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Goldmond

Goldmond

Titel: Goldmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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tiefer in sie hineinzutreiben.
    Als sie den Kopf hob, sah sie, dass Iram Landarias sie mit einem schwachen Interesse ansah, dem jegliches Mitleid fehlte. Wieder versuchte Sanara, Luft zu holen. Sie sah an sich herab.
    Ihre Sicht begann sich zu verschleiern, dennoch konnte sie sehen, dass unterhalb ihres Brustbeins etwas aus ihr herausragte. Ein Stab – nein, das Heft eines Dolchs. Eines Dolchs, dessen Griff man aus Glas gemacht hatte, violett, purpurn und amethystfarben, stellenweise mit hauchdünnen Kupferblecheinlagen. Die Klinge selbst war nicht zu sehen, sie steckte bis zum Stichblatt aus schwarzem Stein, der mit goldenen und kupferfarbenen Adern durchzogen war, in Sanaras Leib.
    Genau dort, wo sich in ihrer Seelengestalt das Siegel befand.
    Die Schleier vor ihren Augen, die darauf hinwiesen, wie viel Kraft er ihr schon genommen hatte, wurden dichter.
    Was geschah mit ihr? Vorhin noch war sie voller Hoffnung mit ihrem Geliebten durch die üppigen Gärten dieses Bergtals gegangen. Und jetzt saß sie hier und ihre Kraft, die silbrige Energie, die seit ihrer ersten Begegnung mit Telarion Norandar immer in ihr gewesen war, begann, wie Blut aus ihr herauszufließen, langsam und unerbittlich.
    Schrecken erfasste jede Faser von Sanaras Körper. Sie durfte nicht sterben. Nicht, solange das Siegel noch nicht zerstört war!
    Doch wie hätte das geschehen können – Telarion war nicht hier! Sanara wusste, sie durfte nicht aufgeben. Nicht, solange er nicht da war. Wieder zerrte sie vergeblich an ihren Fesseln.
    »Wehre dich nicht, Mädchen. Du warst lediglich eine Zeitlang das Gefäß der Macht. Diese Macht gehörte dir nie. Sie gehört der Königin. Schon immer.«
    Iram packte erneut den Dolch und trieb ihn noch einmal tiefer in sie hinein. Gleichzeitig berührte er jetzt mit der anderen Hand den Ball aus lilafarbenem Kristall.
    Die Schleier, die vor ihren Augen wogten, wurden immer dichter, und Sanara hatte das Gefühl, dass ihre Magie nun mithilfe des Dolchs und der Beschwörung Irams in die Kugel aus Amethyst floss.
    … Plötzlich stand Sanara. Ihre Hände waren frei, ohne Fesseln. Überrascht sah sie an sich herab. Sie bestand aus blassgelbem Licht, das kaum zu erkennen war.
    Und diese Gestalt – sie – stand genau an der Stelle, an der sie – ihr Körper – gerade noch so hilflos gelegen hatte. Purpurfarbenes Blut floss aus der Brust hinab in die Amethystkugel, die von einem Seelenbild gehalten wurde, das von so dunklem Grün war, dass es fast blau wirkte. Nur die Ränder der Gestalt lohten in sattem Gelb, sodass es gefährlich schien, das Seelenbild zu berühren.
    Doch vor Feuer hatte Sanara keine Angst. Sie machte Anstalten, sich auf die blaugrüne Gestalt zu stürzen, die Verbindung zu kappen, die das Blut zwischen ihr und der Kugel bildete. Aber das blaugrüne Feuer wich nach hinten aus, packte die Kugel aus Amethyst, die neben ihm gelegen hatte, und warf sie in die purpurfarbenen Flammen, die auf dem Altar der Höhle brannten, als sei es ein Opfer.
    In diesem Augenblick begann die Qual.
    Es war Zeit.
    Ireti ging langsam auf die Gestalt der Feuermagierin zu. Das Seelenbild der Siwanonstochter lag reglos an der Stelle, an der auch ihr zusammengesunkener Leib lehnte; an einem der Felsen, die den Altar in der Mitte des Raums umgaben. Sie war bewusstlos oder hatte resigniert, weil sie erkannt hatte, dass ihre Mission, die Aufgabe, die zu haben sie geglaubt hatte, gescheitert war.
    Ireti war es gleich. Sie ging auf das Seelenbild der Feuermagierin zu. Hitze zuckte durch sie hindurch, als die Königin die Wange der Gestalt berührte. Es war ein seltsames Gefühl. Denn obwohl Ireti in ihrer jetzigen Form keine Körperlichkeit besaß, hatte sie den Eindruck, Dinge berühren zu können.
    Fasziniert betrachtete sie Sanara Amadian. Mitten in ihrer lohgelben Gestalt, dort, wo sich in einem Körper das Herz befand, war ein Diamant zu sehen, dessen Oberfläche man in Form eines achtzackigen Sterns geschliffen hatte. Darauf lag eine zusammengerollte Sonnenechse, deren sechs Beine je vier Krallen besaßen. Mit Erstaunen sah Ireti, dass das Wappentier der Amadians nicht nur die rotgelben Schuppen besaß, wie jedes Mitglied dieser Familie sie hätte haben sollen, sondern dass das Tier auch grünsilbrige aufwies. Ein Hinweis auf die Kraft ihres Schwagers, des Fürsten von Norad.
    Für einen Augenblick fragte Ireti sich, wie sich die Siwanonstochter wohl gefühlt haben mochte, als sie das erste Mal von der Kraft Telarion

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