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Goldmond

Goldmond

Titel: Goldmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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jetzt und legte sich auf das Lager neben seinem, wo er sich ausgestreckt hatte. Gerne wäre sie näher an ihn herangerückt, in seinen Arm, den er ihr seit dem Aufbruch und der ersten Rast ihrer Reise immer gewährt hatte. Doch hier, auf der hölzernen Plattform einer Norani-Patrouille, vierzig Klafter über dem Boden, erschien ihr das als ein geradezuvermessener Wunsch. Zudem war er verletzt und die Wunde sicher noch schmerzempfindlich.
    »Du weißt es nicht?«, murmelte er.
    Sie antwortete nicht, zuckte nur mit den Schultern.
    Er schloss die Augen und erwiderte so leise, dass sie es gerade eben noch verstehen konnte: »Damastan ist Dajarams jüngerer Bruder.«
    Sanaras Augen weiteten sich. »So ist er dein …« Sie unterbrach sich. »Aber warum sagst du das nicht dem Hauptmann, er …«
    »Er würde mich wahrscheinlich verhaften. Oder umbringen«, murmelte Telarion. »Ich habe den König getötet. Meinen Zwilling. Ich wüsste kein Land, in dem man nicht dafür hängen würde, selbst als Prinz.«
    »Du bist Erbe des Titels!«, gab Sanara kaum hörbar zurück.
    »Ireti sprach ihn mir mit allem anderen ab«, erinnerte Telarion sie. »Und sie ist Königin. Damastan mag das nicht gefallen, doch er wird die Frage nach der Berechtigung dafür, dass sie die Krone nahm, nicht stellen, bevor der Krieg nicht entschieden und sie wieder in Bandothi ist. Und Ireti ist berechnend genug, das erst zu tun, wenn sie das Siegel hat – wenn sie uns besiegt hat. Es besteht nur die Hoffnung, dass die Elben sich gegen sie verbünden. Wir müssen ihnen klarmachen, dass sie nicht den Segen der Schöpfergeister besitzt.«
    Sanara schwieg eine Weile, als ihr klar wurde, wie wenig sie von der Politik verstand, die ein großer Teil von Telarions bisherigem Leben gewesen war. Für sie waren die letzten Mondumläufe ein Aufstieg gewesen: Flüchtling, Schankdirne, dann eine Auserwählte und Weise. Doch Telarion war abgestiegen. Er hatte den Rang eines Heermeisters und Fürsten innegehabt, nun war er ein Flüchtling. Und Gefangener. Sie benutzte die Bezeichnung »Daron« ihm gegenüber im Scherz, dennoch war sie überzeugt, dass er dies im Herzen immer sein würde: ein Fürst.
    »Deshalb wolltest du herkommen«, sagte sie schließlich. »Deshalb willst du unbedingt zu Damastan.«
    »Ja«, sagte Telarion. »Ich brauche ihn. Ich brauche seine Zustimmung, wenn ich dieser Verfluchten die Krone abnehmen will. Sobald ich die Zustimmung des offiziellen Fürsten der Norad habe, werden die Mundessi und die Eiselben aus Kantis ihm sicher folgen. Gomaran ist schon auf dem Weg nach Süden. Er wird im Heer nach Verbündeten suchen, die sich dem Befehl einer Halbelbin schon jetzt nur murrend fügen. Wenn bekannt wird, dass Ireti den Nebeln befiehlt, wird es viele geben, die ihr nicht länger folgen werden.« Er entspannte sich und legte sich vorsichtig auf die Seite, die unverletzt war, sodass er ihr nun in die Augen sah. »Wir sollten schlafen. Nicht nur ich, auch du.« Er lächelte. »Wer weiß, was passiert, wenn du zu müde bist, dein Feuer einzudämmen. Vielleicht verrätst du dann meinen Namen …«
    Sanara erwiderte das Lächeln nur kurz und schloss die Augen.
    Sie dachte daran, wie lange sie geglaubt hatte, ihre Aufgabe bestünde einfach darin, das Siegel zu bergen und die Welt zu retten. Nun, da sie es hatte, stellte sich heraus, dass der größte Teil ihrer Aufgabe noch vor ihr lag – und nicht von ihr bestritten werden konnte.
    Sie dachte an die Freude, als Ys ihr das Siegel ohne weitere Prüfung überlassen hatte. Sie hatte solche Prüfungen, wie Heldinnen und Helden sie im Märchen bestehen mussten, bevor sie ihren Preis bekamen, gefürchtet. Doch als sie Morotand in einer der Lehrstunden danach gefragt hatte, hatte er die Vermutung geäußert, sie sorge sich umsonst.
    Welche Aufgabe könnte schwerer sein und mehr Prüfungen beinhalten als die, die der Schöpfergeist dir, meine Schülerin, bereits auferlegte? Du warst Gefangene, man nahm dir ein Stück deiner Seele, du verlorst deine Familie und musstest den rechten Weg dennoch finden.
    Ich denke, dass Ys dir das Siegel gern geben wird, so wie sie es versprach und wie es auch die Schöpfermonde dir sagten.
    Sanara hatte wissen wollen, was denn mit dem Siegel zu tun sei,wenn sie es denn habe, wie es aussehe und wie es zu zerstören sei, damit Syth wiederkäme.
    Das kann keiner wissen außer Ys selbst , hatte Morotand erwidert. Wenn sie es dir anvertraut – und daran habe ich keinen Zweifel –,

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