Goldmond
Lavafluten seiner Magie einzufrieren drohte. Doch jetzt fühlte Sinan sich stark genug für den Kampf.
Er schloss die Augen, breitete die Arme aus und ließ sich fallen, mitten hinein in die grüne Kälte und den Schmerz.
Als er die Augen aufschlug, lag er in der Nähe eines Feuers.
Es flackerte und brannte munter in der Mitte eines sandigen Platzes, der von dunklen Felsen umgeben war. Funken stoben aus den zuckenden Flammen in einen samtschwarzen Himmel, der mit so vielen silbrigen Lichtfunken übersät war, dass er nicht finster wirkte. Sinan versuchte zu entscheiden, ob am Himmel die Funken des Feuers oder Sterne zu sehen waren, doch letztlich war es nicht von Belang.
Er war hier, und das war gut. Ein Kampf lag hinter ihm, und dass es Flammen gab, Felsen und Sterne an einem Himmel, sagte ihm, dass er diesen Kampf gewonnen hatte. Stolz erfüllte ihn.
Dann drangen Gelächter, wirre Stimmen und Lieder an seinOhr, ohne dass er einzelne Worte oder Melodien hätte erkennen können. Es war ihm, als habe sich das Lied der Schöpfung, das er vorher gehört hatte, ebenso wie die Welt, die ihn umgab, gefestigt.
Die Nähe des heiligen Elements Feuer tat gut. Von den rotgelben Flammen ging Wärme und Kraft aus, geradezu Magie, die seine Seele gierig aufsog. Er spürte dem Funken nach, den der Nebel in der Leere ihm eingegeben hatte. Der Funken, der am Anfang winziger gewesen war als die Spitze einer Nadel, war zu einem Strom geworden, der sich durch sein Inneres wälzte. Er hatte Teile der Kälte bedeckt, die Brust und Handgelenk noch immer umklammert hielten, doch die dicke Eisschicht war bereits brüchig geworden und schmolz zusehends unter seinen wieder lebendig gewordenen Lavaströmen dahin.
Noch war die Lava langsam. Sie war zähflüssig, von einem düsteren Rot und nicht dem vertrauten Orange, das sie früher besessen hatte und das zu gleichen Teilen aus dem Rot der Erde und dem Gelb des Feuers bestand. Immer wieder wurde ihre Oberfläche dunkel und trocken, so als habe sie wenig Kraft, doch sie brach auch wieder auf. Die Hitze des Stroms schmolz die verkrustete Oberfläche, sodass das glühende Erz seiner Magie in ihm weiterfließen konnte und in Bewegung blieb.
Er selbst lag, gebettet auf gewebte Stoffe aus gesponnenem Tierfell, in einer Kuhle aus Sand, den er auch an seiner Wange fühlte. Die Körnchen waren warm, so als hätten sie den Tag über im Licht der beiden Sonnen gelegen. Das Element der Erde, für das der Sand stand, spendete wie das Feuer vor ihm Kraft und vertrieb die Erinnerung an das kalte grüne Leuchten, das ihn in die dunkle Leere hatte zerren wollen.
Er öffnete die Augen. Sein Blick fiel wieder auf das Feuer.
»Er ist wach!«
Der Ruf war leise und unterbrach für einen Augenblick das Lachen und das Geschwätz. Dann war freudiges Gemurmel zu hören, und etwas schob sich in sein Gesichtsfeld.
Vor ihm saß jetzt eine junge Frau, deren Haar vollständig inwinzige Zöpfchen geflochten war, die mit Perlen geschlossen waren und die weit über ihre Schultern fielen. Ein darstar bedeckte ihren Schopf, ihre Hautfarbe war dunkel. Nicht so dunkel wie das Öl, in dem er seine Werkstücke nach dem Schmieden abkühlte, sondern eher von der Farbe frisch gebackenen Brots. Sie roch herb nach Kräutern und Schwarzstein, doch Sinan wusste nicht, ob das ihr Duft war oder der Geruch der dampfenden Schüssel, die sie in den Händen hielt.
»Du bist wach«, sagte sie leise und mit dunkler Stimme. »Du musst Hunger haben.«
Der Gesang und das Lachen waren wieder zu hören, dazwischen mischte sich der Klang einer pathi . Langsam richtete Sinan sich auf und war erstaunt, dass er die Kraft dazu hatte. Doch die Bewegung tat gut, dankbar nahm er das Brot und die Schüssel entgegen, welche die junge Frau ihm hinhielt. Die Schüssel war aus gebranntem Ton und wog schwer. Er konnte sie nur mit Mühe halten, denn die Finger seiner Schmiedehand waren mit einem Verband umwickelt, der starr war von getrockneten Salben und Kräutern.
Der Eintopf, den sie ihm gereicht hatte, bestand aus gekochtem Getreide, Kräutern und Früchten. Er war süß und voller fremdartiger Gewürze, deren Geschmack ihn an die Düfte auf dem Markt in Guzarat erinnerten, den er als Kind hin und wieder hatte besuchen dürfen.
Nach einigen Löffeln und ein paar Bissen vom Brot sah er auf. Das Gesicht der jungen Frau war ihm zugewandt, neugierig betrachtete sie ihn.
»Wir fanden dich in den Ruinen einer Oase, die offenbar von Elben angegriffen
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