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Goldmacher (German Edition)

Goldmacher (German Edition)

Titel: Goldmacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela Stelly
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lassen, er hatte Anton einfach ausgeblendet, hatte sogar einen Teil der hohen Summe für die Dokumente aus eigener Tasche bezahlt.
    Jetzt wünschte sich Anton eine Recherche über die Vergangenheit von Hubert Münzer, an die sich der alte Münzer, wie man leicht verstehen konnte, wenn man den Aufzeichnungen des Spitzels Lowicki glaubte, nicht mehr erinnerte!
    Hans-Ulrich stöhnte unwillkürlich auf, er beschwor Anton noch einmal, sich nicht auf Geschäfte mit den Münzers einzulassen, und entschuldigte sich.
    Was tun?, fragte er sich auf dem Weg zurück in sein Büro und beschloss, nichts zu tun, weder würde er Anton informieren noch für ihn die Vergangenheit von Hubert Münzer recherchieren. Die Aufzeichnungen des August Lowicki, ein wahrer Schauerroman, würde er bei sich zu Hause im Safe verwahren, er würde auch den Rest der hohen Summe für die Dokumente aus seiner eigenen Tasche begleichen und auch sonst möglichst alle Spuren vertuschen.
    Bei dem gemeinsamen Mittagessen in der Kantine wiederholte er dann noch einmal, Anton möge sich von Hubert, aber auch von Franz Münzer fernhalten, sich von der ganzen Sippe fernhalten, überhaupt von der Vergangenheit fernhalten und nicht mehr darin herumstöbern, und er, Hans-Ulrich, werde auch nicht mehr darin herumstochern und Dokumente von und über Zeitzeugen sammeln und sie im Sonderarchiv als Material für seinen Untergang archivieren, Anton müsse jemand anderen damit beauftragen, er lege diese Arbeit nieder, er sei überfordert, überlastet, das Unternehmen wachse von Tag zu Tag, wachse ihm, wenn er nicht aufpasse, über den Kopf.

10.
    Franz deutete den Beginn seiner Freundschaft mit Anton als eine Verbrüderung von Gegensätzen, was seinen Wunsch nach Aufschwung ungemein stärkte. Aus dem zwar ganz unterschiedlich, so doch gemeinsam erlebten Absturz sich gemeinsam nach oben schwingen, das galt ihm als Ziel dieser Freundschaft. Obgleich sich Anton ja im Gegensatz zu ihm, dem erst durch die Bürgschaft des Freundes ein Anfang gelungen war, bereits aufgeschwungen hatte. Das bewunderte Franz an Anton, da war er ihm Vorbild.
    Rosi behauptete später, Anton wäre in dieser Zeit für Franz so sehr Vorbild geworden, dass er angefangen hätte, ihn sogar in seiner äußeren Erscheinung nachzuahmen. Tatsächlich entschied sich Franz, als er beim Optiker sein erstes Brillengestell auswählte, für das dunkle, breitrandige Modell, das auch Anton trug. Als er in den ersten Jahren ihrer Freundschaft dann einmal wie üblich an den Geschäften in der Maximilianstraße vorbeihastete und in der Auslage eines Herrenausstatters einen unauffälligen, anthrazitgrauen Flanellanzug sah, wie Anton ihn trug, betrat er den Laden und erwarb kurzerhand den Anzug samt einem hellblauen Hemd aus merzerisierter Baumwolle und einer Clubstreifenkrawatte aus weicher bedruckter Seide. Beides hatte er bei Anton gesehen und im Vergleich dazu seine immer weißen Hemden und seine Krawatten aus steifer Seide mit gewebten heraldischen Mustern als bieder und provinziell empfunden.
    Zunächst trug Franz die neuen Hemden und Krawatten nur auf Reisen ins Ausland. Er reiste jetzt viel in Sachen Solotel. Für diese Reisen tauschte er sogar seinen Lodenmantel, sein beständigstes Kleidungsstück und Ausweis seiner bayerischen Herkunft, gegen einen hellen Staubmantel für wärmere und einen Dufflecoat, beidseitig zu tragen, für die kälteren Jahreszeiten. Beides hatte er sich wiederum von Anton abgeschaut.
    Rosi protestierte, sie liebte das Bayerische, vor allem auch in der Kleidung, und sie meinte, ihr Franz wolle Anton offensichtlich mehr gefallen als ihr.
    Franz widersprach, aber er wollte Anton tatsächlich gefallen, und mehr noch, er wollte ihn beeindrucken. So versuchte er, jede Begegnung mit einem sportlichen Ereignis zu verbinden, segelte im Sommer mit dem neuen Freund auf dem See und traf sich im Winter mit ihm zum Skilaufen in den nahen Bergen, denn auf sportlichem Gebiet konnte er Anton am meisten beeindrucken. So schnell wie Anton wahre Slalomfahrten im Kopf vollführen konnte, vollbrachte er sie auf den Brettern im Schnee oder mit dem Boot vor dem Wind.
    »Du hast mich mit deiner Bürgschaft von meinem Vater befreit«, sagte Franz oft in dieser Zeit, wenn er Anton wiedersah, »das werde ich dir nie vergessen.«
    »Im Geschäftemachen bin ich zumindest nicht schlechter als der Alte«, sagte er, als er Anton nach der Einweihung des fünften Hotels der Solotel-Gruppe die Bürgschaft zurückgeben

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