Goldhort: Ein Mystery-Thriller (German Edition)
Nachbarn?“
„Ja. Ich werde das Gefühl nicht los, dass ich den Schlüssel zu allem, was mir geschehen ist, bei Herrn Luchterhand finde. Als ich die Zeitungsartikel las, ist mir das klar geworden.“
„Willst du, dass ich dich begleite? Ich mein, ich lasse dich ungern allein dort hin – du weißt schon.“ Er schmunzelte entschuldigend.
„Ich glaube, sprechen muss ich mit ihm allein, sonst könnte er verunsichert sein. Aber ich würde mich freuen, wenn du mich hinbringen könntest und auf mich wartest. Notfalls kannst du mich dann retten.“ Ich zwinkerte verschwörerisch.
„Ob ich dich rette muss ich mir erst noch überlegen“, entgegnete er frech.
***
Gleich im Morgengrauen des nächsten Tages wurde Ferdinand, der berühmte Seebeuter, aus seiner Kajüte geholt, erhielt ein Stück Kautabak und einen Krug Wein, was viele der Mannschaft mit Missfallen sahen, da sie dies für Verschwendung hielten, und wurde am höchsten Mast des Dreimastschoners gehenkt. Seine letzten Worte waren: „Ihr werdet noch bereuen, was ihr getan habt!“, das Übliche halt. Nach drei Tagen begann die rotsträhnige Leiche zu stinken und wurde als Futter für die Fische dem Meer übergeben. Leider fand man unter seinen persönlichen Sachen keinen Hinweis auf das Versteck seiner Beute, die er sich unrechtmäßig angeeignet hatte, was die Piraten davon abhielt, ihn dem Herrn zu empfehlen. Sollte er doch in der Hölle schmoren!
Peter hatte es eilig, wieder nach Hause zu kommen. Er hatte Sehnsucht nach seinem neuen, heilen Leben in Sankt Peterburg und Wil versprach ihm, dass sie als nächstes Kurs auf seine Heimat nehmen würden. Bis dorthin war es jedoch noch eine weite Reise und so genossen sie es, abends im Schein der Schiffslaterne lange über ihre jeweilige Zukunft zu reden. Die Vergangenheit war abgeschlossen.
Nach vielen Tagen hatten sie die englischen Inseln umschifft. Der gute Wein war ausgegangen und die besseren Vorräte waren ebenfalls aufgebraucht. Man darbte bei Schiffszwieback und Rum, während Ausschau nach anderen Schiffen gehalten wurde, die man plündern konnte. Nach weiteren vielen Tagen kam die weißrussische Küste in Sicht. Verloren stand Peter an der Reling und gedachte des schicksalsschweren Tages, als er zuletzt vor dieser Küste kreuzte und sein nacktes Leben retten musste.
Da es für die Piraten zu gefährlich war, direkt im Hafen vor Anker zu gehen, brachten Wil und Schiffskoch Heiner ihn mit dem Rettungsboot an Land. Heiner hatte gleichzeitig den Auftrag, das Proviant tüchtig aufzufüllen. Wil und Peter – Pjotr Petrowitsch, wie er sich hier nannte, gingen zu seinem Juweliergeschäft und konnten sich davon überzeugen, dass während seiner Abwesenheit alles bestens gelaufen war. Dimitri, sein Geselle, hatte sich wirklich einen goldenen Löffel verdient. Piotr Petrowitsch öffnete die Türen zu seinen privaten Zimmern und lüftete kräftig durch. Wenn er daran dachte, dass Wil gleich gehen und er sie wahrscheinlich nicht wiedersehen würde, hatte er einen Kloß im Hals, weshalb er wenig sagte. Auch Wil war recht still und sah stumm zu, wie er seinen Seesack in eine Ecke warf und das Wasser für den Samowar auffüllte. Gemeinsam tranken sie Tee, redeten über dies und jenes, als Wil schließlich das Zeichen zum Aufbruch gab. Heiner würde sicher bereits auf sie warten.
Piotr Petrowitsch bestand darauf, sie zum Hafen zu bringen, wo Heiner tatsächlich schon in einem Ruderboot voller Kisten und Fässer nach ihnen Ausschau hielt. Bevor Wil einsteigen konnte, hielt Piotr Petrowitsch sie zurück und reichte ihr ein elfenbeinernes Klappmesser, dasselbe, das er einst vor vielen Jahren von ihr erhielt, als sie noch ein Er war.
„Du kannst es jetzt besser gebrauchen als ich“, erklärte er und Wil nickte lächelnd, als sie es nahm. Sie wusste, was er meinte. Das Piratenleben war gefährlich und kurz. Wenige wurden sehr alt und die meisten starben eines gewaltsamen Todes. Er hoffte sehr, sie würde auf sich aufpassen und ein langes, abenteuerliches Leben auf See führen, so wie sie es sich gewünscht hatte.
Zwei Jahre nachdem man von Ferdinand, dem Seebeuter, weder etwas gesehen noch gehört hatte, erhielt sein Sohn Karl einen versiegelten Brief. Dieser enthielt eine Karte, sowie genaue Anweisungen, wie er in eine Höhle gelangen konnte, an der Steilküste von Rügen gelegen, in welcher Ferdinand seine Beute aus vielen Plünderungen gut versteckt hatte. Karl machte sich nach
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