Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall
Sabrinalein«, antwortete Tannenberg singend.
»Ja, was denn noch?«, wollte Fouquet wissen.
»Ein wunderbar deutlicher Fingerabdruck in einem Blutfleck! Jappa-dappa-du!«
»Das glaub ich nicht!«, warf Kommissar Schauß skeptisch ein, ließ sich aber dann doch durch einen kurzen Blick in die Tüte recht schnell vom Gegenteil überzeugen.
In der Zwischenzeit waren zwei Beamte der Bahnhofspolizei mit ihren Diensthunden erschienen, die der eindrucksvollen Darbietung des ihnen persönlich bekannten Leiters der Kaiserslauterer Mordkommission grinsend beiwohnten. Vielleicht brachte das laute Aufheulen eines der Schäferhunde Tannenberg mit einem Mal wieder zur Vernunft. Jedenfalls kehrte plötzlich sein Verhalten in den Bereich der Normalität zurück.
»Michael, du fährst jetzt Rosi ins Caritas-Heim in der Logenstraße«, sagte er, während er seine Hände wie beim Wasserschöpfen unter die in der Aldi -Tüte befindliche Bärenskulptur schob und dann den schweren Gegenstand sich vor die Brust drückte, extrem bedacht darauf, den in einem Blutfleck sich deutlich abzeichnenden Fingerabdruck vor Beschädigung zu schützen.
Dann drehte er sich der obdachlosen Frau zu, die gerade einen tiefen Schluck aus der auf geheimnisvolle Weise in ihren dauerhaften Besitz übergegangenen Mirabellengeist-Flasche nahm. »Und du, Rosi, bleibst solange in der Unterkunft, bis dich später jemand von uns abholt.«
»Wejen der Badewanne und dem Jeld, Herr Wachtmeester, nischt?«
Tannenberg war so sehr mit der logistischen Planung seines weiteren Vorgehens beschäftigt, dass er diesen Satz überhaupt nicht registrierte. Er mahnte Kommissar Schauß zur Eile und teilte ihm mit, man erwarte ihn und Geiger auf dem Parkplatz direkt vor dem FIT.net -Gebäude.
Selbst während der Fahrt hielt Tannenberg den wertvollen Fund wie einen schutzbedürftigen, kleinen Säugling vor seinen Oberkörper. Als er auf dem Wegweiser an der Abzweigung zum PRE-Park das Firmenlogo des Softwareunternehmens erblickte, steigerte sich seine Anspannung ins schier Unerträgliche.
Es dauerte nur ein paar Minuten, bis der von Schauß gesteuerte blaue Audi A4 am verabredeten Treffpunkt auftauchte. Nachdem Tannenberg seinen Dienstwagen verlassen hatte, übergab er seinen wertvollen Fund Sabrina. Dann baute er mit Hilfe seiner Jacke und eines im Auto befindlichen grünen Parkas ein gut gepolstertes Nest, das ein Umfallen der Skulptur verhindern sollte. Schließlich legte er das Corpus delicti vorsichtig in die eigens dafür geschaffene Kuhle hinein und schloss behutsam die Beifahrertür.
»Chef, sollen Schauß und ich hier unten warten?«, fragte Geiger.
»Nein, ihr geht alle mit. So was gibt’s ja nicht alle Tage zu sehen!«, erwiderte er grinsend.
Wie ein Politiker auf der Flucht vor einer Journalistenmeute, stürmte Tannenberg an der völlig konsternierten Empfangsdame vorbei, hechtete, zwei Stufen auf einmal überspringend, die helle Marmortreppe hinauf in den Bereich der Geschäftsleitung, steuerte zielstrebig auf eine Tür zu und riss sie ohne anzuklopfen auf.
Ellen Herdeckes Sekretärin blickte ihm mit demselben entgeisterten Mienenspiel entgegen, wie ihre Kollegin in der Eingangshalle und brachte nur ein einsilbiges ›Ja‹ auf die Frage bezüglich der Anwesenheit ihrer Chefin zustande.
»Einen wunderschönen Guten Morgen, liebe Frau Herdecke«, säuselte Tannenberg durch die spaltbreit geöffnete Tür in deren Büro hinein. »Ich stör Sie nur ganz kurz! Ich hab auch nur eine einzige Frage: Ist der Herr Professor im Haus?«
»Ja …, sicher …«, antwortete Ellen Herdecke verblüfft. »Er ist hinten im Konferenzzimmer bei einer Besprechung. Glaub ich jedenfalls!«
»Danke! Das war’s schon. Einen schönen Tag noch!«
»Warten Sie doch bitte mal, Herr Hauptkommissar!«, bat die kurzhaarige, adrett gekleidete Frau, die Tannenberg so sehr an seine verstorbene Lea erinnerte. Ellen kam hinter ihrem Computermonitor hervor und ging auf ihn zu. »Sie sind aber gut gelaunt heute Morgen. Sie strahlen ja richtig!«
»Muss wohl an Ihnen liegen«, rutschte es Tannenberg heraus. Nach einem Augenblick der Stille ergänzte er: »Ja, sogar in meinem Beruf gibt es manchmal Grund zur Freude!«
»Schön!«, sagte sie und blickte ihm tief in die Augen. »Übrigens hab ich vor kurzem im Internet recherchiert: Es gab tatsächlich irgendwann mal eine Schlacht bei Tannenberg.«
»Auch heute gibt es noch Schlachten – aber nicht bei , sondern mit Tannenberg!«, entgegnete
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