Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)
Es war ein guter Tag gewesen, ich fühlte mich leicht, entspannt und kaum noch besorgt, obwohl Christines Worte immer wieder durch meine Tagträume schlichen. Ich hoffte, dass es so bleiben würde, dass alles gut sein würde und ich den Rest meines Urlaubs froher Dinge sein durfte. Auch wenn ich es immer schon ziemlich einfach fand, in den Widernissen des Lebens, so lange sie nicht an die Existenz gingen, eine gewisse Leichtigkeit und die Freude am Lachen zu bewahren, wusste ich ebenfalls aus meinen Erfahrungen, dass es schwierig wurde, sobald andere Menschen ins Spiel kamen, insbesondere jene, die aus Angst, Unzufriedenheit, Frust, Stress und anderen Ursachen heraus in der Lage waren, ihre gesamte Umgebung mit ihrer inneren Angespanntheit zu vergiften und anzustecken, bis jeder sich wie lebendig eingemauert fühlt, der sich nur ein paar Meter zu dicht an sie heranwagt. Diesmal war es anders. Diesmal war es kein Mensch, nichts Lebendiges, dass sich auf mein Gemüt legte, oder etwa doch? War es wirklich nur ein Fleck, waren es wirklich nur Träume? Ich kam zu der Ansicht, dass ich nichts davon wissen wollte und verdrängte jeden bangen Gedanken, der sich kurzzeitig zu sehr in mein Bewusstsein drängte, um meine gute Laune zu verderben und mich den Schrecken zu lehren.
So sehr ich mich auch bemühte, ich ertappte mich trotzdem dabei, wie ich mit ängstlicher Erwartung die Wände meines Zimmers belauschte, als befürchtete ich etwas zu hören, etwas, das so grauenvoll war, dass es mich auf der Stelle umbringen würde. Doch die Wände schwiegen. Und bewegten sich nicht. Die Erinnerung an mein neugieriges Gegenüber brachte mich dazu, mich beobachtet zu fühlen und die Gardinen zu schließen. Aber selbst jetzt ließ dieses schmerzhaft prickelnde Gefühl, nicht mit mir allein zu sein, nicht nach. Schritte neben mir im Hausflur, Schritte über mir auf dem Dachboden, dann wieder Ruhe und Schritte die Treppe hinunter. Eine Weile darauf erneut Schritte, über, neben, unter mir. Eine Tür fällt zu und ich schrecke auf, nicht wissend, wie lange ich so im Halbdunkel gesessen und auf die Geräusche aus den Nachbarwohnungen geachtet hatte. Langsam bewege ich mich in die Küche, starre dort die Decke an, suche die Wände ab, ohne zu wissen wonach. Finde an der Kante zur Decke, über der Landhaus-Gardinenstange mehrere stecknadelkopfgroße, dunkle Löcher, zumindest halte ich sie auf Anhieb dafür und glaube, durch sie hinweg ausgespäht zu werden. Hole eine Tube Schnelltrockenspachtel, steige auf die Leiter, untersuche die Löcher mit einem Rouladenspieß nach ihrer Tiefe und schmiere sie zu.
„Was tue ich hier?“, alarmiert schaue ich mich um. „Ist es jetzt soweit? Drehe ich jetzt durch? Höre ich bald Stimmen?“
Es hilft nichts. Die Schärfe meiner eigenen Worte bringt mich nicht davon ab, neben mir zu stehen und dabei zuzuschauen, wie ich eine Wand nach der anderen nach den kleinsten Rissen, Löchern und Vertiefungen absuche, um sie sofort zu verspachteln. Das Halbdunkel des Sommertages ist inzwischen dem lichtreichen Dunkel einer Mondnacht gewichen. Nach vollbrachter Arbeit setze ich mich stumm, mit stillen Bewegungen, in das Dunkel in der Mitte des Zimmers und weiterhin sind meine Augen ruhelos auf Wanderschaft, an den Wänden und der Decke entlang, ohne dass ich eine Lampe entzündet hätte. Inmitten der fensterdurchbrochenen, schwebenden Schatten fühle ich mich sicher. So wenig wie ich sehe, so wenig sieht der Späher hinter der Wand. Lang sitze ich so, die Hände in den Schoß gelegt, die Füße sorgsam nebeneinander, den Rücken aufgerichtet, die Ohren auf das Hören gerichtet und die Augen auf das Sehen, misstrauisch schweifend, mit dem erschreckenden Gefühl, nicht allein zu sein, und nur diese eine Stimme in meinem Kopf fragt wie aus weiter Ferne: „Was mache ich hier?“
In dieser Haltung musste ich eingeschlafen sein. Als ich die Augen aufschlug, konnte ich mich erst nicht erinnern, wo ich mich befand. Die Uhr zeigte eine halbe Stunde nach Drei und ein Blick aus dem Fenster ließ mich wissen, dass der Morgen bereit war, sich aus den nächtlichen Niederungen zu erheben. Hatte ich geträumt? Nein. Erleichtert atmete ich auf und überlegte, ob ich es wagen könnte, mich in das Bett zu legen. Während ich darüber nachdachte, schlich ich so vorsichtig durch die Wohnung, als befände ich mich in einem mir völlig fremden Zuhause, in welchem ich jeden Moment entdeckt werden könnte. Noch immer suchten meine
Weitere Kostenlose Bücher