Goldschatz
Hütte, in der Insekten aus jeder Ritze krochen. Jedenfalls kam sie wieder zu sich und wachte aus der Lethargie auf, in die sie verfallen war, weil einfach zu vieles zu schnell auf sie eingestürmt war. »Würdest du bitte aufhören, mich zu behandeln wie eine Geistesgestörte. Gib mir lieber noch so eine Köstlichkeit!«, verlangte sie stirnrunzelnd.
Ace schob ihr ein weiteres Hühnerröllchen in den Mund und küsste sie auf die Stirn.
»Und hör auf, mich zu küssen«, sagte sie kauend.
»Gut. Nächstes Mal werde ich dich ohrfeigen, um dich in die Wirklichkeit zurückzuholen.«
Sie ignorierte seinen Sarkasmus. »Gibt es hier ein Badezimmer?«, fragte sie und ließ den Blick um sich schweifen. »Ein richtiges Badezimmer?«
»Komm mit«, sagte er und führte sie durch ein elegantes Schlafzimmer in ein Bad, das ganz in grünem und pfirsichfarbenem Marmor gehalten war. Die Waschbecken waren wie Muscheln geformt und mit goldenen Armaturen versehen. Auf der Ablage waren die üblichen Toilettenartikel eines guten Hotels aufgereiht.
Fiona wandte sich Ace zu, die Stirn in Falten gelegt. »Wo sind wir und wer bezahlt das alles?«
»Zerbrich dir darüber nicht den Kopf. Es gehört jemanden, den ich kenne, und es kostet uns gar nichts.«
»Aber ...«
»Wenn du lieber zurückmöchtest...«
»Entschuldige, dass ich gefragt habe. Könntest du mich jetzt wohl für eine Weile allein lassen?«
»Klar, aber lass das Essen nicht kalt werden.« Zwei Minuten später versuchte Fiona zu entscheiden, ob sie zuerst duschen oder in der überdimensionalen Wanne ein Schaumbad nehmen wollte. Nach einem Blick in den Spiegel auf ihr schmutz- und schweißverklebtes Haar entschied sie sich für die Dusche.
»Hast du keinen Hunger?«, rief Ace mit vollem Mund durch die Tür.
»Ich esse später«, antwortete sie und riss sich die schmutzigen Kleider vom Leib. Als sie vor ihr auf dem Fußboden lagen, trat sie sie angewidert von sich weg. Sie wollte nicht, dass diese ekelhaften Sachen jemals wieder ihre nackte Haut berührten.
Sie stieg unter die Dusche. Als das dampfende Wasser auf sie herabrauschte, schloss sie lächelnd die Augen. Es war schon erstaunlich, dass man die alltäglichen Dinge am meisten vermisste. Fiona shampoonierte dreimal hintereinander ihr Haar, knetete einen stark duftenden Weichspüler hinein und ließ diesen einwirken, während sie mit Duschgel ihren Körper einseifte. Nachdem sie sich das Haar ausgespült hatte, stieg sie aus der Dusche, wickelte sich in ein dickes warmes Handtuch, ließ die Wanne voll laufen und gab eine halbe Tasse teuer aussehendes Badesalz hinein, das sich sprudelnd auflöste.
Als sie sich in das dampfend heiße Wasser sinken ließ, seufzte sie glücklich. Noch nie in ihrem Leben hatte sich etwas so himmlisch angefühlt. Sie wollte sich unter Wasser gleiten lassen, die Augen schließen und dahintreiben.
»Kann ich reinkommen?«, rief Ace durch die Tür.
»Nein«, antwortete sie, hörte aber, wie er trotzdem die Tür öffnete. Er hielt ein Tablett voller Essen in der einen und eine Flasche Champagner in der anderen Hand. Er hatte die Augen geschlossen, aber da er völlig gerade ging, argwöhnte sie, dass er schummelte.
»Geh weg!«, schimpfte sie, Empörung vortäuschend, obgleich sie sich tatsächlich freute, dass er da war. In den letzten Tagen war zu viel passiert, als dass sie jetzt hätte allein sein wollen. Wenn sie allein war, würde sie vielleicht anfangen nachzudenken.
Ace setzte sich auf den Marmorrand der Wanne. »Schöner Schaum. So dicht.«
»Sehr komisch. Ist das für uns beide?« Sie hob eine schaumbedeckte Hand aus dem Wasser, um nach der Gabel zu greifen, aber er kam ihr zuvor und fütterte sie mit einem Bissen marinierten Kamm-Muschel-Fleisches.
»Wie fühlst du dich jetzt?«
»Besser. Äußerlich.« Sie blickte über den Schaumberg hinweg zu ihm auf. »Und was steht als Nächstes auf dem Plan? Handschellen bei Morgengrauen?« Sie kannte ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass seine Stimmung ernst war.
Was sie selbst betraf, war sie der Ansicht, dass ihr nichts Schlimmeres mehr widerfahren konnte, als es bereits der Fall war: Sie hatte Kimberly verloren, und das bedeutete, dass ihr Leben eigentlich seines Sinns und Zwecks beraubt war.
Trotzdem verspürte sie in diesem Moment merkwürdigerweise große Lust, auf alles zu pfeifen und Ace aufzufordern, zu ihr in die Wanne zu steigen.
»Meinst du, ob wir das vielleicht später besprechen könnten?«, fragte sie,
Weitere Kostenlose Bücher