Goldmond
halb im Scherz.
Wieder lachte Telarion, doch er unterbrach sich, denn selbst das Lachen schien ihm Schmerzen zu bereiten. »Ich bin nicht unfehlbar. Gomaran ist der bessere Kämpfer von uns. Und ich habe meine Waffen seit mehreren Zehntagen nicht mehr mit ihm gekreuzt. Zudem war dieser Larondar-Elb kein Wegelagerer. Er war mehr. Ihn trieb Hass an. Ich begegnete ihm schon einmal auf dem Weg zum Tempel der Weisen, und auch da konnten Gomaran und ich ihn nur gemeinsam besiegen.«
»Hass trieb ihn an?«, hakte Sanara nach. »Er kennt dich nicht. Wie kann er dich hassen?«
»Ireti«, sagte Telarion knapp, als reiche dieser Name zur Erklärung. »Diese verfluchte Hure«, zischte er dann. »Er gehörte sicher zu ihrer verderbten Sippe!«
Sanara schluckte und zog ihre Hand zurück. Telarions Heftigkeit erschreckte sie. Doch ihn schien nicht zu kümmern, dass er sie mit seiner Härte verunsicherte.
Betont gelassen nahm sie die Säuberung seiner Wunde wieder auf. »Du meinst, er ist, wie sie, ein Verwandter des Fürsten Landarias?«
Telarion machte eine ungeduldige Geste. »Ireti Landarias ist eine hohe Tochter des Dhabyar und hat unzählige Halbgeschwister!«
Er bemerkte den fragenden Ausdruck in ihrem Gesicht und seufzte. »Das Fürstenhaus derer von Larondar zählt sich zu den Elben«, erklärte er. »Doch seit undenklichen Zeiten wählt sich der Dhabyar keine feste Gemahlin, weder unter den Elben noch aus dem Volk des Dunkelmonds. So sind besonders seine direkten Nachkommen zahlreich. Die Hohen Töchter und Söhne des Dhabyar sind untereinander verschwistert, doch nur wenige haben die gleiche Mutter.«
»Du glaubst also, dieser Mann war ein Bruder der Königin.«
Telarion schnaubte. »Er deutete an, dass Ireti vieles wisse, was andere nicht erfahren. Offenbar war ihm bekannt, welche der magischen Gaben des Dunkelmonds sie besitzt. Doch das wissen nur wenige; selbst mir war es lange nicht klar. Und sie tat gut daran, es zu verschweigen, denn den Elben aus Norad, Mundess oder Kantis, auch vielen Nisan, gälte sie als unrein, wüssten sie, dass eine, die sich Elbin nennt, über die Nebel gebietet.«
Sanara nickte langsam. »Ich verstehe. Deshalb sprach Qamar so verächtlich von ihr. Und von mir.«
»Mein Vater wollte diese Art des Denkens ändern«, sagte Telarion nach einer Pause. »Daher gab er Tarind an den Fürstenhof des Dhabyar, auf dass er dort erzogen werde.« Er nickte und stieß hervor: »Er hätte sich wohl nicht träumen lassen, dass es seinen Sohn verderben würde, statt ihn toleranter und weiser zu machen. Und ihm letzten Endes sogar den Tod bringen würde!«
Nachdenklich räumte Sanara das fleckig gewordene Tuch und das schmutzige Wasser weg. »Du solltest ruhen«, sagte sie dann und lächelte ihm zu. »Du bist hier in deinem Land und nicht in dem der Ireti Landarias.«
Er erwiderte das Lächeln nur kurz. Die Erschöpfung war ihmanzusehen. »Sage niemandem, wer ich bin«, murmelte er und sah an ihr vorbei, als fürchte er, belauscht zu werden. »Ich glaube nicht, dass mein Name unter Damastan einen wohlgelittenen Klang hat.«
»Nun, Weise scheinen noch weniger Wertschätzung zu erfahren«, hielt Sanara dagegen.
Telarion starrte vor sich hin. »Ich habe meinen Zwilling getötet. Den König und Erben von Dajaram. Ich werde als Verbrecher gelten, ganz gleich, was man von dir, den Weisen oder gar Ireti als Königin hält.«
»Vielleicht wäre es besser gewesen, nicht hierherzukommen.«
Telarion schüttelte den Kopf. »Wir müssen nach Süden«, sagte er. »So schnell es geht. Das Siegel ist wichtig. Doch ohne Verbündete, allein auf uns gestellt, werden wir nicht nach Farokant gelangen. So unwillkommen wir hier sein mögen, ich muss zum Fürsten. Er ist der Einzige, bei dem die Möglichkeit besteht, dass er hilft.«
Sanara antwortete nicht sofort. Schon am Abend nach dem Ritual, als sie selbst noch geneigt war, ins Kloster der Quelle zurückzukehren und Morotand um Rat für die weiteren Schritte zu bitten, hatte Telarion sich – und damit auch sie – diesem Weg verweigert. Er hatte darauf bestanden weiterzureisen, und zwar nach Norad. Er behauptete, dort seien sie sicher vor Iretis Häschern. Wenn er nur erst den Fürsten sähe, würde sich alles – zumindest für die Hälfte des Wegs oder sogar noch länger – zum Guten wenden.
Doch warum er das glaubte, war ihr nicht klar. Ihr erschien es einfacher, als unerkannte und einfache Reisende aufzutreten.
»Warum glaubst du das?«, fragte sie
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