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Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)

Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Scharnbeck
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lächelnd.
     „Als Pirat hat man auch keinen guten Ruf zu verlieren, als Frau jedoch durchaus“, entgegnete Wil spitzfindig.
     Piotr bestand darauf, nun ihre Geschichte erfahren zu wollen, und erreichte endlich, dass sie wieder mit ihm in sein dunkles Kabinett stieg, wo er behutsam eine neue Kerze entzündete und den Füllstand des Samowars prüfte. Wachstropfen hatten ihre Spur auf dem dunklen Holz des Tisches hinterlassen, er öffnete das Fenster, um die kühle Nachtluft hereinzulassen, bevor er sich erneut zu Wil setzte. Fragend und auffordernd schaute er sie an.
     „Na ja“, begann sie, „wie ich Pirat geworden bin, weißt du ja jetzt. Was an jenem Morgen auf der „Wassilissa“ geschah, hast du sicher noch gut in Erinnerung. Ferdinand, der alte Seebär, war außer sich, als ich ihn aufgehalten habe und ich wusste, dass er dies mir niemals verzeihen würde. Seine Augen sprühten vor Hass und ich fürchtete fast ein wenig, er würde den Verstand verlieren. Die Demütigung, dass sich ihm als Kapitän jemand widersetzte, war für ihn wohl nicht zu ertragen und wenn ich nicht einen guten Grund gehabt hätte, ihn zur Vorsicht zu zwingen, hätte er sich meiner wahrscheinlich schnellstens entledigt und mich am Mastbaum aufgeknüpft. Doch auch so war er von nun an ständig darauf bedacht, mich bei irgendeinem Fehler zu erwischen. Ich wusste, er würde jede Gelegenheit nutzen, um mich unschädlich zu machen. Mir erging es ab da genauso wie dir, nur mit dem Unterschied, dass du für ihn nicht gefährlich warst, ich jedoch sehr wohl. Denn ich hatte etwas gesehen, das seinen Status als Kapitän unter seinen anderen Gefolgsleuten hätte enorm ins Wanken bringen können, wenn sie es erfahren hätten. Um genauer zu sein, ich sah, wie er sich unrechtmäßig am Zarengold bereichert hat, bevor die anderen es überhaupt zu Gesicht bekamen. Während ich mich hinunter in das Schiff geschlichen hatte, in der Hoffnung, dich irgendwo dort aufzuspüren und dir helfen zu können, das Schiff unentdeckt zu verlassen, sah ich ihn durch Zufall hinter einer Tür, wo er sich diverse Kleinodien in seinen Wams steckte. Ich verbarg mich - das Gold interessierte mich nicht -, und folgte ihm, weil ich vermutete, er würde mich zu dir führen, womit ich richtig lag, und so konnte ich rechtzeitig auftauchen, als der Käpt’n auf dich traf. Ich sagte ihm, was ich gesehen hatte, und du weißt ja, wie die anderen sind – die reinsten Geier. Unter dem Vorwand des Ehrenkodexes hätten sie ihn sofort gelyncht, wenn sie etwas davon erfahren hätten, denn schließlich sollte die Beute gerecht aufgeteilt werden. Und die Warnung, dass ich sofort der Besatzung seines Schiffes alles erzählen würde, was er getan hat, während seine Leute sich noch in dem blutigen Gemetzel an Deck schlugen, sobald ich nur den kleinsten Hinweis darauf hätte, dass er mir ein Härchen krümmen will, nahm er außerordentlich ernst, wie du dir vorstellen kannst. Aber ich spürte, dass es ihn wurmte und dass er mich, obwohl ich versprochen hatte, ansonsten nichts zu erzählen, als Gefahr betrachtete. Seine finsteren Blicke verfolgten mich überallhin, was es mir zunehmend erschwerte, meine Tarnung aufrechtzuerhalten.“
     Ihr Blick huschte gehetzt zum Fenster, als sei sie wieder auf dem „Sturmvogel“ und müsste jeden Moment die Entdeckung ihrer wahren Identität oder Schlimmeres erwarten. Die einsamen Rufe eines Nachtvogels drangen leise in die Stube und schwangen sich, verlorenen Seelen gleich, bis hinüber zum Kachelofen, um sich dort zu wärmen. Piotr sagte nichts, sondern wartete, bis sie bereit sein würde, die Erzählung fortzusetzen.
     „Es war ein mörderisches Katz- und Mausspiel. Er war die Katze, ich die Maus, und ich wusste, dass er mich irgendwann, in einem unaufmerksamen Moment kriegen würde, schneller als ich überhaupt 'Piep' sagen könnte, und dann wäre er alle seine Sorgen los gewesen. Dies wollte ich ihm jedoch nicht gönnen und so entschied ich mich, bei Nacht und Nebel das Schiff zu verlassen. Die Entscheidung fiel mir schwer, denn ich habe nichts gelernt, bin noch dazu eine Frau und hatte nie ein anderes Zuhause. Ich wählte deshalb einen Zeitpunkt aus, als wir erneut vor der baltischen Küste kreuzten, weil ich hoffte, dich hier finden zu können. Mein Anteil am Schatz half mir, ein kleines Zimmer zu mieten, Frauenkleider zu kaufen und mich über Wasser zu halten. Hier auf dem Festland ist es für eine Frau einfacher, weil sie sich auf

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