Goldrausch in Bozen - Kriminalroman
»Denken Sie nach, Herr Theiner. Lassen Sie sich ruhig Zeit.«
Und Theiner erinnerte sich. Irgendwann im Herbst hatte er mit Frieda einen Plausch gehalten. Sie kam ihm seltsam verändert vor, so als stünde sie unter Drogen, obwohl sie im Gegensatz zu ihrem Mann ein eher biederer, konservativer Typ war. Ihre Konversationen am Zaun beschränkten sich zumeist auf Theiners Trauer, Friedas Sohn Hannes, wie wohl sie sich im Pflerschtal fühlte und das Wetter, aber im Herbst hatte sie Andeutungen gemacht. »Bald wird es uns viel besser gehen als jetzt. Dann wird mein Hannes auf die beste Universität gehen können und in keiner runtergekommenen Studentenbude hausen müssen. Bald, Josef, bald.« Als Theiner nachgefragt hatte, war sie jedoch ausgewichen. Er hatte die Unterhaltung bis heute vergessen gehabt. Was gingen ihn auch die Nachbarn an?
Die Polizisten verabschiedeten sich und stiegen wieder in ihren Wagen. »Was meinen Sie, Commissario? Steckt mehr dahinter als ein funkenschlagender Kamin?«
Vincenzo rieb sich sein Kinn. »Ich bin mir nicht sicher. Immerhin wissen wir jetzt, dass die Gampers Besuch hatten und offensichtlich ausgelassen gefeiert haben. Noch immer ist beides möglich: Sie haben im Rausch den Kamin vergessen, oder jemand hat sie abgefüllt, um unbeobachtet den Brand zu legen. Da wir Letzteres im Moment aber noch nicht nachweisen können, sind uns erst einmal die Hände gebunden.«
Marzoli stöhnte auf. Das war nicht Commissario Vincenzo Bellini, wie er ihn kannte. Natürlich hatte er recht, alles deutete auf einen Unfall hin, aber normalerweise würde ihn schon der Hauch eines Zweifels anstacheln. »Was ist mit dem Porsche? Mit Frau Gampers merkwürdiger Andeutung?«
Vincenzo nickte. »Geld. Das perfekte Motiv für einen Mord. Trotzdem gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Fahren wir nach Hause.«
Das war Marzoli zu wenig. »Ich mache Ihnen einen besseren Vorschlag. Was halten Sie davon, dass wir einen Kaffee im Dorfgasthof trinken und die Leute dort befragen. Vielleicht wissen die ja, wem der Porsche gehört. Dann könnten wir zumindest dem Halter ein paar Fragen stellen.«
Vincenzo nickte. »Meinetwegen. Außerdem kann ich einen Kaffee jetzt gut gebrauchen«
Angesichts der Uhrzeit, es war noch nicht fünf Uhr, war die Gaststube schon gut frequentiert. Die Polizisten bestellten an der Bar Espressi und zückten ihre Dienstmarken. »Wir haben ein paar Fragen an Sie und hoffen, dass Sie uns weiterhelfen können.« Vincenzo nickte freundlich in die Runde.
»Sieh mal einer an. Die Polizei bei uns im Pflerschtal. Was ist passiert, Commissario? Hat jemand einen Ski gestohlen?« Der Wirt bedachte die unerwünschten Gäste mit spöttischem Blick. Aus dem Gastraum ertönte allenthalben Kichern.
Vincenzo ärgerte sich. »Sparen Sie sich Ihre Witze und antworten Sie besser auf unsere Fragen, ansonsten müssen wir Sie in die Questura bestellen. Fangen wir einfach an: Ist Ihnen bekannt, wer hier im Tal einen Porsche fährt?« Wieder blickte er in die Runde. »Die Frage ist an Sie alle gerichtet.«
Der Wirt beugte sich über seinen Tresen. »Hören Sie, Commissario, wir haben nichts gegen die Polizei, aber wir schätzen es nicht, wenn jemand hierherkommt, unsere Ruhe stört und uns als Nächstes wahrscheinlich irgendwelcher Straftaten bezichtigen will. Und Ihren Auftritt können Sie sich auch sparen, der beeindruckt uns nicht im Geringsten.«
Vincenzo wog seine Optionen ab. Es war unmöglich, auf Basis einer Intuition, und mehr war es im Moment nicht, eine komplette Gaststätte in die Questura zu beordern. Niemand der Anwesenden war verdächtig, also war jede Aussage ohnehin freiwillig. Er entschied sich für die Rolle des guten Bullen. »Wir haben nicht vor, jemanden von Ihnen zu bezichtigen. Es geht uns ausschließlich um den Brand auf dem Gamperhof, vor dem in der Brandnacht ein Porsche gesehen wurde. Deshalb unsere Frage.«
Von einem der hinteren Tische ertönte eine Stimme. »Aber das war doch ein Unfall! Was hat die Polizei damit zu tun?«
»Wahrscheinlich war es tatsächlich ein Unfall. Aber wenn Menschen zu Schaden gekommen sind, müssen wir routinemäßig solche Untersuchungen anstellen. Bitte denken Sie nach. Wer besitzt einen Porsche?«
Marzoli und Vincenzo blickten in ratlose Gesichter. Gemurmel erhob sich, von dem sie nur Wortfetzen verstanden. »Kennst du … einen Porsche hat?«, »Bestimmt jemand von außerhalb …«, »Unfall …«, »… Hansi fragen«.
Vincenzo wurde hellhörig. »Wie
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