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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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klar, aber erst mal brauche ich Ihren Namen.«
    »Kann ich nicht sagen meinen Namen, will ich nur machen a Aussage.«
    »Wenn Sie eine Aussage machen, brauchen wir selbstverständlich auch Ihren Namen und Ihre Adresse.«
    »Will ich nur a Aussage machen, bittscheen.«
    »Aber genau deswegen brauche ich doch Ihren Namen.«
    »Kein Namen, bittscheen, will ich nur machen a Aussage.«
    Der Mann war wirklich hartnäckig. Rath verdrehte die Augen.
    »Dann erzählen Sie mir doch erst einmal, was Sie beobachtet haben. Um die Formalitäten können wir uns später kümmern.«
    »No, was will ich erzählen? Hab ich getroffen den Mann, den Se suchen.«
    Ein ganzer Stapel Zeichnungen lag im Ablagekorb der Voss. Rath nahm eine und schob sie über den Tisch. »Meinen Sie den?«
    Der Jude nickte, und Rath wurde langsam wacher. Vielleicht hatte der Mann hier tatsächlich etwas Wichtiges beobachtet.
    »Wann und wo haben Sie ihn gesehen?«
    Der Alte zeigte auf das Foto. »Hat gehabt kein Messer. Hat gehabt a Pistol.«
    Rath räusperte sich. »Können wir uns auf etwas einigen? Ich stelle hier die Fragen, und Sie beantworten mir dieselben?«
    Der Mann nickte.
    »Also: Wann und wo haben Sie diesen Mann getroffen?«
    »Hat mir geholfen, dieser Mann.«
    »Wann und wo?« Rath fühlte sich wie eine hängengebliebene Schallplatte.
    »Unter der Erde. Da waren böse Männer.«
    »Sie meinen in der U-Bahn?«
    Der Mann nickte. »Männer haben mich beleidigt und beschimpft.«
    Rath dachte an die Zeugenaussagen mehrerer Passanten im Bahnhof Gesundbrunnen. Er malte ein Hakenkreuz in sein Notizbuch. »Solche Männer?«, fragte er und zeigte dem Mann sein Werk.
    Wieder nickte der Jude. »Wollt ich gehen, wollt ich kejn Ärger. Besser a Hund in Frieden wie a Zelner in Krieg.«
    »Aber die haben Sie nicht in Frieden gelassen.«
    »Haben mich gejagt. Bis in den Wald gejagt.«
    »Vier Männer, ist das richtig?«
    Der Jude nickte.
    »Also noch einmal fürs Protokoll: Vier Männer in SA-Uniformen haben Sie im U-Bahnhof Gesundbrunnen angepöbelt; Sie wollten einem Streit aus dem Weg gehen, doch die Männer sind Ihnen gefolgt, bis in den Volkspark Humboldthain ...«
    Rath schaute den Mann fragend an, und der nickte.
    »Was ist im Park passiert? Sind Sie da diesem Mann begegnet?« Rath tippte auf das Goldsteinporträt.
    Der Jude schüttelte den Kopf. »Nicht dort. War vorher schon da. Schon im Bahnhof.«
    »Das heißt, er ist Ihnen gefolgt?«
    »Weiß ich nicht. Weiß ich nur, dass er auf einmal wieder da war, als die Männer mich geschlagen haben.«
    »Was ist dann passiert? Erzählen Sie es mir genau.«
    »Na ... Er hat se geschlagen und hat se vertrieben.«
    »Wen hat er geschlagen?«
    »Zwei Männer, dass sie gefallen sind auf die Erde. Dem einen hat er geschossen in sein Fuß, dem anderen hat er nur gemacht Angst. Aber weggelaufen sind se alle.«
    »Und dann hat er einen der Männer verfolgt, nicht wahr? Den mit dem zerschossenen Fuß?«
    Der Jude schüttelte den Kopf. »Nichts hat er gemacht, hat er mich gebracht zurück zum Bahnhof. Ein guter Mann. Nur schießen hätt er nich dirfen! Schießen is a Sind.«
    »Moment: Er hat Sie zur U-Bahn gebracht, habe ich das richtig verstanden? Er hat niemanden verfolgt? Keinen der Männer?«
    Der Mann nickte. »Waren doch schon alle weg, de Männer.«
    »Er hat Sie zur U-Bahn gebracht. Ist er dann vielleicht noch einmal zurück in den Park?«
    »Hat er mit mir in der Bahn gesessen, der Mann. Ist er mit mir ausgestiegen. Rosenthaler Platz.«
    Rath staunte. Es sah tatsächlich so aus, als habe Goldstein ein Alibi für den Mord an Gerhard Kubicki. Oder sollte sich der Gangster den alten Juden als wohlfeilen Entlastungszeugen gekauft haben? Rath warf einen Blick auf den Mann, auf sein bärtiges Gesicht, schaute in seine Augen, aus denen ihn ein unglaubliches Gottvertrauen anblickte. Nein, der sah nicht aus wie jemand, der sich kaufen ließ, nicht einmal von den amerikanischen Dollars eines Abe Goldstein.
    »Können Sie uns die Stelle zeigen, an der Sie überfallen wurden?«
    Der Alte nickte.
    »Haben Sie sich Verletzungen zugezogen?«
    Der Jude winkte ab, obwohl unter seinem Bart deutlich ein Bluterguss zu erkennen war.
    Rath nahm einen zweiten Anlauf. »Ihre Aussage ist sehr wichtig. Wenn Sie einen Wert haben soll in unseren Ermittlungen, dann brauchen wir Ihren Namen. Und Ihre Adresse.«
    »Keinen Namen«, wiederholte der Jude. »Wollte ich nur machen e Aussage.«
    Rath seufzte. Unglaublich! Gegen so viel Sturheit

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