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Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)

Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Scharnbeck
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Gesicht stand er am Bug des Schiffes und erteilte seine Befehle. Allerdings fiel auf, dass er sich äußerst schnell stets wieder in seine Kajüte zurückzog und sich regelrecht verbarrikadierte. Ihm konnte die feindliche Stimmung nicht entgangen sein. Ob er etwas ahnte?
     Der Tag verging mit träger Langsamkeit, als hätte er etwas dagegen, jemals zu enden. Wil konnte ihre Ungeduld kaum zügeln. Noch immer saß die Abendsonne im rosa Wolkennest und Käpt’n Ferdinand machte keine Anstalten, sich in seine Kajüte zu begeben. Noch immer lag der endlose Horizont vor ihnen und Ferdinand glaubte, er könne sich wieder beliebt machen. Er gab sich nämlich jovial und gesellig und verkündete, eine Runde des besten Weines ausgeben zu wollen, von welchem an Bord nur ein einziges Fass existierte. Außerdem wies er Schiffskoch Heiner an, mit den Essensportionen für heute ausnahmsweise einmal großzügig zu sein. Dieser ließ sich das nicht zweimal sagen und trug bergeweise Vorräte aus dem Laderaum. Auch die Mannschaft begrüßte die plötzliche Freigiebigkeit ihres Kapitäns, doch den meisten war durchaus bewusst, dass dies nur der Versuch war, einer Meuterei zu entgehen und seinen Hals zu retten. Viele Augenpaare beäugten deshalb ebenso misstrauisch wie amüsiert seine Bemühungen. Seine partielle Schreckhaftigkeit passte wenig zu dem leutseligen Auftreten, dessen er sich befleißigte und irgendwie schien er ständig jemanden hinter sich zu vermuten. Die Mannschaft jedoch hatte vorerst anderes im Sinn und gab sich freudig dem Genuss hin.
     Während des ausgiebigen Abendmahles und Umtrunkes war es allmählich dunkel geworden und alle warteten, dass Ferdinand endlich seine Kajüte aufsuchte. Der dachte aber gar nicht daran. Holger und Ketten-Hannes schauten sich bedeutsam an, dann ergriff Ketten-Hannes das Wort: „Zeit um ins Bett zu gehen, nicht wahr, Meister?“
     „Ach wieso denn? Jetzt ist es doch gerade richtig gemütlich und ich bin nicht müde.“
     Ketten-Hannes schwieg. Nach einer längeren Pause wiederholte er etwas nachdrücklicher: „Sie sollten zu Bett gehen, Käpt'n!“
     Dieser schüttelte den Kopf. „Nein, noch nicht.“
     Wieder schauten sich Ketten-Hannes und Holger an. Dann erhob sich ersterer und pflanzte sich gemächlich vor Ferdinand auf. „Wir befehlen Ihnen, sich in Ihre Kajüte zu begeben.“
     Mit geweiteten Augen blickte Ferdinand auf und das sturmgegerbte Gesicht verfärbte sich kräftig rot wie in seinen besten Zeiten. So plötzlich wie er sie aufgerissen hatte, verengten sich seine Augen wieder und er brüllte: „Ihr Verräter! Ihr habt euch gegen mich verschworen! Abschaum! Dreckspack! Ihr seid nichts! Ihr habt mir nichts zu befehlen. Ich bin hier der Kapitän!“ Wütend spuckte er aus, doch noch bevor er seinen Säbel halb gezogen hatte, umringte ihn ein ganzes Rudel von Piraten mit drohenden Klingen. Die Neuigkeit von der selbstsüchtigen Raffgier des Kapitäns und seinem Verrat an dem Codex war inzwischen bis zum letzten Glied der Mannschaft vorgedrungen. Gegen diese Übermacht hatte er keine Chance. „Nicht mehr lange!“, antwortete demzufolge Ketten-Hannes. Erste Stimmen wurden laut, ihn sofort zu lynchen. Warum erst lange warten, er hatte den Tod verdient. Stattdessen hatte er ein letztes Mal Glück und wurde nur gewaltsam in seine Kajüte hineinkomplimentiert.
     Danach versammelte sich die gesamte Mannschaft um Ketten-Hannes, neben ihm Wil und Holger, und wartete gespannt, was da kommen würde. Dieser begann zuerst, für den Fall, dass es doch noch jemand nicht wusste und zur Auffrischung des Gedächtnisses, die Verfehlungen Ferdinands für alle deutlich hörbar aufzuzählen. Dies schloss er mit dem feierlichen Aufruf, dass es Zeit wäre, einen neuen Kapitän zu wählen. Aber natürlich völlig de... äh...demokratisch – hier spuckte er aus – und gesittet, so wie es sich für Piraten gehört.
     „Warum wirst du nicht unser Kapitän?“, ertönte ein Zwischenruf.
     Ketten-Hannes kratzte sich geschmeichelt am Kopf, aber entgegnete: „Jungchen, solch einer abgewrackten Meute wie euch will man in meinem Alter nicht mehr freiwillig vorstehen.“
     Einige Männer grölten und Ketten-Hannes bat sich mit einem fiesen Grinsen Ruhe aus.
     „Ich stelle euch hier unseren Nachwuchs vor, der bereit wäre das Schiff zu übernehmen.“ Er ergriff Wils Arm. „Wil alias Wilfrid dürfte den meisten von euch noch in guter Erinnerung sein. Sie, äh, er... sie – verdammt –

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