Goldmond
gleichermaßen.
Sinan dachte an den Frieden zurück, der in Farokant geherrscht hatte, und wünschte sich inbrünstig, dass Niavash und Lahita nicht erleben mussten, wie Elben ihre Stadt besetzt hatten. Doch aus Farokant kam keine Nachricht, und so nahm er an, die Generäle der Königin konzentrierten sich auf Sirakand.
Hier am Tempel glaubten die Kinder des Vanar wie eh und je, das Dorf und seine Bewohner gehörten ihnen, so als seien alle, die nicht zu den Landarias oder einem der anderen alten Elbenhäuser gehörten, nur Wesen und Geschöpfe zweiter oder sogar – der Nähe zum Schöpfergeist des Chaos wegen – dritter Klasse. Einige der menschlichen Bewohner des Dorfs waren schon ins Lager der Königin und ihres Bruders gebracht worden, um ihnen, wie es hieß, zu dienen, meist die, die eine Zeichnung am linken Arm hatten.
Sinan war auf dem Weg zum Tempel einer Abordnung von ihnen begegnet, er erkannte sie daran, dass man ihnen wie jedem menschlichen Gefangenen ein goldenes Halsband angelegt hatte, wie auch er einst eines getragen hatte. Zudem sahen sie blass und erschöpft aus, und ihm wurde klar, dass sie den Elben nicht nur ihre Kunstfertigkeit, sondern auch ihre Kraft hatten geben müssen.
Bei diesem Anblick spürte er kurz einen Abglanz des alten Hasses in sich aufwallen, der ihn früher, während seiner Sklavenzeit, erfüllt hatte. Ronan hatte recht gehabt. Die Königin mochte vielen vorgaukeln, unter ihr werde sich vieles ändern, doch Sinan wurde klar, dass sie das in Wirklichkeit gar nicht vorhatte. Er dachte an den Hass, den Telarion Norandar ihr gegenüber empfand, und ihm wurde klar, dass es in der Tat der Fürst sein musste, der sich gegen sie zu stellen hatte. Sanara hatte das Siegel gefunden und würde sicher auch den Schöpfergeist aus der Leere holen können. Doch dieser Elb war es, der den Fluch der Starre, der Unterdrückung und der Stagnation in der diesseitigen Welt würde brechen müssen.
Sinan verdrängte das ungute Gefühl, das ihn angesichts derAussicht, es könnte wieder ein Norandar die Geschicke der Elben leiten, befiel. Zum einen war dieser Elb offenbar der Rechtschaffenheit fähig, zum anderen hatte er nun einen Akt der Magie vor sich. Das daikon musste geweiht werden, bevor er im Dorf auffiel.
Sinan holte Luft und schlug das Zeichen des Syth vor der Brust, dann durchquerte er mit festen Schritten die Halle bis vor die Statue des Schöpfergeistes, die sich in der Mitte des Doms erhob. Er hatte Syth viel zu danken.
Langsam schritt er durch die Gärten der Länder der Welt vor bis zu dem Beet, in dem das Saphirmeer angelegt war und das das Land Guzar zeigte. Er wollte seinen symbolischen Tribut leisten, bevor er in die Schmieden unter dem Berg ging, um dort das daikon Telarion Norandars fertigzustellen, damit es den Fürsten erwartete, wenn er mit Sanara in zwei Tagen ins Heiligtum der Tiefe kam.
Beinahe zärtlich fiel sein Blick auf eine Klippe, die gegenüber der Stadt Guzarat ins Meer hineinragte. Irgendjemand hatte auf diese Klippe ein etwas hilflos modelliertes Tonhaus gestellt, und Sinan fragte sich, welcher Besucher dieses Heiligtums wohl einst auf diese Weise das Herrenhaus der Amadians geehrt haben mochte.
Wieder lächelte er unwillkürlich, dann umrundete er den künstlich angelegten Teich, der das Saphirmeer darstellte, bis hin zu seinem westlichen Ufer.
Dort kniete er nieder und grub ein Loch in den weichen Sand, mit dem die Miniaturen der Felsklippen bedeckt waren, schob eine winzige Schriftrolle aus kostbarem Pergament hinein, auf die er ein paar Verse aus der ersten Rolle der Schriften geschrieben hatte, die Syth ehrten, und bedeckte dann die Rolle vorsichtig wieder mit Sand. Er schloss die Augen und dachte einen Augenblick an die Shisans, die während seiner Weihe ihr Leben hatten lassen müssen.
Schließlich erhob er sich wieder und ging hinunter zu den Schmiedewerkstätten, die unter dem Berg Farokant lagen, umdas Schwert fertigzustellen, das dem Erben Telarats gehörte. Er wusste jetzt, wer die wahren Feinde der Menschen waren. Lange hatte er geglaubt, es seien Elben, die bekämpft werden müssten. Doch es war ein jeder, der die Freiheit unterdrückte – und dabei spielte es keine Rolle, ob sie goldene oder dunkle Magie oder gar beides in sich trugen.
In zwei Tagen würde er – mit der Hilfe des Schöpfergeistes – das daikon fertiggestellt haben und es dem bringen können, dem es gehörte.
Und dann würde auch die Zeit der Freiheit für die Menschen
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