Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)

Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Scharnbeck
Vom Netzwerk:
Pinselstrich zu machen. Erst als ich den Blick von Klein-Raik, der Puppe, auffing, ließ urplötzlich meine tänzerische Begeisterung nach. Bildete ich mir das ein, oder wirkte seine Miene heute ein ganz klein wenig amüsiert? Lachte er gar über mich? Fand er mein Tanzen albern? Kurzzeitig raste mir die Idee wie ein Eilzug durch den Sinn, ihn einfach so umzudrehen, dass er zum Fenster hinausschauen musste, und mich des lästigen Zuschauers zu entledigen, doch verzichtete ich letzten Endes darauf. Die Luft war raus, gesittet und völlig konzentriert übte ich mich weiter darin, eine schnurgerade Abschlusskante über der Scheuerleiste hinzubekommen.
     Nach vollbrachter Arbeit war ich zufrieden mit mir. Ich hatte getan was ich konnte. Die leichten Abweichungen vom farbigen Weg einer präzisen Vollkommenheit waren mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen und meines Perfektionismus müde, lächelte ich ihnen etwas verkrampft, aber versöhnlich zu, um das Wissen ihres Vorhandenseins sogleich aus meinen Gehirnzellen zu streichen.
     Ich hatte rasch die Abdeckplanen von den Möbeln und die letzten Farbspritzer entfernt, die Pinsel gereinigt, auf deren Stiele der Aufdruck „Reine Chinaborsten“ zu lesen war, was mich aber nicht viel schlauer in Hinblick auf die Herkunft der Haare machte, und überlegte nun, was ich mit dem restlichen Tag und dem Urlaub tun sollte. Natürlich war es eine infame Illusion Zeit zu haben, denn kaum dachte ich darüber nach, fielen mir tausend weitere Dinge ein, die zu erledigen waren. Und das naheliegenste war, einen neuen Teppich zu besorgen. Sorgfältig maß ich mit dem Zollstock den Fußboden aus und notierte mir die Zahlen in meinem Gedächtnis. Dann machte ich mich frisch, zog mir gesellschaftsfähige Klamotten an, eine leichte beigefarbene Sommerhose und ein gehäkeltes, bauchfreies Top zu offenen Schuhen, und schlenderte die Straße zur U-Bahn entlang. Als ich das Haus verließ, hörte ich auf der Treppe hinter mir vorsichtig eine Tür schließen. Hatte er noch immer nicht genug vom Spionieren? Egal. Ich kümmerte mich jetzt zuerst um das, was vor mir lag, und das war in diesem Moment ein Teppich aus dünnen, knisternden und zusammengerollten Rindenstreifen. Mir fiel auf, wie heiß es geworden war und die Platanen, welche die Straße säumten, warfen ihr Kleid ab, als würde ihnen in der Hitze ebenfalls viel zu warm sein, um noch den kleinsten Fetzen Rinde am Leib zu tragen. Ich war froh, dass ich den Großteil meiner Arbeit geschafft hatte, denn nun, wo sich der Sommer in so massiver Weise ankündigte, würde es schwer werden, anstrengendere Tätigkeiten zu verrichten. Die Hängemattensaison war eröffnet.
     In der Hitze lief alles gemächlicher ab, selbst auf der U-Bahn-Station herrschte bis auf die hindurchrauschenden Züge ein gemäßigtes Tempo. Gemütlich rumpelte der Waggon die alte Hochbahn entlang und ich ging meiner heimlichen Leidenschaft, dem Balkon-Gucken, nach. Dies konnte man in der Bahn besonders gut, da man auf gleicher Höhe mit den eskortierenden Fassaden ist, und schmunzelnd bemerkte ich einen alten, schon strohbraun vertrockneten Weihnachtsbaum, der auf einem der Balkone sein kärgliches Dasein fristete, in Gesellschaft eines Pappmachè-Schneemanns, welcher nur wenige Meter weiter auf die Straße hinunter winkte. An meinem Ziel, einem großen Möbeleinrichtungshaus, angekommen, wanderte ich durch die Teppichbodenabteilung, die im übrigen angenehm klimatisiert war, und hatte bald einen hell gemuschelten Schurwollteppichboden entdeckt, welcher sofort mein Herz eroberte. Der Kaufvertrag wurde unterschrieben und der Liefertermin ausgemacht. Einen schönen Tag wünschte mir der junge Verkäufer und den würde ich haben.
     Zeitlos bummelte ich die Schaufenster entlang, ohne Absicht irgendetwas zu kaufen. Mit solchen Entscheidungen wollte ich mich heute nicht mehr belasten. Stattdessen holte ich mir ein Softeis und ließ mich auf einem der Stühle dicht neben den Wasserkaskaden nieder, welche in der Sonne glitzerten und ab und zu erfrischende Almosen zu mir herüber schickten. Faul knabberte ich an der Eiswaffel und schaute in die wirbelnden kleinen Strudel, welche das fallende Wasser hinterließ, als ich hinter mir eine Stimme hörte.
     „Guten Tag!“
     Neugierig schaute ich mich um und da stand der Herr Luchterhand, blass und grau. Eine melierte Strähne fiel ihm vorwitzig in die Stirn, was ihm ein etwas aufgelöstes Aussehen gab und irgendwie überhaupt nicht zu

Weitere Kostenlose Bücher