Goldrausch: Tannenbergs zweiter Fall
»Wenn Sie sich jetzt ganz brav neben den Herrn Professor setzen, können wir darüber reden.«
Man merkte dem Juristen deutlich an, wie sehr er an dieser unappetitlichen Kröte herumkaute. Aber als er den flehenden Gesichtsausdruck von Wandlitz’ bemerkte, schluckte er sie angewidert hinunter und setzte sich wie gefordert an den rechteckigen Resopaltisch.
Fingerfertig befreite Kommissar Schauß den Professor von seinen Fesseln.
»Das ist wirklich grotesk, Herr Hauptkommissar!«, sagte von Wandlitz kopfschüttelnd, während er sich gleichzeitig die schmerzenden Handgelenke rieb. »Sie können doch nicht einfach so ohne triftigen Grund bei mir in der Firma erscheinen, mich aus einer wichtigen Sitzung herausholen und mich wie einen Schwerverbrecher an meinen Mitarbeitern vorbei abführen.«
»Aber Sie haben doch mit eigenen Augen gesehen, dass wir es konnten. Sonst wären Sie ja wohl auch nicht hier«, belehrte Tannenberg arrogant.
»Ich sag Ihnen eins, Herr Hauptkommissar, diesen Tag heute werden Sie Ihr ganzes Leben lang noch verfluchen! Denn so eine unglaubliche Behördenwillkür ist mir während meiner gesamten beruflichen Arbeit noch nie untergekommen! Sie werden …«
»Lass doch, Frederik«, warf von Wandlitz beschwichtigend ein. »Das hier hat doch durchaus auch einen humoristischen Unterhaltungswert. Andere Leute gehen abends in den Komödienstadel und müssen dafür Geld bezahlen. Wir bekommen dieses lustige Bauerntheater völlig kostenlos dargeboten! Ich könnt mich wirklich totlachen! Bitte fahren Sie mit der Aufführung fort, Herr Hauptkommissar!«
»Ich versichere Ihnen, lieber Herr Professor: Das Lachen wird Ihnen gleich im Halse stecken bleiben!«
»Und ich schlage jetzt vor, dass wir diesen albernen Nonsens nun beenden«, forderte Dr. Croissant barsch und wurde noch ein wenig lauter: »Wir wollen jetzt endlich Fakten sehen! Und zwar umgehend!«
»Gemach, Gemach, Herr Anwalt!«, erwiderte Tannenberg ruhig. »Lassen Sie mich doch erst mal die durchgeführte Festnahme begründen.«
»Da bin ich jetzt aber wirklich mal gespannt, Herr Hauptkommissar«, gab der Justiziar der Firma FIT.net umgehend zurück.
»Professor Dr. Siegfried von Wandlitz«, begann der Kommissariatsleiter förmlich, »ich beschuldige Sie hiermit des vorsätzlich geplanten und brutal ausgeführten Mordes in zwei Fällen, und zwar an Ihrer Vorstandskollegin Susanne Niebergall und an dem Obdachlosen Alfred Tauber, genannt Bomben-Fredi.«
»Halten Sie kein Plädoyer, Sie sind kein Staatsanwalt!«, wetterte Dr. Croissant. »Präsentieren Sie uns endlich die Beweise für Ihre unhaltbaren Anschuldigungen – vor allem das angebliche neue Belastungsmaterial!«
»Ach, Herr Rechtsanwalt, seien Sie doch nicht so stur; gönnen Sie mir doch die kleine Freude. Ich hab schließlich so lange gebraucht, um den Herrn Professor überführen zu können. Fast wären es ja perfekte Morde gewesen«, sagte Tannenberg süffisant und lehnte sich genüsslich in seinem Stuhl zurück.
»Also, wenn Sie jetzt nicht gleich mit Ihrem neuen Beweis rausrücken, stehe ich auf und suche Oberstaatsanwalt Dr. Hollerbach. Und dann bin ich mal gespannt, wie das hier weitergeht!«
Diese unverhohlene Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht.
»Nun gut: Wir haben bei einer Bekannten des ermordeten Obdachlosen die aus Susanne Niebergalls Büro verschwundene Bärenskulptur gefunden, die ja nicht nur die Tatwaffe ist, sondern darüber hinaus auch als Mittel zur Erpressung diente. Und auf dieser Bärenfigur haben wir in einem Blutfleck einen reliefartigen, extrem deutlichen Fingerabdruck entdeckt, den mein Kollege in der Kriminaltechnik gerade mit dem des Professors vergleicht. Wobei das ja eigentlich gar nicht nötig wäre.«
»Genau wie in einer Bananenrepublik: Wofür brauchen wir denn eigentlich Beweise? Die Hauptsache, wir haben einen Schuldigen!«, polterte gerade Dr. Croissant los, als Karl Mertel plötzlich in der Tür erschien.
»Wolf, komm mal bitte«, sagte er leise und drehte sich sofort danach wieder in die Richtung, aus der er gekommen war.
Tannenberg sprang von seinem Stuhl hoch und folgte dem Spurenexperten in den Vorraum, in dem Petra Flockerzie regungslos vor ihrem Computermonitor saß.
»Und, hast du das Ergebnis?«, fragte er mit erwartungsvoller Miene.
»Ja, ich hab das Ergebnis.«
»Was ist? Stimmen die Abdrücke überein?«
»Ja, das tun sie!«
»Toll, Karl! Endlich hab ich ihn, diesen Superschlauen!«, freute sich Tannenberg und wollte
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