Goldrausch in Bozen - Kriminalroman
Kraftprotz starrte auch weiterhin geradeaus, als er die Frage beantwortete. »Weg.«
Marzoli schüttelte den Kopf. Mauracher grinste über beide Ohren. »Und jetzt frieren Sie auch nicht?«, wollte Vincenzo wissen.
»Alber.«
»Bitte?«
Endlich sah di Cesare seine Kollegen an. »Ihr sollt nicht mich anglotzen, sondern das Gebäude im Auge behalten. Seht doch!« Er wies mit dem Zeigfinger zum Hotel.
Vier Köpfe drehten sich gleichzeitig. Alber war auf der Bildfläche erschienen. Sie trug eine Jacke und auf dem Kopf eine Stirnlampe. In der Hand hielt sie einen Spaten.
»Endlich«, entfuhr es Vincenzo.
Sie trat aus dem Hotel, blickte sich nach allen Richtungen um und marschierte dann los, genau auf Kofer zu. Ein kritischer Augenblick. Doch kurz bevor sie ihn erreicht hätte, drehte sie in Richtung Hang ab und steuerte auf eine dichtere Ansammlung von Tannen zu. Kofer verließ seine Deckung und folgte Alber in großem Abstand von Baum zu Baum.
Vincenzo ballte die Fäuste. »Das könnte eine glückliche Fügung des Schicksals sein. Hoffentlich lässt er sie erst das Geld ausgraben, bevor er sie zur Rede stellt. Wir schleichen uns jetzt an. Commissario, Sie gehen mit Mauracher um das Hotel herum und nähern sich von hinten. Wir zwei«, er klopfte Marzoli auf die Schulter, »folgen Kofer. Und kein Eingreifen, solange es nicht zu Gewalttätigkeiten kommt. Ich gebe das Zeichen.«
Mauracher hatte Zweifel. »Und was ist, wenn Kofer eine Waffe hat? Oder Alber? Sollten wir nicht besser sofort intervenieren? Stellen Sie sich vor, die schlagen sich gegenseitig die Köpfe ein.«
»Nicht nötig. Beide stehen nicht im Vorstrafenregister, und bei beiden Hausdurchsuchungen haben wir keine Waffen gefunden. Außerdem haben wir die Situation im Griff. Also, auf geht’s! Und ab jetzt keinen Ton mehr. Schaltet die Handys ab.«
Kofer war keine fünfzig Meter mehr entfernt. Wie er bewegten sich auch Vincenzo und Marzoli im Schutz der Bäume, allerdings in deutlich schnellerem Tempo. Der Abstand zu Albers Verfolger verkürzte sich. Als Kofer in dem kleinen Tannenwald verschwand, betrug er nur noch zwanzig Meter. Vincenzo deutete auf eine große Tanne, die schräg rechts vor ihnen stand. In gebückter Haltung liefen sie zu ihrem nächsten Versteck. Keine zehn Meter vor ihnen sahen sie Kofer, der sich von hinten Alber näherte, die bereits mit dem Graben angefangen hatte. Sie hatten Glück. Es war gerade so dunkel, dass man sich gut im Schutz der Tannen verstecken, aber das Geschehen noch in Form von Hell-Dunkel-Kontrasten verfolgen konnte.
Kofer trat auf einen Zweig, der laut unter seiner Schuhsohle zerbarst. Erschrocken wirbelte Alber herum, entdeckte ihren Verfolger und begann augenblicklich, auf ihn einzureden. Was genau sie sagte, konnten die Polizisten nicht verstehen, dazu war die Entfernung noch zu groß.
Vincenzo zupfte Marzoli am Ärmel und wies auf eine Tannenreihe, hinter der sie sich unmittelbar an die beiden heranschleichen konnten. »Wir müssen hören, was sie sagen«, flüsterte er. »Achten Sie darauf, wie Sie Ihre Schritte setzen! Wenn sie uns hören, ist es vorbei.«
Den Blick auf den Untergrund gerichtet, huschten sie von Tanne zu Tanne. Zwischen Alber und Kofer war ein heftiger Disput entbrannt, sodass sie nichts in ihrer Umgebung bemerkten. Ein Vorteil für die Beamten. Vincenzo hoffte, dass sich Mauracher und di Cesare hinter einem der Bäume auf der anderen Seite der Streitenden befanden. Das wäre lehrbuchmäßig.
Als sie ihre Position erreicht hatten, gingen sie hinter einer Tanne in die Hocke und versuchten, dem Gespräch zu folgen.
»… nur dein Spielzeug«, sagte Kofer gerade.
Vincenzo schloss die Augen, um alle anderen Sinneseindrücke auszublenden. Die nächsten Minuten würden zeigen, ob sie Zeugen eines unfreiwilligen Geständnisses wurden.
»Was willst du, Andreas?« Albers Stimme war ruhig, beherrscht.
»Du durchtriebenes Miststück!« Kofer war bedeutend aufgeregter. »Ich kann immer noch nicht begreifen, dass ich dich mal anziehend fand. Aber grab schön weiter. Da unten ist doch das Geld, oder etwa nicht?«
»Ich muss es vor den Bullen in Sicherheit bringen. Diesem Bellini ist alles zuzutrauen. Das verstehst du doch, oder?«
Kofer wurde scheinbar ruhiger, dafür mischte sich ein drohender Unterton in seine Stimme. »Du wirst damit nicht durchkommen, Christine. Du bist diejenige, die hinter den Morden steckt. Du hast Luigi angestiftet, diese Marionette, die Wachs in deinen Händen ist.
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