Goldmond
das zu leugnen!«
Sie holte tief Luft und fuhr fort. Telarion erwartete fast, dass ihre Stimme zittern würde, doch sie klang fest und entschieden. »Wie Ihr selbst sagtet: Um der größeren Sache willen bin ich bereit, mit Euch das Siegel zu suchen und es zu zerstören. Dabei werde ich das, was wir vor Ys miteinander teilten, außer Acht lassen. Ich werde Euch nicht mehr darauf ansprechen.«
Telarion wusste nicht, was er sagen sollte. Er hatte angenommen, dass sie ihn, ihren Feind, fürchtete, und dass sie aus diesem Grund die gemeinsame Aufgabe verabscheute.
Und nun offenbarte sie ihm, dass es ihr ging wie ihm selbst: Sie fürchtete, von Gefühlen überwältigt zu werden, die dem anderen nicht erwünscht waren. Obwohl er selbst es ihr einen Tag zuvor vorgeschlagen hatte – erst jetzt, da sie es in Worte gefasst hatte, wurde ihm bewusst, wie sehr er es bedauern würde, keine Gelegenheit zu haben, ihr wahres Wesen kennenzulernen.
»Ich werde Seine Ehrwürdigkeit bitten, uns eine Art Stundenplan einzurichten. Ich bin keine geweihte Priesterin des Akusu, ich darf meine Übungen in der Kunst als Herrin der Seelen und des Feuers neben Euren Lektionen nicht vernachlässigen, bis der Dunkelmond mich mit seinem Segen bedenkt. Erst dann wird mir gestattet sein aufzubrechen. Der Abt schätzt, dies könnte, wenn ich konzentriert arbeite, in etwa zwei Mondumläufen der Fall sein, da gewisse Fähigkeiten bereits vorhanden sind. Und doch brauche ich Hilfe bei diesem Unterricht.«
Telarion nickte. »Es wird mir eine Ehre sein, Euch zu unterrichten, Mendari, und mit Euch auf die Suche nach dem Siegel zu gehen«, sagte er höflich. »Und noch etwas …«
Sie wirkte leicht enttäuscht, so als hätte sie eine andere Reaktion erwartet, doch dann nahm sie das Angebot mit einem kurzen Nicken zur Kenntnis.
Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. »Ihr habt ein lebhaftes Temperament, Mendari. Ich bezweifle es nicht – das, was ich bisher von Euch kennenlernen durfte, wird unsere Suche nach dem Siegel sicher zu einer einzigartigen Erfahrung machen.«
Ihr Blick wandelte sich im Bruchteil eines Augenblicks von gespieltem Hochmut zu völliger Verblüffung. Telarion war es nicht gewohnt, die Gefühle eines Wesens so ausdrucksvoll auf einem Gesicht zu sehen; besonders während seiner Zeit als Heiler hatte man ihn gelehrt zu verbergen, was man empfand. Er hatte die Impulsivität der Menschen stets verabscheut. Noch während er überlegte, warum gerade sie ihn an dieser Menschenfrau so faszinierte, bemerkte er ein Funkeln in ihren Augen, das er als Zorn interpretierte. Ihr Blick wurde stechend, aber so wirkte der Blick von Menschen oft auf Elben: Die kleinen, runden Pupillen, dunkel im feuerfarbenen Gold der Iris, gaben Telarion das Gefühl, Sanara schaue direkt in seine Seele hinein.
Er wappnete sich innerlich gegen ihren Ausbruch, der einer Feuermagierin wohl mehr als würdig sein würde, doch dann huschte zu seinem Erstaunen ein Lächeln über ihr Gesicht.
Sie machte in der Tat keinen Hehl aus ihren Gefühlen. Doch es verlieh ihrem Gesicht jene Art Leben und Schönheit, wie er es von den Frauen seines eigenen Volks nicht kannte.
»Ich danke Euch für diese Worte«, sagte sie. »Auch wenn sie kaum den Tatsachen entsprechen dürften, seid Ihr doch ein hochrangiger Fürst, ein Heermeister, Truchsess eines Reichs und Elb dazu.« Spöttisch ergänzte sie: »Wie könnte ich armes Menschenkind Euch wohl zu – wie sagtet Ihr doch gleich? – einzigartigen Erfahrungen verhelfen, die Ihr nie zuvor das Vergnügen hattet zu erleben?«
Telarion erwiderte das Lächeln kurz. »Nach elbischen Maßstäben habe ich erst ein kurzes Leben hinter mir, von dem ich den Großteil in einem Kloster verbrachte. Andere Kinder des Vanar mögen also der Ansicht sein, es mangele mir im Vergleich zu meinem Lebensalter noch an Erfahrung.«
»Bei Ys! Diesen Eindruck hatte ich nicht, als Ihr mich auf dem Berg Seleriad in Eure Arme nahmt und …« Ihre Wangen färbten sich tiefrot, als brächten ihre eigenen Worte sie in Verlegenheit. »Ich meine … Ihr wusstet doch sehr genau, wo und wie Ihr mich …« Sie unterbrach sich. »Verzeiht«, setzte sie neu an. »Ich versprach, Euch nicht mehr damit zu behelligen. Ich gestehe, ich weiß nichts über Euch. Trotz allem, was zwischen uns … Ich weiß nicht einmal, wie alt Ihr seid.«
»Ihr wollt wissen, wie alt ich bin?«, brachte Telarion verblüfft hervor. »Warum fragt Ihr nicht einfach, Mendari?«
Sie hob ihren
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