Goldschatz
wobei sie stirnrunzelnd zu ihm auf-blickte und versuchte, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. »Vielleicht wenn ich ...» Sie zeigte auf das Wasser.
Ace schaute sie lange an und plötzlich schien es, als stiege die Temperatur im Raum drastisch an. Bislang waren sie ständig auf dem Sprung gewesen, jeden Augenblick hin und her gezerrt zwischen Angst und hoffnungsvoller Erwartung. Aber jetzt ging Fiona nicht mehr aus dem Sinn, dass dies möglicherweise ihre letzte Nacht in Freiheit war. Wenn sie sich morgen der Polizei stellte, war sie wahrscheinlich morgen Nacht schon im Gefängnis, und den nächsten Tag und ...
Sie wollte Ace auffordern, den Raum zu verlassen, aber der stellte gerade das Tablett ab und ging zum Waschbecken hinüber.
»Wir haben keine Zeit zu verlieren«, sagte er. »Wir müssen Pläne machen und das duldet keinen Aufschub.«
»Aber kann das nicht wenigstens warten, bis ...«
Sie brach ab, da er auf der Ablage Rasierklingen und Schaum entdeckt hatte, den er sich bereits auf dem Gesicht verteilte.
»Kannst du damit nicht warten, bis ich mit dem Baden fertig bin?«, fragte sie und bemühte sich um einen missbilligenden Tonfall, der ihm aber anscheinend völlig entging. Fiona holte tief Luft, als er - Gott steh ihr bei! - sein Hemd auszog.
Einen Moment lang lag Fiona einfach nur da und starrte auf seinen Körper. Hatte er vom Vögelbeobachten diese Figur? Seine breiten Schultern gingen in einen muskulösen Rücken über, der in einer schmalen Taille endete. Jeremy verbrachte viel Zeit im Fitness-Studio und sah trotzdem nicht annähernd so aus wie dieser Mann. Er hatte kein Gramm überflüssiges Fett, und während er sich rasierte, zeichneten sich seine Muskeln unter seiner honigfarbenen Haut ab.
Fiona wurde bewusst, dass er sie im Spiegel beobachtete. Hastig wandte sie den Blick ab und versuchte, an etwas anderes zu denken als an diesen geschmeidigen Körper.
Ace richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf sein eigenes Gesicht. »Wir müssen uns überlegen, wie das Ganze ablaufen soll, wenn wir uns stellen«, sagte er. »Mein Vetter Michael hat Anwälte für uns engagiert, für jeden zwei, glaube ich. Und die werden uns vom ersten Moment an zur Seite stehen. Das heißt, zumindest soweit ihre Anwesenheit nach unserer Inhaftierung zulässig ist.« Er tauchte die Klinge ins Wasser und sah Fiona im Spiegel an. »Was ist?«
»Nichts«, erwiderte sie. »Ist noch ein Rasierer da? Könnte ich den vielleicht haben?« Sie hatten den Teller, den Ace auf dem Badewannenrand abgestellt hatte, leer gegessen, und als er ihr den zweiten Rasierer reichte, hob sie ein Bein aus dem Schaum, seifte es ein und begann es zu rasieren. »Ich hasse es, mir dir Beine zu rasieren«, sagte sie. »Die Haare wachsen so hässlich und stachelig nach. Wachs ist wirklich die einzig wahre Methode.« Als sie aufblickte, stellte sie mit Genugtuung fest, dass Ace sie mit offenem Mund im Spiegel anstarrte. Gut, dachte sie. Er ist nicht der Einzige, der sich auf solche Spielchen versteht.
»Was sagtest du gerade?«, fragte sie honigsüß.
»Ich sprach von der Planung unserer Auslieferung an die Polizei«, antwortete er und fuhr mit Rasieren fort, aber sie konnte sehen, dass er sie dabei im Auge behielt. Sie lächelte, als ihm ein unterdrücktes »Autsch!« entfuhr. »Ich würde es vorziehen, bis zum Morgen zu warten, aber wenn du dich früher stellen möchtest, lässt sich auch das arrangieren.«
»Nein«, sagte sie, ohne zu zögern. »Ich kann warten.« Als Ace nicht weitersprach, ließ sie das linke Bein ins Wasser zurücksinken und wandte sich dem rechten zu. »Wird es sehr schlimm werden?«
»Ich spreche zwar nicht aus Erfahrung, aber ich könnte mir vorstellen, dass es nicht sehr angenehm ist, wenn einem die Fingerabdrücke abgenommen werden, man für das Polizeiarchiv fotografiert wird, um danach in eine Zelle eingesperrt zu werden.«
Fiona versuchte sich vorzustellen, wie es wohl sein würde, aber es wollte ihr einfach nicht gelingen. Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch nie gegen das Gesetz verstoßen. Sie hatte noch nie auch nur bei der Steuererklärung geschummelt. Sie ging ja noch nicht einmal bei Rot über die Straße! Und doch würde sie morgen ...
»Aber es wird doch nicht für lange sein, oder? Ich meine, die Anwälte werden uns doch bald rausholen?«
»Ehrlich gesagt glaube ich nicht daran. Meine Verwandten haben Detektive engagiert, die tagelang für uns aktiv waren, und sie haben nichts gefunden. Du und ich
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