Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goldmond

Goldmond

Titel: Goldmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
Vom Netzwerk:
widersprechen wollen.
    Sie hatte den Ärger über seine Überheblichkeit rasch vergessen und erinnerte sich an die Freude, die sie bei seinen guten Wünschen empfunden hatte, und das Entzücken, als sie zum Dank seine Hand genommen und er sie nicht fortgezogen hatte. Jetzt kam ihr der Ärger wieder in den Sinn, und ihr wurde bewusst, dass ihm das Ablenkungsmanöver gelungen war.
    Sie biss sich auf die Lippe. Der Fürst würde – sobald er ihr gnädigerweise eine Rast gestattete – viel zu erklären haben.
    Der Wald war hier in den Bergen bei Weitem nicht so gewaltig wie unten im Hügelland von Dasthuku oder Norad. Doch war er zumeist an Abhängen gelegen und überaus dicht gewachsen.So erschwerte das Gelände zusätzlich zum Dickicht die Wanderung. Auch wenn sämtliche Pflanzen in dieser Bergregion nicht die gleiche Größe erreichen konnten wie in den Waldländern, Königsfarn bedeckte hier wie da den Waldboden und war durchsetzt von dornigen Schwarzbeerensträuchern und den Wurzeln der hohen Qentarbäume, über die es hinwegzuklettern galt. Häufig musste der Fürst stehenbleiben, um mit kräftigen Schlägen die langen und zähen Ranken der Schwarzbeerensträucher zu durchtrennen, sodass ihre Kleidung nicht in ihnen hängen blieb und bereits am ersten Tag unter der Reise litt.
    Die Purpursonne ging auf, und es wurde warm unter dem Laub der Bäume. Und feuchter. Der Spätsommertau auf den Blättern verdunstete und machte es für Sanara schwerer, Luft zu holen. Doch sie hielt durch und bestand nicht darauf stehenzubleiben. Sie wunderte sich ein wenig darüber, dann kam ihr ein Gedanke: Vielleicht war das ein Grund für den Fürsten gewesen, sie zusätzlich zu den Lehren über die Worte, die die Heilkunst förderten und den Wind riefen, auch über Zehntage hinweg in Kampf- und Kriegskunst auszubilden, auch wenn das eine viel zu kurze Zeit war, um der Körperkraft eines Elben auch nur annähernd etwas entgegensetzen zu können.
    Hätte er es nicht getan, würde sie es jetzt sicher schwerer haben. Doch statt Dankbarkeit durchflutete sie auch hier Ärger ob der Erkenntnis. Warum hatte er ihr das nicht gesagt? Hatte er erwartet, sie erkenne die Notwendigkeit dieses Unterrichts selbst?
    Kein Wunder, dass er sie für kindisch hielt. Statt sich mit zusammengebissenen Zähnen durchzuschlagen, wie sie es immer getan hatte, hatte sie ihm das Schwert vor die Füße geworfen und sich in Ronans Arme geflüchtet – nur um sich dort nichts sehnlicher zu wünschen, als dass es nicht der Musikant wäre, der ihr Gesicht mit Küssen bedeckte.
    Und mehr tat.
    Sanara rief sich zur Ordnung und konzentrierte ihre Gedanken auf den schmalen Pfad, den Telarion Norandar hinterließ.
    Die Rote Sonne hatte noch nicht lange ihren Zenit überschritten, als der Elb anhielt und sich zu ihr umwandte.
    »Ihr seid so schweigsam, Shisani. Braucht Ihr eine Rast?«
    Überrascht blieb Sanara stehen und sah zu ihm auf. Sein Gesicht war wie immer unbewegt, der Blick aus den grünen Augen fremd und kaum lesbar.
    »Nein«, sagte sie. Sie legte alle Entschlossenheit in ihre Stimme, zu der sie fähig war. Obwohl sie keinen Durst verspürte, nahm sie den Wasserschlauch, den sie umgebunden hatte, zur Hand und trank einen tiefen Schluck. Sie stöpselte den Schlauch wieder zu, hängte ihn erneut um und ging, gestützt auf den geschnitzten Stab, den der Ehrwürdige ihr zum Abschied geschenkt hatte, an Telarion Norandar vorbei.
    Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, dass es, wie so oft, wenn er in den letzten Zehntagen mit ihr zu tun hatte, um seine Mundwinkel zuckte.
    Er folgte ihr und überholte sie wieder – er war der mit dem Schwert, das den Weg freimachte.
    Als die Weiße Sonne schließlich verschwand und nur noch rotes Licht durch das Laub hinter ihnen fiel, begann der Fürst langsamer zu gehen und sich die Umgebung genauer anzusehen.
    Schließlich fand er einen breiten Qentar, dessen Wurzeln sich tief in das steinige Ufer eines Baches gekrallt hatten. Der Stamm war offenbar aus mehreren Schösslingen zu einem einzigen Baum zusammengewachsen und beugte sich weit über das Wasser, als wolle er nicht verpassen, was unter ihm geschah, um erst dann in die Höhe zu schießen. Dadurch bot er eine fast waagrechte Stelle, auf der auch mehr Wesen als ein Elb und eine Menschenfrau Platz gehabt hätten.
    Ein guter Platz, gab Sanara fast unwillig zu. Sie konnten hier auch ihre Wasserschläuche auffüllen, und da sich etwas weiter stromabwärts der Bach zu einem Teich

Weitere Kostenlose Bücher