.
Serima stöhnte resignierend. „Garlit, nimm diesen Korbstuhl und trage ihn hinaus“, befahl sie. „Horinda, mach uns bitte frischen Tee und sorge dafür, dass dieser unvernünftige Mann davon trinkt.“
Hockster erhob sich mühsam vom Bett. Einen langen Augenblick stand er unsicher da. Er fühlte sich schwach. Serima reichte ihm seinen Hut, er nahm ihn und setzte ihn auf. Mit steifen Schritten und schwankendem Gang verließ er das Zimmer, dicht gefolgt von Serima, die das Schlimmste befürchtete. Draußen angekommen ließ Hockster sich schwerfällig in den Korbstuhl fallen. Garlit setzte sich neben ihn auf den Boden und lehnte seinen Rücken an die Hüttenwand.
Einige Bürger sagten, Diwenstein, die Stadt des Wissens, wäre tatsächlich einem Buch sehr ähnlich. Man könne überall etwas zu lesen finden, lernen und Fragen stellen, wenn man das Buch aber zu fest zuklappt,
Weitere Kostenlose Bücher