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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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hieß allein? Mit einem anderen Mann! Das Getratsche, das da hochkäme, wollte er sich gar nicht vorstellen. Und all die gut gemeinten Ratschläge. Allein seine Eltern würden ...
    »Nun sag doch was!«
    Jetzt erst fiel ihm auf, dass sie natürlich eine Antwort von ihm erwartete und dass er die immer noch nicht gegeben hatte.
    »Wunderbar«, sagte er und meinte es auch so. »Das heißt doch auch, dass dir Justizrat Weber und das Amtsgericht Lichtenberg mal eben gemeinsam den Buckel runterrutschen können, oder?«
    Charly lachte, ein wenig unsicher noch, und in diesem Moment merkte er, dass auch ihr ein Stein vom Herzen gefallen war. »Mein armer Buckel«, sagte sie, »das wäre ein bisschen zu viel auf einmal für ihn. Aber im Grunde hast du recht. Ein gemeinsames Projekt mit Professor Heymann, und ich kann auf den juristischen Vorbereitungsdienst in Lichtenberg pfeifen.«
    »Dann ist es das Beste, was du machen kannst.« Rath winkte dem Ober und bestellte Schampus. »Darauf müssen wir anstoßen«, sagte er. »Warum hast du mir das denn nicht längst erzählt?«
    »Ich ... ich wusste doch nicht, was du sagen würdest. Ich wusste doch nicht einmal, was ich selber wollte.«
    »Aber jetzt weißt du es.« Rath fühlte sich wohl in der Gönnerrolle, eine Rolle, die ihm eigentlich nicht lag. Aber in dieser Situation war das etwas anderes.
    Charly nickte.
    »Und was ist mit deinem alten Traum, zur Kriminalpolizei zu gehen? Lässt du das jetzt sausen zugunsten einer akademischen Karriere?«
    Sie grinste breit. »Ich könnte in einem Jahr als Kommissaranwärterin anfangen, auch ohne Vorbereitungsdienst, ich habe Gennats Wort.«
    »Wann hast du das denn bekommen?«
    »In der Burg. Als ich bei Nebe war und bei Lange letzte Woche.«
    »Warum hast du mir das denn da nicht schon erzählt?«
    Charly zuckte die Achseln.
    »Gratuliere«, sagte Rath, »so ein Versprechen macht der Buddha nicht jedem!«
    »Danke.« Sie drückte ihre Zigarette aus. Und zündete sich endlich keine neue mehr an. Die Luft war schon ganz verräuchert, obwohl sie auf der Terrasse saßen.
    »Das sind ja mal gute Nachrichten«, sagte Rath. »Das heißt: In einem Jahr bist du wieder in der Burg.« Er lächelte, und er musste sich dafür nicht einmal anstrengen, es gelang ihm wie von selbst. »Wer weiß, wer dich dann anlernt. Ich mache gerade meine ersten Erfahrungen mit einem Kommissaranwärter; vielleicht lässt Gennat mich irgendwann auch an die schweren Fälle.«
    »Wie?«
    »Du müsstest natürlich ein bisschen besser gehorchen, als du das normalerweise ...«
    »Du mich anlernen?« Sie spielte die Entrüstete. »So weit kommt es noch! Außerdem werde ich als Kommissaranwärterin niemals in der Mordinspektion arbeiten, sondern nur in der Inspektion G. Ich bin eine Frau, wenn ich dich daran erinnern darf.«
    »Dann bewerbe ich mich eben auch für die Inspektion G.«
    Diesmal lachte Charly aus vollem Halse, ihr normales, ungebändigtes Lachen, das er so liebte, so laut, dass sich die Leute an den anderen Tischen umschauten. »Entschuldige«, sagte sie, »aber ich musste mir das gerade vorstellen.« Die Inspektion G, das war die weibliche Kriminalpolizei.
    »Und was machen wir in dem halben Jahr, in dem du weg bist?«, fragte Rath. »Können wir uns wenigstens an den Wochenenden ab und zu sehen?«
    Charly zuckte die Achseln. »Paris ist weit weg. Ich fürchte, oft werde ich in diesen Monaten nicht nach Berlin fahren können.«
    »Aber vielleicht nach Köln, das liegt auf halber Strecke.«
    Er hatte das einfach so dahingesagt, aber er merkte, dass der Name seiner Vaterstadt keine guten Erinnerungen weckte bei Charly. Und bei ihm selbst eigentlich auch nicht. Sie schwiegen sich eine Weile an. Glücklicherweise kam der Kellner mit einer Flasche Champagner im Kühler und zwei Gläsern und nahm auch gleich die Bestellungen auf. Charly, die eben noch an ihrem Wasser genippt hatte wie ein Kanarienvogel auf Diät, schien einen guten Appetit mitgebracht zu haben.
    Als der Ober wieder weg war, stießen sie an.
    »Auf uns«, meinte Rath und hoffte, damit nicht zu weit gegangen zu sein. Er war ziemlich gut darin, Situationen falsch einzuschätzen, vor allem Situationen mit Charly. Doch sie hob ihr Glas und lächelte ihn selig an.
    »Auf uns«, sagte sie.
    In diesem Moment prasselten die ersten Regentropfen auf die Markise. Aus der lauen Sommernacht auf der Terrasse wurde nichts, sie würden nach drinnen umziehen müssen. Aber das war jetzt auch egal.
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    D ie

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