Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)
einigen Wochen Vorbereitung auf den Weg, kehrte als reicher Mann zurück und kaufte eine Insel inmitten der großartigen königlichen Residenzstadt Berlin, wo er sich mitsamt seiner Familie niederließ.
***
Die Taubeninsel hielt mich in ihrem Bann. Jeden Tag, nachdem ich massenweise Papiere gesichtet, geordnet und katalogisiert hatte, durchstreifte ich sie von Süden bis Norden, Osten bis Westen. Nur die Gegend der Wirtschaftshöfe mied ich Raik zuliebe. Doch fürchtete ich nichts auf diesem kleinen Stückchen Land, weder Forstarbeiter noch sonst irgendetwas. Die Stille und weitflächige Unberührtheit sickerten in meine Poren und lösten in mir eine Ruhe aus, welche die Zeit beherrschte und gefügig machte. Ich fühlte mich sicher und aufgehoben inmitten des kleinen Universums, in welchem die Uhren anders tickten. Obwohl die Insel nicht sehr groß war, entdeckte ich trotzdem immer neues in den dichten Wäldern und das Wissen darum, dass die Großstadt nur wenige Minuten entfernt war und gleichzeitig so weit entfernt, als wäre sie gar nicht vorhanden, machte einen zusätzlichen Reiz aus. Viele Tage streifte ich so umher, manchmal begleitete Raik mich, allerdings merkte ich schnell, dass er ziemlich froh war, nicht ständig mit mir auf Wanderschaft sein zu müssen. Dies ist, wie ich glaube, auch der Grund, warum er nie wieder etwas sagte, wenn ich allein ausgedehnte Spaziergänge unternahm. Den Besuch bei Klaus Luchterhand hatten wir hinausgeschoben, da Raik wegen seines Monatsabschlusses keine Zeit fand, um mich zu fahren. Und es eilte ja auch nicht.
Zwischendurch telefonierte ich mit Christine, um ihr die Neuigkeit mitzuteilen, und sie reagierte wenig überrascht. „Es gibt keine Zufälle. Du weißt, was meine Meinung dazu ist.“
Ich erzählte ihr von meinen Zweifeln, ob es überhaupt noch Sinn machte, der Sache nachzugehen. Schließlich fühlte ich mich hier sehr wohl, nichts ängstigte oder belastete mich, zumal ich in einen Zustand übergegangen war, in welchem ich völlig im Jetzt lebte und mir keine großen Gedanken um die Zukunft machte – weder positive noch negative – , sondern alles auf mich zukommen ließ. Doch Christine ermahnte mich durchzuhalten. Wenn ich das Rätsel heute nicht lösen würde, würde es sich früher oder später wieder zu Wort melden, eventuell viel heftiger als vorher. Mit Karma war nicht zu spaßen.
Ich wusste zwar nicht, ob sie mit dem Karma recht hatte, andererseits spürte ich aber, dass zumindest meine Neugier irgendwann erneut erwachen würde, vielleicht erst im hohen Alter, vielleicht schon früher, aber mit jedem Jahr, das vergangen war, würde es wohl schwieriger werden, die Wahrheit herauszufinden.
Endlich hatte sich Raik für einen Tag frei machen können, um mich zu meinem ehemaligen Wohnhaus zu begleiten. In den vergangenen Tagen hatte ich mir meine Münzzeichnungen genauer angeschaut und mit Münzdatenbanken verglichen, außerdem ein paar weitere Mappen und Kisten mit Papieren durchgesehen. Mein Kopf war vollgestopft mit Informationen, die mich nicht weiterbrachten. Es war ein frühherbstlicher Tag mit einer altgoldenen Sonne am Himmel und ich fragte mich bei unserer Abfahrt mit dem Fährboot, wie diese Insel wohl völlig mit Schnee und Eis bedeckt aussehen würde. Sicherlich wunderschön und ich freute mich auf diese Erfahrung, die mir noch bevorstand. Beim Anlegen an der städtischen Seite der Spree kreisten zwei schneeweiße Schwäne im Wasser und folgten uns neugierig an das Ufer. Rudi, der Fährmann, verabschiedete sich und strebte Richtung Biergarten zum Mittagsimbiss.
Auf Raik und mich wartete bereits ein bestellter Wagen. Bei der Überfahrt fühlte ich mich relativ entspannt, doch als ich in das Auto stieg, bemerkte ich, wie eine leichte Aufregung mir den Magen zusammenschnürte. Schon allein der Blick auf die mit Touristen und Berlinern überfüllten Straßen war mir innerhalb von wenigen Wochen fremd geworden, dafür aber auch besonders spannend. Raik fuhr einige absichtliche Umwege durch die Stadt und hielt schließlich vor einem Restaurant, wo wir uns vor der Weiterfahrt mit Omeletts stärkten, obwohl sich mein Appetit in Grenzen hielt.
Endlich bogen wir in die kleine Straße, die einmal meine Heimat gewesen war. Es schien mir doppelt verwunderlich, dass mir in wenigen Wochen ein Ort so fremd werden und sich trotzdem so unendlich vertraut anfühlen konnte. Die Geschäfte in der Straße waren noch dieselben und die Bäume
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