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Goldmond

Goldmond

Titel: Goldmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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dich die Schöpfergeister wieder in meine Hand gegeben. Es ist, wie meine Schwester gesagt hat. Die Zeit des Schöpfers allen Chaos ist gekommen, und er übernimmt die Aufgabe der Ys, alles neu zu ordnen. Doch es wird nicht in ihrem Sinne geschehen wie damals, als er die Welt verließ. Nein, er wird kommen und die alte Ordnung hinwegfegen.«
    Mit diesen Worten zog er einen Dolch aus dem Gürtel und ließ ihn vor Sanaras Gesicht im silbrigen Mondlicht aufblitzen.
    Sanara fuhr entsetzt zurück. Wieder versuchte sie, auf die Beine zu kommen, doch sie war zu schwach. Sie brachte es nur fertig, sich gegen einen der Felsen zu lehnen, die einen Kreis um eine freie Fläche in der Mitte der Halle bildeten, und so in eine sitzende Position zu kommen. Obwohl sie im ersten Moment erleichtert war und sich nicht mehr ganz so hilflos vorkam, machte das ihre eigentliche Lage nicht besser. Sie war dem General ausgeliefert.
    Sanara sah sich um und versuchte dabei, nicht den Kopf zu wenden.
    Iram hielt sie nicht mehr fest. Er schien zu glauben, es reiche, dass er ihr die Kraft genommen hatte. »Dein Gefährte ist nicht bei dir, Mädchen. Meine Männer haben ihn erschlagen. Und selbst wenn er zu sich kommt, wird er dich hier nicht finden, denn er kennt den Weg durch das Labyrinth der Gänge nicht, das den Berg durchzieht.«
    Während er sprach, wickelte er einen runden Gegenstand aus einem Tuch. Im blassen Mondlicht erkannte Sanara, dass es sich um eine hohle Kugel aus Edelstein handelte. Ein amethystfarbener Ball, dessen Oberfläche von einem kriegerisch anmutenden Muster aus Zacken und spitzen Winkel durchbrochen war.
    Er glich der Kugel, die sie in ihrem Inneren trug und deren Oberfläche aus Alabaster gemacht schien. Iram legte ihn vorsichtig neben sie.
    »Es ist wunderschön, nicht wahr? Ein Behältnis. Ein Behältnis für die Macht, die dem Siegel der Ys innewohnt.« Er hob den Blick und legte erneut seine Finger auf ihre Wange.
    »Ein Behältnis für die Macht, die dir innewohnt, Mädchen. Ich habe mich oft gefragt, was die Schöpfergeister bezweckten, als sie dich vor mir und meinem König retteten. Jetzt weiß ich es. Du kannst deinen Zweck erst jetzt erfüllen.«
    Er überzeugte sich noch einmal davon, wie hoch der Silbermond inzwischen gestiegen war. Es schien, als sei das Gestirn der Ys nun an den Punkt gekommen, den er erwartet hatte, denn er streckte die Hand aus und hielt sie über den Altar. Erst jetzt erkannte Sanara, dass sich dort eine Vertiefung befand, in der ein wenig Reisig lag. Es entzündete sich auf ein Wort von ihm und loderte hell auf.
    Sanara musste blinzeln. Etwas in dem Reisig färbte die Flammen purpurn. Der Rauch schien von hellem Grau, beinahe silbrig, aber vielleicht war das der Schein der Mondstrahlen.
    Nach einem Gebet wandte Iram Landarias sich ihr wieder zu. Mit großen Schritten kam er heran und ließ sich vor ihr auf ein Knie nieder. Ohne viel Rücksicht zu nehmen, packte er die hataka , die Sanara trug, am linken Kragen und zog sie mit einem heftigen Ruck zur Seite, sodass ihre gesamte linke Seite entblößt war.
    Ein leichtes Lächeln flog beim Anblick ihres Zeichens über seine Lippen. Die Hand, die schon an den Gürtel gegriffen hatte, hob sich noch einmal. Finger, die ein wenig kühler und feuchter waren als die eines Menschen, aber auch nicht so kalt wie die eines Elben, strichen jetzt sanft, beinahe zärtlich das Schlüsselbein entlang zu ihrer Kehle und den Hals hinauf, bis sie unter dem Kinn lagen und es anhoben.
    Sanara war es, als schlügen die winzigen, aber gierigen Triebe des Resats Wurzeln in der Haut, wo er sie berührte, und grüben sich tiefer und tiefer durch die Schichten von Fleisch und Knochen in ihre Seele hinein. Unwillkürlich jammerte sie auf und versuchte, den Fingern des Elbs zu entkommen, doch er ließ es nicht zu.
    »An jedem anderen Tage hätte ich mir noch mehr Kraft von dir genommen. Dass deine Magie mit der grünen des Windes durchzogen ist, macht sie noch angenehmer für mich«, sagte er und berührte ihre Lippen leicht mit seinen. Noch ein wenig mehr ihrer Kraft glitt durch diesen Kuss aus ihr in ihn.
    »Nun erfüllt sich dein Schicksal, Siwanonstochter«, murmelte er, sodass sie seinen Atem auf ihrer Wange spürte.
    Auf einmal spürte Sanara einen scharfen Schmerz in der Magengegend, so als habe ihr jemand einen Dolch hineingestoßen. Sie wollte aufschreien, doch der Schmerz nahm ihr den Atem. Sie rang verzweifelt nach Luft, das aber schien die Klinge nur

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