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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Eltern unterm Bett verstecken. Unter seinem eigenen genauso wenig, er schlief auf einer Matratze in der Küche. Und dann hatte er sich an den Vieh- und Schlachthof erinnert, wo er seine Lehre gemacht hatte, und an das leerstehende Gebäude hier.
    Alex stand jetzt mit dem Rücken zur Wand im allerletzten Raum. Sie kam sich vor wie eine Maus in der Falle. Hoffentlich blieben die Eindringlinge vorne irgendwo, ansonsten wäre sie entdeckt und ihr Versteck aufgeflogen. Und wie sie auf die Schnelle ein neues finden sollte, eines, das sie aus der Sichtweite der Bullen brachte, das wusste sie nicht, nicht ohne Benny. Vicky war in dieser Sache keine große Hilfe, die hatte noch nie eine andere Bleibe gehabt als die alte Achsenfabrik. Ihre Wohnungen durchzubuchstabieren, wie Alex und Benny es gemacht hatten, so weit hatten es Vicky, Kotze oder Fanny niemals gebracht.
    Sie schaute durch den Türspalt, konnte aber keine Gesichter sehen. Leute vom Schlachthof schienen das nicht zu sein, jedenfalls niemand in blutbespritzten weißen Klamotten. Die Leute da trugen ganz normale Straßensachen, nichts Edles, zum Teil sogar löchrig und geflickt, ein paar harmlose Gammler, die hier nur ein Dach über dem Kopf suchen, genau wie du. So dachte sie.
    Bis sie die Stimmen hörte. Und wusste, dass diese Besucher alles andere als harmlos waren.
    »Wo ist die Schlampe denn? Bist du wirklich sicher?«
    »Natürlich! Hier ist Vicky rausgekommen, aus diesem Drecksloch.«
    Alex erstarrte. Sie kannte diese Stimmen. Und hatte gehofft, sie nie wieder hören zu müssen.
    Die erste gehörte Ralf Krahl, genannt Kralle, dem größten Drecksack, der in der alten Achsenfabrik herumlief; die zweite gehörteeinem seiner Jünger, Felix Pirsig, genannt Pfirsich, was angesichts des aknezerfressenen Gesichts wirklich mal ein passend unpassender Spitzname war.
    Nur dass sie jetzt überhaupt nicht darüber lachen konnte.
    Verdammt!
    Pfirsich musste Vicky gefolgt sein. Und Alex hatte ihr noch eingeschärft, bloß aufzupassen. Kralle und seine Jungs hatten sie doch auch schon auf dem Kieker, seit neulich. Vicky hatte ihr erzählt, wie sie diese Gerichtsfrau vor Kralle gerettet hatte. Und eine Ratte wie Kralle vergaß so schnell nichts. Er hatte Alex auch nie verziehen, dass sie ihm vor einiger Zeit ihr Messer in den Arsch gerammt hatte, als er sie begrapscht und seinen Ständer an ihr hin- und hergerieben und dann noch versucht hatte, ihr seine Zunge in den Mund zu schieben. Während er so beschäftigt war, hatte sie das Messer aufspringen lassen und einmal zugestochen, durch die Hose und mitten rein in den fetten Arsch. Seitdem hatte er sie in Ruhe gelassen, dennoch hatte sie die ganze Zeit gewusst, dass er nur auf seine Chance lauerte, es ihr heimzuzahlen.
    Und diese Chance schien jetzt gekommen.
    Kralles Aktien standen gut. Jedenfalls besser als die ihren. Sie hatte nicht einmal mehr ihr Messer, das hatten ihr die Bullen abgeluchst. Die einzige Chance, die sie noch hatte, war die, dass die Jungs aufgaben, weil sie davon ausgingen, dass Alex längst ausgeflogen war.
    Doch den Gefallen taten sie ihr nicht. Die Gestalten, die sie durch den Türspalt sehen konnte, kamen ihrem Versteck immer näher. Alex schaute sich um nach irgendetwas, mit dem sie sich würde wehren können. Hier lag nicht viel herum, in der Achsenfabrik wäre die Auswahl größer gewesen. Verdammter Mist! Nun war sie schon nicht zurück in die Fabrik gegangen, wo diese Idioten hausten, und diese Arschlöcher mussten genau an den Ort kommen, an dem Alex geglaubt hatte, sicher zu sein. Sie entdeckte einen Holzgriff unter einem Berg Gerümpel und zog, bis sie erkannte, zu was der Griff gehörte. Ein Schabeisen, ein altes, rostiges Schabeisen, mit dem die Arbeiter hier früher die Fleischreste von den Häuten geschabt hatten. Das hier hatte den Umzug in die neue Häutesalzerei wohl nicht geschafft. Die gebogene Klinge war rostig und stumpf und hatte Holzgriffe an beiden Seiten. Sie packte dasDing und suchte nach einem Versteck, denn die Schritte kamen immer näher. Aber in diesem verdammten Raum gab es kein Versteck, nur eine einzige Möglichkeit ...
    Die Tür öffnete sich, und sie hörte Kralles Stimme, so nah, dass sie fürchtete, er könne ihr laut pochendes Herz hören. »Scheiße, Pfirsich! Was soll’n der Dreck, wo hast du uns hingeführt? Siehst du die Scheißlesbe irgendwo? Soll’n wir hier die Ratten ficken?«
    Alex glaubte schon an ein Wunder und hielt den Atem an in ihrem Versteck hinter

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