Goldmacher (German Edition)
nicht und bekommt Kinder?«, fragte Rosi unvermittelt, sie hatte noch nie mit Paula darüber gesprochen, aber sich und Franz bereits öfter diese Frage gestellt, nicht zuletzt, weil Paula die Lieblingstante ihrer Töchter war.
Paula schaute Pia weiter zu, wie sie ihre Puppe anzog und wieder auszog, bevor sie Rosi antwortete. Sie war jetzt neunundzwanzig Jahre alt und Anton fast zehn Jahre älter als sie, trotzdem, Kinder wünschten sie sich bisher beide nicht. Sie war Künstlerin, zumindest fühlte sie sich so, auch wenn sie weiterhin Modezeichnungen anfertigte. Schon vor einigen Jahren hatte sie Freunde in ihr Atelier eingeladen, um sie zu porträtieren, tatsächlich gefielen die Porträts niemandem und kaufen wollte sie auch keiner. Doch mit der Zeit wurde sie besser und hatte nun sogar ein Porträt von Anton gezeichnet als Vorlage für ein Ölbild. Schon bei den ersten Skizzen hatte sie bemerkt, wie schwierig es für sie sein würde, ihn zu malen. Obwohl ihr alles in seinem Gesicht vertraut war, gelang ihr kein einziger richtiger Strich. Nein, Kinder würden sie nur stören, sie bedrängen, sie war erst am Anfang und eine Ehefrau wollte sie auch nicht sein, sie wollte ungebunden bleiben.
»Ohne Kinder macht es keinen Sinn zu heiraten«, antwortete Paula schließlich, »und ich will keine, vorläufig jedenfalls.«
»Und Anton?«
»Anton möchte, was ich mir wünsche«, Paula lächelte selbstbewusst.
»Übrigens, ich habe Franz versprochen, bevor wir aufbrechen, noch ein bisschen Rock ’n’ Roll mit ihm zu üben. Ich freue mich wahnsinnig darauf, endlich mal wieder eine Nacht durchzutanzen.«
Am frühen Abend brachen sie vom Amselhof nach München zum Hotel Bayerischer Hof auf, in dem sie übernachten würden. Nachdem sie sich im Hotelzimmer umgezogen hatten, trafen sie sich im Foyer, Rosi in einem langen, Paula in einem kurzen Abendkleid. Franz und Anton im Smoking.
Festlich gekleidete Ballbesucher strömten an ihnen vorbei in Richtung Ballsaal. Sie schlossen sich ihnen an und blieben dann vor dem Eingang zu einem beeindruckend großen Saal stehen, vor dem sich eine Schlange gebildet hatte. Franz, der die Tischkarten in der Hand hielt, versuchte, sich über die Köpfe der Wartenden hinweg zu orientieren, sah überall üppigen Blumenschmuck, Kerzen brannten in Leuchtern und in Lüstern, deren flackerndes Licht sich in silbern glänzenden Champagnerkübeln spiegelte. Ein Gemisch aus Blumen-, Puder- und Parfumdüften wehte ihnen entgegen und gedämpftes Stimmengewirr.
Endlich bot ihnen ein befrackter Kellner seine Hilfe an und ließ sich von Franz die Karten zeigen, lotste die beiden Paare dann durch die Menge derer, die auch ihre Plätze suchten oder einander begrüßten oder bereits mit einem Champagnerglas in der Hand umherflanierten, an den Tisch, den Franz reserviert hatte.
»Sind wir denn auch gut genug platziert?«, fragte Franz, schaute sich um und nickte zufrieden, sie saßen an einem der vorderen Tische mit guter Sicht auf eine Bühne, um die sich alles zu gruppieren schien. Ihre gepolsterten Stühle, eher schon Sessel, wirkten im Vergleich zu denen in den hinteren Reihen groß und bequem und standen weniger eng beisammen. Um sich herum sah Franz in lauter bekannte Gesichter. Er nickte jedem zu.
»Wir sind nicht nur gut, wir sind bestens platziert«, ließ er die Runde wissen und winkte daraufhin einen Kellner herbei, um Champagner zu bestellen.
Anton hingegen fühlte sich bedrängt vom immer regeren Auftrieb, den vielen Zurufen, die Franz galten, vom ständigen Aufspringen, Hin- und Hereilen des Freundes, der Hände schüttelte, Worte wechselte und oft laut lachte.
Rosi, die sich, ganz wie Anton, durch die gesellige Hektik von Franz gestört fühlte, erklärte mit gleichermaßen bedauerndem wie stolzem Gesichtsausdruck: »Alte und neue Geschäftsverbindungen.«
Die allgemeine Umtriebigkeit, und dann auch die von Franz, legte sich, als die Beleuchtung im Festsaal teilweise erlosch, das Scheinwerferlicht aufflammte und auf der kleinen Bühne der Anlass des Balls, die Zeremonie einer Preisverleihung, begann, eine Auszeichnung an beliebte Unterhaltungskünstler in Form einer kleinen, goldschimmernden Statue, gestiftet von einer Boulevardzeitung. Es wurde stiller im Saal und danach redeten nur noch diejenigen, die durchs Mikrofon sprachen.
In ihrer unmittelbaren Nähe war ein Tisch mit drei Plätzen noch unbesetzt gewesen, jetzt führte ein Kellner einen Herrn im Smoking, begleitet von einem
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