Goldmacher (German Edition)
konnte.
»In uns spiegelt sich die neue Zeit, ich verfolge das Gute und du verfolgst das Böse, da kann nichts mehr schiefgehen!«, sagte er einmal launig und lachte, doch er meinte durchaus, was er gesagt hatte. Denn je mehr er begriff, was Anton unter Drachentöten verstand, umso mehr bewunderte er ihn, richtete sich für Franz doch Antons medialer Kontrollblick vor allem auf das, was sein Vater einst repräsentiert hatte und aus dem nicht nur er ausbrechen wollte, um ins internationale Geschäft aufbrechen zu können, sondern das junge Deutschland, die noch junge BRD insgesamt.
»Früher einmal habe ich ans Goldmachen geglaubt, heute glaube ich ans Geldmachen«, sagte Franz während einer Wanderung in der Gegend um Bayreuth, er hatte Anton und Paula zu den wieder eröffneten Bayreuther Festspielen eingeladen, er war förderndes Mitglied geworden, das würde auch seine Geschäfte befördern, erklärte er offen.
»In fünf bis zehn Jahren werden die meisten in unserem Land ein eigenes Auto fahren und ihre Wäsche in einer eigenen Waschmaschine waschen«, fuhr Franz fort, »sie werden an einem reich gedeckten Tisch sitzen, ein eigenes Fernsehgerät besitzen, in der eigenen Badewanne baden und im Süden Urlaub machen, wenn wir Glück haben, in einem unserer Solotels«, er lachte, dann suchte Franz Antons Blick. Es klang wie ein Bekenntnis, als er sagte: »Geld veredelt die Welt, die Wissenschaft und die Technik sind dabei hilfreiche Gesellen und keine Zauberlehrlinge!«
Anton beneidete Franz in diesem Moment, er wünschte sich, so klar und entschieden in der Welt zu Hause sein zu können wie er. Aber er war immer noch im Kampf mit dem einstigen Wunderglauben gefangen und es gelang ihm einfach nicht, war ihm bisher einfach nicht gelungen, die Schleier der Täuschungen durch die Aussagen und Dokumente sowohl der Täuscher wie der Getäuschten zu lüften und den Blick auf den großen Wahnsinn zu öffnen. Er würde ihn irgendwann aufgeben müssen, früher oder später würde er den Untergang im Tagesgeschäft, das ihm mit den Berichten über Krisen und Kriege, die an den Rand eines dritten und nun atomaren Weltkrieges führen konnten, keine Muße mehr erlaubte, endgültig untergehen lassen müssen. Zumal Hans-Ulrich tatsächlich die Leitung des Sonderarchivs wegen Arbeitsüberlastung niedergelegt hatte.
»Und?«, fragte Hans-Ulrich nach Antons Rückkehr aus Bayreuth, »wie hast du das größte Tongemetzel aller Zeiten überstanden?« Er versuchte sein amüsiert spöttelndes Lächeln, es gelang ihm nicht wie sonst.
»Durch Wandern«, antwortete er. »Ich bin an der nicht weit von Bayreuth gelegenen deutsch-deutschen Grenze entlang gewandert, wo ich, inspiriert vom Eisernen Vorhang, darüber nachgedacht habe, ob das Feuer des Kalten Krieges diesseits oder jenseits der Grenze ausgebrochen ist.«
»Tatsächlich«, sagte Hans-Ulrich nur, aber Anton sah, wie schwer es ihm fiel, ihn nicht wieder auf obskure Weise vor dem Umgang mit den Münzers zu warnen.
Dabei genoss Anton das Zusammensein mit Franz, dem Naturburschen, wie er und Paula den neuen Freund auch schon mal nannten. Ihm die Bürgschaft zu gewähren, dazu hatte sich Anton allerdings nicht allein wegen Franz entschieden, er hatte Hubert Münzer ein Schnippchen schlagen, ihm die Herrschaft über seinen Sohn streitig machen wollen. Doch dann hatte er sich schon bald in Franzens Gegenwart seltsam erfrischt, ja, gestärkt gefühlt und fühlte sich an den bayerischen Seen und in den Bergen immer mehr zu Hause.
Sieben Jahre waren vergangen, da lud Franz Anton und Paula nach München zu einem Ball in den Bayerischen Hof ein. Es sei ein gesellschaftliches Ereignis, das für ihn auch von geschäftlichem Interesse sei.
Anton mied Bälle dieser Art, sowieso gesellschaftliche Ereignisse überhaupt, aber Paula überredete ihn, sie liebte es noch immer, zu tanzen. Und so trafen sie an einem stürmischen Novembertag gegen Mittag auf dem Amselhof ein. Franz lockte Anton aufs Boot, und sie fuhren auf den See hinaus.
Paula saß mit Rosi, warm eingepackt, im Schutz der Badehütte auf einer Bank. Beide verfolgten, wie Franz mit Antons bescheidener Hilfe im Wind kreuzte, das Boot lag häufig recht schräg im Wasser.
Pia, die jüngste der Töchter von Rosi und Franz, sie hieß in Erinnerung an die Rom-Reise nach Pius XII ., saß auf Paulas Schoß und spielte mit ihrer Puppe, die anderen Töchter waren mit Alexandra im Wald, um Holz für den Kamin zu sammeln.
»Warum heiratet ihr
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