Goldrausch in Bozen - Kriminalroman
»Ich denke, das wissen Sie sehr genau. Ebenso, wofür dieser Schlüssel ist.«
Mit provokanter Lässigkeit nahm Alber den Schlüssel, betrachtete ihn von allen Seiten. Wahrscheinlich überlegte sie, was ihr Koch ausgesagt haben könnte. Sie kannte ihn, hatte ihn sich schließlich hörig gemacht. »Das ist der Hauptschlüssel der Burg Reifenstein, den Luigi und ich dupliziert haben, um uns einen Spaß zu machen. Ich weiß, das ist nicht erlaubt.« Sie streckte beide Hände aus. »Wollen Sie mir jetzt Handschellen anlegen? Verhaften Sie mich? Besuchen Sie mich dann auch gelegentlich in meiner Zelle und verhören mich? Ich würde zu gerne von Ihnen verhört. Gibt es dort ein richtiges Bett oder nur harten Stein?« Wie erwartet blieb die Hotelierin cool, egal was die Polizisten sagten oder fragten. Sie wies alle Anschuldigungen von sich, stellte im Gegenteil Luigi als Alleintäter dar.
Nur ein Mal konnte Vincenzo sie verunsichern. »Sie behaupten doch, Kofer hätte Ihr Geld gestohlen?«
Alber zog die Mundwinkel nach unten. »Dieser Schurke. Kein Ehrgefühl.«
»Ehrgefühl, das Sie aber bewiesen haben, als Sie ihm Gampers Anteil untergeschoben haben?«
»Commissario, ich sagte doch, das war Luigi!«
»Aha, und wo hatte er das Geld versteckt?«, setzte Marzoli nach, der sich in Gegenwart seines Kollegen bedeutend sicherer fühlte.
»Das weiß ich doch nicht.«
Ihr erster Widerspruch, auf den Vincenzo sofort einging. »Aber Sie haben behauptet, Kofer hätte Ihr Geld und das von Ferrari aus Ihrer Küche gestohlen. Also haben Sie es verwaltet. Wenn dem so war, war sehr wahrscheinlich auch Gampers Anteil in der Küche. Frau Alber, wo ist das Geld?«
Nur ein ganz schwaches Zucken der Augenlider verriet Albers Anspannung. Sie ließ sich Zeit mit ihrer Antwort, wusste, dass sie einen Fehler gemacht hatte. »Es stimmt, dass unsere beiden Anteile in meiner Küche waren. Aber nicht der von Heinrich. Luigi hat den Brand gelegt und das Geld gestohlen, nicht ich. Nur er weiß, wo er es gelagert hat.«
Jetzt hatten sie Alber. »Ferrari hat Gampers Geld gestohlen?«
Sie nickte.
»Das Sie aber zusammen mit Ferrari in Kofers Garage versteckt haben. Wie erklären Sie uns das, wenn Sie angeblich gar nichts davon wussten? Schließlich hat doch Luigi ohne Ihr Beisein das Geld gestohlen und den Brand gelegt.«
Alber presste die Lippen aufeinander. »Sie sind wirklich ein guter Polizist, Commissario. Ich kann Sie nicht täuschen. Armer Luigi. Aber gut, wenn es nicht anders geht.« Ohne den Anflug von Nervosität erklärte sie, dass Ferrari sie schon früh in seine Taten eingeweiht habe. Er habe das alles für sie getan, damit sie genug Geld für ihre Hotelpläne habe. »Da ist mir klar geworden, dass Luigi mich wirklich liebt. Wenn ich geahnt hätte, wozu er in der Lage ist, wäre ich ihm niemals so nahe gekommen. Ich dachte, er sucht nur Abwechslung, den guten Sex, den er zu Hause nicht hat. Als ich ihn auf Markus ansprach, hat er gestanden, ihn ebenso ermordet zu haben wie die anderen. Ich war entsetzt, habe ihn geschüttelt und geschrien: ›Luigi, was hast du getan?‹ Mein erster Impuls war, zur Polizei zu gehen. Doch dann bekam ich Mitleid mit ihm. Ich gebe zu, dass ich ihn bei seinen Plänen unterstützt habe, Sie auf Andreas anzusetzen. Gehe ich dafür lange ins Gefängnis?«
»Frau Alber, ich will ehrlich zu Ihnen sein. Ich glaube Ihnen kein Wort. Ihnen muss klar sein, dass Sie in einem Indizienprozess für schuldig befunden werden, wenn wir das Geld bei Ihnen finden. Ihres und Ferraris. Ich werde noch heute einen erweiterten Durchsuchungsbeschluss gegen Sie erwirken. Dann komme ich mit einer Hundertschaft zurück. Und diesmal werden wir tatsächlich Ihr gesamtes Grundstück umgraben, Meter für Meter. Und wenn es Wochen dauert.« Damit war das Verhör beendet. Für heute.
* * *
Inzwischen war es dunkel. Vincenzo und di Cesare hatten Mauracher und Marzoli um zwanzig Uhr abgelöst. Seitdem hockten die Commissari in ihrem Versteck in den Büschen des hoteleigenen Parkplatzes, von dem aus man sogar ohne Ferngläser erkennen konnte, was sich im Foyer abspielte. Vincenzo war hin- und hergerissen. Mal hielt er Alber für die Haupttäterin, die Ferrari angestiftet hatte. Im nächsten Moment erschienen ihm ihre Aussagen als zu glaubhaft. Auch seine Kollegen waren sich unsicher.
Nur Benvenuto di Cesare hatte eine eindeutige Meinung. »Ferrari ist ein Wicht, Albers Schoßhündchen, das nur auf Frauchens Kommando beißt. Ich
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