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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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würde sie auf den Uhren sitzen bleiben. Sie schluckte ihre Wut hinunter, nahm den Zwanziger und warf bei der Gelegenheit einen Blick in Kallis Kasse. Die war gut gefüllt. Das Geld, das ihr noch zustand, konnte sie sich auch auf andere Weise holen, mal sehen. Mit Kalli, der zufrieden zuschaute, wie sie den Geldschein in ihre Jacke stopfte, war sie jedenfalls noch nicht fertig, so viel stand fest. Alex war schon an der Tür, da schien ihm noch etwas einzufallen.
    »Eine Sache noch, Mädchen«, sagte er und grinste sie an wie eine Hyäne. »Nichts für ungut, aber ich kann wirklich keinen Ärger mit der Polente gebrauchen. Also ... Tu mir den Gefallen und lass dich hier erst mal nicht mehr blicken.«
    Mal sehen, du Arschloch, dachte Alex und nickte, mal sehen!
    5
    R ath stand vor einem halbnackten Mann, was ihn zunächst so irritierte, dass er sich nicht mehr sicher war, ob er es mit dem Richtigen zu tun hatte. Obwohl sie ihm an der Rezeption genau diese Zimmernummer genannt hatten. Der Mann hatte einen durchaus muskulösen Oberkörper, den er gerne zur Schau stellte, so sah es jedenfalls aus. Er trug nichts außer einem Hotelhandtuch, das er sich um die Hüften gewickelt hatte, und er guckte mindestens so überrascht wie Rath selbst. Er hatte offensichtlich jemand anderen erwartet, jemanden, dem man nur mit einem Handtuch bekleidet und mit vom Duschen nassen Haaren begegnen konnte. Ob der Mann sich am Bahnhof Friedrichstraße schon von einer Nutte hatte anquatschen lassen? Oder womöglich eine Freundin in Berlin hatte?
    Rath hüstelte hinter vorgehaltener Hand, das war so eine dumme Angewohnheit in peinlichen oder unangenehmen Situationen,dieses verlegene Hüsteln oder Räuspern, etwas, das man ihm seit frühester Kindheit eingetrichtert hatte und das er nun nicht mehr loswurde, obwohl er sich dabei jedes Mal vorkam wie ein Butler, der seine Herrschaft beim Liebesspiel erwischt hatte.
    »Abraham Goldstein?«, fragte er den Halbnackten, als er wieder Herr seiner Stimme war.
    »Gould-ßtiehn«, verbesserte der in breitestem amerikanischem Tonfall.
    Gefährlich sah der Handtuchmann nicht gerade aus. Er schien sportlich zu sein, und in seinen wachen Augen lag ein ironisches Funkeln, als sei es ihm nicht möglich, das Leben ernst zu nehmen. Rath zückte seine Marke. »German Police. May I come in, Sir?«
    Das Siegel der Kriminalpolizei schien Goldstein nicht zu beeindrucken. Er nickte, trat einen Schritt zur Seite und öffnete die Tür zur Gänze. Rath trat ein und schaute sich um. Gediegene Einrichtung. Damasttapeten, Mahagonimöbel, weiche Teppiche. Und ungefähr vier- bis fünfmal größer als das Viermarkfünfzigzimmer, das Rath seinerzeit im Seitenflügel des Excelsior bezogen hatte, gleich nach seiner Ankunft in Berlin vor gut zwei Jahren. Wahrscheinlich auch fünfmal so teuer. Mindestens.
    Rath räusperte sich. »Well, Mister Goldstein, I have to inform you that German Police is legitimated to ...«
    Goldstein, der inzwischen eine Zigarettenpackung vom Tisch genommen hatte, unterbrach ihn. »Und ich hatte gehofft, es wäre der room service«, sagte er.
    Rath wunderte sich. Der Mann sprach nahezu akzentfreies Deutsch. Klang jedenfalls nicht so breit wie das der amerikanischen Touristen, die sich normalerweise anhörten, als würden sie die Sprache kauen statt sprechen. »Ich fürchte, da muss ich Sie enttäuschen«, sagte er. »Ich habe weder Speisen noch Getränke im Angebot.«
    Goldstein steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen und hielt dem Kommissar die Schachtel hin. War das nun schon Bestechung oder konnte er die annehmen? Camel stand auf der Packung, und Rath war zu neugierig auf amerikanische Zigaretten, um abzulehnen. Er griff zu, und Goldstein gab ihm Feuer.
    »So, Officer«, meinte der Amerikaner, als er auch seine Zigarette angezündet hatte, »was führt Sie zu mir?«
    »Kommissar«, verbesserte Rath, »Kommissar Rath.« Fast hätte er ein Mordkommission hinterhergeschickt, wie üblich, dann fiel ihm rechtzeitig ein, dass er in einer anderen Mission unterwegs war. »Sie sprechen Deutsch?«
    »Dank meiner Mutter.« Goldstein zuckte mit den Achseln. »Dann sagen Sie mir doch bitte, was die Berliner Polizei von mir will.«
    »Grundsätzlich, so viel kann ich Ihnen sagen, möchte die Berliner Polizei vor allem eines: dass man sich in dieser Stadt anständig benimmt.«
    Goldstein zog die Augenbrauen hoch. »Aha«, sagte er und ließ den Zigarettenrauch durch die Nase strömen, das Lächeln in seinen

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