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Goldmond

Goldmond

Titel: Goldmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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Schöpfung gleichzeitig am Anfang und am Ende allen Seins.
    Der Eindruck wurde unterstützt vom Licht, das die Kammer der Tiefe erfüllte. Durch die organisch geformten Wände, die hier, in der Mitte des Tafelbergs, eigentlich keine Öffnung hätten haben dürfen, fielen die letzten Strahlen der Roten Sonne hinein und erfüllten den Raum mit der Kraft des Syth. Aber sie waren auch so offen, dass im Osten nun das erste Schimmern des Goldmonds über den Höhenzügen zu sehen war. Das östliche Lichtmilderte die Kraft der Purpursonne ab und mischte sich in der Mitte, dort, wo der Leib der Feuermagierin lag, zu einem dunklen Gold.
    Nun musste Ireti nur noch warten, bis der Silbermond allein am Himmel stand und seinen Zenit erreicht hatte.
    Dann würde auch sie alles erreicht haben, wofür sie je gelebt hatte.

Kapitel 14
    »Die Weisen sind in dieser Zeit des Wandels oft gefragt worden, was geschähe, würde das Siegel, mit dem Ys ihren Geliebten in die Leere bannte, gelöst werden. Manche vermuteten, dass nach den langen Zeitaltern, in denen die Welt dem Wunsch der Ys nach erstarrt sei, das Chaos ausbrechen werde. Besonders die Kinder des Vanar fürchteten sich vor dieser Möglichkeit und glaubten, die Welt ginge unter, wenn sie keine Kontrolle mehr darüber hätten. Andere sagten, dass dann die Kinder des Vanar untergehen würden, denn die Waage der Welt schlage in die andere Richtung aus. Doch es waren ein Heiler und eine Seelenherrin, die als Erste den Mut aufbrachten, den Schritt zu gehen und den Versuch zu wagen, das wahre Gleichgewicht herzustellen, und die gemeinsam darangingen, Ys wieder mit ihrem Geliebten zu vereinen. Die Liebe der beiden wird bis heute in den Liedern der Menschen und den Epen der Elben besungen, denn nichts in der Welt glich ihr – es sei denn die ewige Verbundenheit der beiden oberen Schöpfergeister selbst.«
    Von den Geheimnissen der Welt
    Fünfte Rolle der Schriften des Klosters der Weisen Zwölf
    N ebel umgaben sie. Sanara hatte das Gefühl, die Welt um sich herum wie durch einen wehenden Schleier, der silbrig schimmerte, zu sehen. Es war wie im Tempel der Ys, der Moment, in dem sie sich selbst in der Stunde der Weißen Sonne auf dem Gipfel des Seleriad wiedergefunden hatte.
    Doch schon einen Augenblick später war es anders. Schmerz pochte in der Schläfe, als habe sie dort jemand geschlagen. Ein Schmerz, den sie lange nicht gefühlt hatte. Ihr Körper war schwer.Sie versuchte, sich aufzurichten, doch es gelang nicht. Arme und Beine gehorchten ihr kaum.
    Erst jetzt bemerkte sie, dass man sie gefesselt hatte. Eine Gestalt beugte sich nun über sie.
    »Du bist wach.«
    Sanara erschrak, als sie die Stimme hörte und das Gesicht sah. Ein blasses Gesicht, wie das eines Elben, doch seine Gestalt war nicht so hochgewachsen. In den runden Pupillen brannte ein Feuer, das ihr Angst machte. Es verlieh dem Sprecher etwas, das ihr noch bedrohlicher erschien als der Eindruck, den Telarion einst bei ihr hinterlassen hatte.
    Sie war nun hellwach und versuchte unwillkürlich, der Hand, die er ihr aufs Gesicht gelegt hatte, zu entkommen.
    Vergeblich.
    Einen Augenblick später war ihr, als würde sich die Wurzel eines giftigen Raqor-Triebes in ihre Wange bohren und ihr durstig die Kraft aussaugen.
    »Wehre dich nicht«, wisperte die grausame Stimme.
    »Nicht, mein König«, sagt die Stimme so leise, dass nur die es hören können, die sich in seiner Nähe befinden. Unter ihnen ist Sanara. »Nehmen wir den Fürsten gefangen. Wenn er erst in unserem Verlies schmachtet, können wir über ihn sagen, was wir wollen. Niemand wird das Gegenteil behaupten können … wenn wir es niemandem gestatten, Eure Worte oder die des Fürsten zu bezeugen.«
    Sanara hatte diesen Mann seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen, doch sie wusste, wer er war.
    Es war Iram Landarias. Er hatte damals im Kloster des Abends den Befehl gegeben, ihre Familie zu töten.
    Und auch sie.
    Der Blick des Generals wurde nachdenklich, als er in ihren Augen den Hass auflodern sah.
    »Ich erinnere mich«, murmelte er. »Es gab ein kleines Mädchen, damals im Tempel des Abends. Es war gekleidet wie eineDari, doch im Blutrausch, in den wir verfielen, als wir die dunklen Zauberer niedermachten, vergaßen wir sie.
    Wir vergaßen dich. Und so konntest du entkommen. Ist es nicht so?«
    Sanara erwiderte nichts.
    Iram lachte leise. »Du musst es nicht bestätigen. Du siehst, dass der Schöpfer Syth alles fügt. Damals konntest du fliehen, doch nun haben

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