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Goldmacher (German Edition)

Goldmacher (German Edition)

Titel: Goldmacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela Stelly
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und Alexandra. Aber da war noch ein anderer Goldmacher am Werk, den du nicht gesehen hast. Einer, der dich, der deine Seele von Beginn an, vom Urbeginn, mit einem Nugget of Gold versehen hat, mit einem Goldkern, mit der Lichtnatur des Geistes.«
    Liane trat noch näher an den Sarg, schob behutsam mit dem Fuß Kränze, die im Weg waren, beiseite. Sie sprach nun leiser, als würde sie nur noch zu Franz sprechen, ihm allein das Geheimnis preisgeben wollen von Alexandra und ihrer heimlichen Liebe, ihrer Sehnsucht nach dem Licht, wie Liane interpretierte. Um danach Franzens ganzes Leben, seinen Tatendrang, seine Lust auf Materialisierung, wie sie es nannte, sei es im Zeugen von Kindern oder von Tochtergesellschaften der Solotel-Gruppe, unter denselben Stern zu stellen, unter den der Sehnsucht nach dem Licht. Auch in Franzens Lebensmotto »Geld veredelt die Welt« sah sie diese Sehnsucht wirken. Es sei ein Parforceritt gewesen, mal in die falsche, mal in die richtige Richtung. Zum Schluss dann in das Land der modernen Goldmacherei, in die der Spekulation an den Finanzmärkten einer globalisierten Welt.
    Liane schob weitere Kränze beiseite, bahnte sich vorsichtig einen Weg noch näher an den Sarg heran, stand endlich direkt neben ihm und legte eine Hand darauf, beugte sich vor, als müsste sie ihm, der im Sarg lag, nun das, was jetzt, in diesem Moment, das einzig Wichtige war, ja, das Wichtigste überhaupt, mitteilen.
    »Du bist gestürzt«, sagte sie. »Dein Parforceritt ist zu Ende. Jetzt bist du frei. Und das Nugget of Gold, der reine Kern, das unvergängliche Licht hat deinen vergänglichen Körper verlassen. Es ist noch hier. Hier im Raum. Um uns. Über uns. Und es leuchtet.«
    Liane richtete sich auf, schaute um sich und dann nach oben. Unwillkürlich sahen nun auch die Trauergäste in der Aussegnungshalle nach oben. Auch Anton.
    Im Jahr darauf, im ersten Jahr des zweiten Jahrtausends, drei Tage nach jenem Tag, der bald vielen als Datum einer Zeitenwende gelten sollte, dem 11. September 2001, saß Anton im abgedunkelten Konferenzraum. Simon und Moritz führten ihm und einigen Mitarbeitern den Zusammenschnitt von Filmaufnahmen vom Vormittag des 11. September vor: Die Entführung von vier Passagierflugzeugen durch radikale Islamisten, von denen zwei in die beiden Türme des World Trade Centers in Manhattan gelenkt wurden, eins in das Pentagon in Washington stürzte und eins auf ein freies Feld bei Shanksville.
    Moritz und Simon hatten die Berichte aus dem Fernsehen und sämtliches Material, das sie im Internet aufspüren konnten, zu einem Dokument montiert, das den Zeitraum vom Beginn des Angriffs auf die Twin Towers bis zu ihrer völligen Zerstörung umfasste.
    Allen Zuschauern im Raum waren die meisten der Filmaufnahmen bekannt, aber nicht in ihrer Vielfalt und in dieser Form ihrer Montage. Immer wieder flog erst das eine Flugzeug in den einen Turm des World Trade Centers, dann das andere Flugzeug in den anderen Turm.
    »Ihr wollt mich quälen!«, rief Anton nach nur wenigen Minuten.
    »Wir wollen verstehen, was passiert ist«, entgegnete Simon.
    »Und dass es wirklich passiert ist«, ergänzte Moritz, und einer der Mitarbeiter vom Kulturteil stimmte ihm zu und sagte, es käme ihm noch immer vor, als säße er im Kino und würde einen Film sehen.
    »Stopp! Mal anhalten«, befahl daraufhin ein Mitarbeiter aus dem Auslandsressort und gab Simon ein Zeichen. Simon hielt das Filmbild von den brennenden Türmen an, und der Kollege zeigte auf die noch unversehrten Stockwerke oberhalb der Explosion.
    »Stell dir einfach nur mal vor, du bist jetzt gerade hier, hier ganz oben im Restaurant, im Windows of the World im 107. Stockwerk. Nehmen wir an, du bist Kellner im Windows of the World«, schlug er vor, »und du deckst gerade die Tische, und dann nimmst du diese Explosion wahr, weißt, dass etwas passiert sein muss, eine Rauchwolke steigt auf, draußen vor den Fenstern, du kannst aber kein Fenster öffnen, kannst nicht runtersehen aus dem 107. Stock, um mal eben in Erfahrung zu bringen, was unter dir los ist, du hast aber ein Handy …«
    »Okay, wenn man sich das vorstellt, dann sitzt man nicht mehr im Kino«, unterbrach ein anderer, der sich nicht länger vorstellen wollte, dort oben im Windows of the World im 107. Stock von 110 Stockwerken, wo kein Entkommen war, das Flugzeug steckte zwanzig Stockwerke tiefer im Turm, Kellner zu sein.
    Simon ließ den Film weiterlaufen. Jetzt brannte es in den Türmen. Waren das Menschen

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