Goldmond
und machte sich mit flinken Fingern an der Schärpe um seine Taille zu schaffen.
Telarion verdrängte den Stich des schlechten Gewissens seiner Aufgabe gegenüber und überließ sich dem Verlangen seiner Seele.
Das Feuer war heruntergebrannt. Sanara schlief in seinen Armen, als böte sein Körper Schutz vor der Kälte der Nacht. Obwohl er die Kälte während des Schlafs liebte und sie so warm war wie eine Decke, konnte er nicht schlafen und starrte in die Nacht hinaus, wo die Zwillingsmonde bereits den Zenit überschritten hatten.
Nun, da sein Sturm von ihrem leidenschaftlichen Feuer nicht mehr aufgewirbelt wurde, kehrten die Bedenken wieder, die ihre Lebendigkeit und die Anstrengungen der täglichen Wanderung bei Tage unterdrückten und verdrängten. Wie oft des nachts kamen Telarion die Worte des Ältesten der Weisen wieder in den Sinn.
Wenn wir an das glauben, was Ys schenkt, dann müssen wir auch bedenken, dass Syth, ihr Geliebter, immer das verändern und vielleicht sogar zerstören wird, was sie gibt.
Die Liebe Sanara Amadians war für ihn, Telarion, ein Geschenk der Ys. Jeden Tag erfüllte ihn aufs Neue das Staunen, dass diese Frau, die so anders und ihm doch so nah war, bei ihm sein durfte. Dass sie ihn erfüllte und ihn immer wieder aufs Neue lehrte, was Freude und Leben war.
Der Gedanke, dieses kostbare Geschenk könnte zerstört werden, war unerträglich. Und doch wusste Telarion, dass es vielleicht so kommen würde.
Die Schatten in der Heide und an den dunklen Stämmen der verkrüppelten Qentar und Bugantibäume wurden tiefer, während Telarion weiter hineinstarrte und versuchte, der unbestimmten Furcht, die sich seiner bemächtigt hatte, Herr zu werden. Unwillkürlich überlegte er sich die Szenarien, in denen das geschehen konnte, um sich selbst und auch die Menschenfrau, die ab und zu im Schlaf murmelte, vor dem Tag, an dem es so kommen musste, vor dem Verlust dessen zu schützen, was ihnen beiden so kostbar war.
Er war so in Gedanken versunken, dass ihm seine Sicht auf die Welt entglitt. Es wurde finsterer, stiller, die Monde wurden zueinem dunklen, feurigen und einem hellen, goldfarbenen Schimmer am einen Rand seines Geistes, die silbrige Sichel der Ys zu einer Ahnung am anderen. Ab und zu waren jetzt rötliche Schatten unter dem ruhigen, dunkelgrünen Leuchten der Pflanzen zu sehen, die hin und her huschten – Tierchen, die in der Nacht auf Beutezug waren. Je nach Art tendierten die schwachen rötlichen Abbilder ins Grüne, ins Blaue oder Gelbe; je nachdem, welches Element ihrer Natur entsprach.
Ich habe lange gebraucht, bis ich Euch fand, Verräter.
Telarion spürte den Schrecken bis ins Mark. Die Worte hallten in seinem Geist nach, sie erreichten ihn nicht in der realen Welt. Sie kamen aus den Nebeln, aus einer Ebene, die seinem elbischen Wesen zutiefst fremd war.
Er erstarrte, dann zwang er sich, sich aufzurichten. Vorsichtig nahm er Sanaras Körper und bettete ihn in die große Filzdecke, auf der sie lag, auf dass sie nicht gestört würde. Sie murmelte leise im Schlaf, doch sie erwachte nicht, als er ein machtvolles Zeichen des Lebens über ihr schlug.
Erst dann schloss er die Augen und befahl seinem Geist, die Welt der Magie bewusst zu sehen.
Er fand ihn schnell, den Schatten, der einer dunklen Flamme glich, deren Form nur dank eines schmalen, violetten Rands zu erahnen war. Noch nie hatte er sich bemüht, die Gemahlin seines Bruders auf der magischen Ebene zu sehen, und auch sie hatte alles vermieden, es so weit kommen zu lassen. Und so erkannte er erst jetzt, dass Ihr Bild weniger einer Flamme als einer stehenden Welle entsprach – was der Kraft der Herrin Ireti Landarias wohl auch besser entsprochen hätte. Sie herrschte nicht – oder nur wenig – über das Feuer, dafür über Wasser und die Nebel. Dass sich das Bild für ihn geändert hatte, schien Telarion angemessen, denn Feuer war für ihn das Element des Lebens geworden. Es war dem Tod, den Ireti Landarias in sich hatte und den sie überall dorthin trug, wo sie selbst war, nicht mehr angemessen.
Telarion war ein Heiler, kein Seelenherr, und so konnte er nichtwissen, welche Seite Ireti ihm zuwandte und wo sich das Gesicht des Seelenbilds befand, das sie sich aus den Nebeln des Todes gemacht hatte. Ihm war nur gegeben, die Magie selbst zu erkennen, die dem Bild Leben verlieh.
Die Flamme – oder die Welle, verbesserte er sich – blieb regungslos vor ihm, etwa zwei Schritt entfernt.
Habt Ihr mir nichts zu sagen,
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