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Goldmacher (German Edition)

Goldmacher (German Edition)

Titel: Goldmacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela Stelly
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Empfehlung für ein Gasthaus. Der Fahrer nannte einen Namen, der Vater stimmte sogleich zu, und sie setzten sich in die Droschke.
    Nach einer etwas kurvenreichen Fahrt, bei der Anton ein wenig schwindelig geworden war, hielten sie vor einem wuchtigen hellen Haus mit buckeligen Fensterscheiben, Weißes Bräuhaus stand in großen weißen Buchstaben darüber. Johann zahlte, nahm seinen Sohn an die Hand und ging mit ihm auf den Eingang zu, öffnete die schwere Tür und ließ Anton vorangehen, der sich unversehens, obwohl er keine einzige Stufe hinabgestiegen war, am Eingang zu einer unterirdisch gelegenen riesigen Höhle wiederfand.
    Er blieb wie angewurzelt stehen und schaute zu den heuwagenradgroßen Lichterkränzen hinauf, die von der Decke des unfassbar mächtigen Gewölbes hinabhingen und sich weit in die Tiefe hinein verdoppelten. Ebenso wie die vielen Bänke und Tische unter diesen Lichterkränzen, an denen dicht gedrängt Männer und Frauen saßen, Teller mit zu Bergen aufgehäuften Speisen vor sich. Neben diesen großen Tellern standen große Gläser mit Bier.
    Anton rieb sich verlegen die Augen, feuchtwarmer Dunst schlug ihm entgegen, der sich in die Tiefe des Gewölbes hinein zu einem Nebelschleier verdichtete. Dort sah er alles nur noch verschwommen.
    »Das ist das berühmte Weiße Bräuhaus«, sagte der Vater nahe an seinem Ohr mit lauter Stimme, denn so riesig wie diese Höhle war, so viel Lärm war auch in ihr.
    Der Vater nahm ihn wieder an die Hand. Auf der Suche nach einem freien Platz schob er sich mit Anton langsam an den Tischen mit den Schmausenden vorbei und tiefer in den Saal hinein, vorbei an Gästen, die auch auf einen Platz warteten oder auf jemanden einredeten, und an den Serviererinnen und Kellnern, die Stapel von gefüllten oder leeren Tellern oder ein halbes Dutzend der großen, frisch gezapften oder bereits geleerten Bierkrüge durch die Menge jonglierten.
    Immer tiefer drang Anton an der Hand des Vaters in den Gewölbesaal vor, immer lauter redeten die Männer und die Frauen in einer für ihn unverständlichen Sprache. Oder riefen sich etwas zu und brachen dann in Lachen aus, und Anton sah, wie sich ihre großen Gesichter dann mächtig verzogen, wie manche rot und sogar blau wurden vor lauter Lachen, wie sich die breiten Schultern der Männer dehnten und noch breiter wurden und wie die großen Busen der Frauen im Kleiderausschnitt vibrierten, ja, wie es ihm schien, dampften, und da wurde ihm richtig angst und bange.
    Am liebsten wäre er jetzt zurück und wieder hinaus auf die Straße gelaufen, in die Stille der schmalen Gassen hinein, in denen es ihm so heimelig geworden war. Aber er wagte es nicht, seine Ängstlichkeit beschämte ihn, und so drückte er sich stattdessen noch enger an den Vater.
    Der Vater lächelte seinem Sohn aufmunternd zu: »Weiter hinten gibt es noch einen Saal, und dahinter dann noch eine Stube, dort werden wir vielleicht einen Platz finden, meint der Kellner.«
    Anton fühlte, wie sich seine Beine versteiften und keinen Schritt weiter vorwärts gehen wollten, die Vorstellung von weiteren Sälen und Stuben weit hinten erschreckte ihn. Doch Johann schob es allein auf das Gedränge, dass er seinen Sohn hinter sich herziehen musste.
    Endlich erreichten sie die von dem Kellner empfohlene Stube. Auch sie ein Gewölbe, eine Schlucht. Aber dort gab es tatsächlich noch freie Plätze und Johann ließ sich erleichtert auf der Eckbank in einer Nische nieder.
    Anton war überzeugt davon, dass er mit dem Vater nun tief unter der Stadt das Ende einer riesigen Höhle erreicht haben musste. Er hielt den Kopf gesenkt und heftete seine Augen an den gestreiften Bezugsstoff des Polsters, auf dem er saß, er wollte keinesfalls in die Gesichter der fremdartig sprechenden, wild gestikulierenden Höhlenbewohner blicken.
    Eine Kellnerin trat an den Tisch und fragte sie mit einer wie singenden Stimme, was die Herrschaften zu essen wünschten, und er konnte plötzlich verstehen, was sie sagte, auch wenn sich die Wörter fremd anhörten. Auf Nachfrage des Vaters empfahl sie Schweinebraten mit Rotkraut und Knödeln und für den Bub einen Kaiserschmarren. Als die Sprache auf ihn kam, schaute Anton dann doch auf und begegnete nicht wie befürchtet dem Blick einer unheimlichen Höhlenbewohnerin, zwei dunkle Augen strahlten ihn an.
    Plötzlich verlegen, blickte er zum Vater, aber der sah noch in die Speisekarte. Jetzt traute sich Anton, die Kellnerin richtig anzuschauen, und da verschwand

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